Aichacher Nachrichten

Der Boandlkram­er und der Kerschgeis­t

Theater Volksbühne Aindling spielt „Der Brandner Kaspar und das ewig’ Leben“. Zur Kultverfil­mung fehlt nicht viel, ist sich das Publikum einig. Neue Technik eröffnet der Truppe neue Möglichkei­ten, die sie genüsslich ausschöpft

- VON MARTIN GOLLING

Aindling Noch vor wenigen Jahren hatte „Der Brandner Kaspar und das ewig’ Leben“seinen festen Platz im Programm des Bayerische­n Rundfunks. Jeweils an Allerheili­gen, am 1. November, lief das Paradestüc­k zur besten Sendezeit – natürlich in der Besetzung mit Fritz Straßner als Kaspar, Toni Berger als Boandlkram­er und Gustl Bayrhammer als Portner aus dem Jahr 1975. In Aindling feixte jetzt Andrea Rohn, Vorsitzend­e des Theaterver­eins Volksbühne Aindling, bei der Premiere im Moosbräu: „Mia spuin des in der Fassung, wias im Fernsehen war – fast a bisserl besser.“

Nach der Vorstellun­g waren sich die Besucher einig: „Wenn überhaupt was fehlt, dann nicht viel.“Es hat schon seine eigene Faszinatio­n, dieses Stück, das bildreich sowohl lustig als auch nachdenkli­ch, tiefgründi­g, ja fast philosophi­sch daherkommt. In dem der Boandlkram­er solche Sätze von sich gibt: „Zuerschd jammerns, dass ’s Leben so schwer wär. Und kimm dann i daher, mechtens ums Verrecka weiterlebn.“Und wie ihm dann auch noch sein Todeskandi­dat Kaspar vorschwärm­t, was so alles er als 72-Jähriger noch vorhat, welcher Freuden er beraubt würde, trinkt der Tod Kerschgeis­t mit dem Brandner – bis er, die Sinne schon verwirrt, beim Gras-OberSpiel den Überblick verliert. 18 weitere Lebensjahr­e trotzt ihm der Kaspar ab, was oben im Himmel den Heilsplan gehörig durcheinan­derwirbelt.

Mit enormem Elan, mit Fantasie und technische­r Raffinesse haben die Verantwort­lichen im Theaterver­ein den Brandner auf die Bühne gestemmt. Insgesamt stehen beim Schlussapp­laus rund 30 Mitwirkend­e auf der Bühne. Eine komplett neue LED-Lichtanlag­e sorgt nicht allein für die „genau richtigen, nun programmie­rbaren Farbnuance­n“, wie Wolfgang Rieder, Chef des Bühnentech­nik-Teams, erläutert, sie bewirkt auch für die Mimen angenehmer­e Temperatur­en. Franz Riegl erlebte die Premiere mit. Er hatte vor rund 30 Jahren den alten, nun nicht mehr benötigten Siemens-Schaltschr­ank geplant und installier­t. Nun sorgen virtuelle Regler am Computer für Licht und Sound. Die neue Anlage für Geräusche kann auch deren Ursprünge im Saal auf, neben oder hinter die Bühne verlegen – und die Regie unter Josef Schoder schöpft genüsslich all die neuen Möglichkei­ten aus. Im Vergleich zur Aufführung vor 13 Jahren haben Walter Pasker und Josef Schoder deutlich an Bühnenpräs­enz hinzugewon­nen. Eindrucksv­oll wirkt ihr Können vor allem in den ernsten Szenen, wenn die beiden etwa als Tod und Kaspar disputiere­n, oder wenn der Brandner nach dem Tod seiner Enkelin Marei die verfeindet­en Flori (Martin Held) und Simmerl (Stefan Ohm) erfolgreic­h zur Versöhnung mahnt. Da gibt es kein peinliches Abgleiten in den Kitsch. Da fallen die Worte mit den exakt notwendige­n Pausen, um genau andersheru­m in der Hektik als fein abgestimmt­es Stakkato ineinander­zugreifen. Erfrischen­d singen zu Brandners 75. Geburtstag Rosi Winkler, Maria Knauer und Andrea Rohn als Dreigesang auf der Bühne, Jürgen Fuchs begleitet dazu auf dem Akkordeon. Stephan Paula ist nicht nur als Bühnentech­niker, sondern auch als Gstanzlsän­ger gefragt und Julia Hader spielt auf der Trompete zum Beispiel live die Jagdsignal­e und begleitet die Feierlichk­eiten. Noch was ist neu bei der Volksbühne Aindling: Der Vorverkauf findet heuer erstmals auch online unter www.theater-aindling.de statt. Doch wer es lieber persönlich mag, kann am Mittwoch, 5. Dezember, zwischen 16 und 18 Uhr seine Karten im Moosbräusa­al erwerben.

Die weiteren Termine sind Freitag, 7. Dezember, Samstag, 8. Dezember, Freitag, 4. Januar 1919, Sonntag, 6. Januar, Samstag, 12. Januar, Sonntag, 13. Januar. Freitags und Samstag beginnen die Vorstellun­gen um 19.30 Uhr, sonntags um 17 Uhr.

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Fotos: Martin Golling In dieser Szene hat der Brandner Kaspar (Josef Schoder) schon gut lachen. Er hat den Boandlkram­er (Walter Pasker) beim Gras-Ober-Spiel übers Ohr gehauen und ihm weitere 18 Lebensjahr­e abgewonnen.
 ??  ?? Neugierig lugt der Brandner Kaspar rüber ins Paradies. Angespannt warten der Portner (Werner Riegl) und der Boandlkram­er auf seine Entscheidu­ng.
Neugierig lugt der Brandner Kaspar rüber ins Paradies. Angespannt warten der Portner (Werner Riegl) und der Boandlkram­er auf seine Entscheidu­ng.

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