Aichacher Nachrichten

Vom „Drei-Bier“und der Dorfgemein­schaft

Projekt In einem 20-minütigen Film erklären 70 Einwohner, warum sie gern in Schiltberg leben. Er ist eine Hommage an die Heimat im Weilachtal geworden – von Menschen, die dort aufgewachs­en sind, und auch von „Zuagroaste­n“

- VON MANFRED ZEISELMAIR

Schiltberg Auf ihrem Lieblingsb­ankerl im Schiltberg­er Ortsteil Rapperzell sitzen zwei Senioren in der Sonne und kommen ins Schwärmen: „Mia hom so a scheene Gegend. Mia braucha net in Urlaub fahrn. Ois is do – und mia san die Bessern“, sagt der eine, worauf der andere zustimmend nickt. In Schiltberg scheint die Welt noch in Ordnung zu sein. Diesen Eindruck erweckt ein ungewöhnli­cher Imagefilm, der auf der Internetse­ite der Gemeinde zu sehen ist.

Schiltberg­s Dritter Bürgermeis­ter Fabian Streit hatte die Idee dazu. Er wollte den negativen Nachrichte­n, die täglich auf die Menschen einströmen, etwas entgegense­tzen und ein Plädoyer für das Leben auf dem Land halten. Im Sommer postete er auf der Facebook-Seite der Gemeinde einen Aufruf zum Mitmachen. Die Resonanz war groß.„Es wollten so viele dabei sein. Sogar die Alten“, sagt Streit stolz. Und so sind aus der ursprüngli­ch geplanten Filmlänge von drei Minuten fast 20 geworden. Mehr als 70 der rund 2000 Einwohner wollten ihre Gründe darlegen, warum sie „so gern in der Gemeinde Schiltberg leben“.

Drei Monate nach der Idee war das Werk vollendet. Entstanden ist eine Hommage an die Heimat mit bewegten und bewegenden Bildern von Land und Leuten. Eine Liebeserkl­ärung an die Gemeinde Schiltberg von ihren Bürgern. Schiltberg­s Bürgermeis­ter Josef Schreier war davon so angetan, dass er bei der Bürgervers­ammlung Ende Oktober seinem Kollegen Streit und dem Kameramann Franz Bölicke, der in Allenberg ein Film- und Fotostudio betreibt, „den ersten Schiltberg­er Filmpreis“überreicht­e (wir berichtete­n). Mittlerwei­le hat es der Videoclip zu mehr als 4500 Internetau­frufen gebracht.

In dem Film stehen die Menschen im Mittelpunk­t. Sie beschreibe­n die Schönheit des Weilachtal­s, das vielseitig­e Vereinsleb­en, die Kameradsch­aft, die Nachbarsch­aftshilfe, das gelebte Miteinande­r von Jung und Alt und die Liebe zu ihrer Heimat. Und so geizt der Film nicht mit Superlativ­en. Dazu fängt die Kamera, bei eigens dazu komponiert­er Filmmusik, stimmungsv­olle Bilder von Land und Leuten ein.

Im Film kommen nicht nur Einheimisc­he zu Wort, sondern auch „Zuagroaste“, die in Schiltberg eine neue Heimat gefunden haben. Wie zum Beispiel Pfarrer Markus Szymula, der sich seit 18 Jahren im Ort sehr wohlfühlt. Oder andere, die eingeheira­tet oder in einem der Vereine schnell Kontakt zu den Einheimisc­hen gefunden haben. Eine junge Mutter lobt „diese Gemeinscha­ft, die auch offen ist für Zugereiste“. Sie klingt begeistert, wenn sie sagt: „Ich wurde so herzlich aufgenomme­n. Ob das in der Vol- war oder beim Dorffest.“Das sogenannte „Drei-Bier“wird vorgestell­t, zu dem sich am Samstagnac­hmittag die jungen Schiltberg­er eine kurze Auszeit nehmen – pünktlich um drei Uhr nachmittag­s, daher der Name. „So verliert ma sich net aus de Augen“, sagt Feuerwehr-Kommandant Stefan Schmid. Auch die Kinder kommen zu Wort. Ein Mädchen findet es zum Beispiel „toll, dass es ein Kinderturn­en in Schiltberg gibt“. Und am Schiltberg­er Hofberg hält eine junge Mutter inmitten einer Gruppe zum Teil historisch gewandeter Kinder eine Lobrede auf den Theaterver­ein, in dem sie als Kind schon Theater gespielt hat, „und jetzt spuin meine Kinder scho mit“.

Auch die vier Feuerwehre­n der Gemeinde sind mit von der Partie. Besonders eilig haben es die Rapperzell­er, die gerade zu einem ganz besonderen Einsatz ins Gemeindeha­us unterwegs sind. In ihrem historisch­en Handspritz­enwagen geht es aber nur sehr gemächlich voran. Obwohl es pressiert: „D’Weißwürst platzen!“

Beim Bogenschie­ßen trifft man den Liedermach­er Martin Drittenley­ballgruppe preis an, der einen Song auf sein Rapperzell geschriebe­n hat. Vor der Pestkapell­e in Kemnat, mit weidenden Ziegen im Hintergrun­d, wird ein Vater mit seiner Tochter interviewt. In Gundertsha­usen stoßen die Burschen und Mädel „auf die beste Dorfgemein­schaft“und „den schönsten Maibaum von ganz Bayern“an. Auch beim „Suppenfest“des Gartenbauv­ereins in Allenberg ist die Kamera dabei. Und selbst Dackeldame Susi scheint zustimmend zu nicken, wenn ihr Herrchen fragt „Susele, g’fällt’s dir in Allenberg?“Der alte Mesner von Metzenried ist „stolz, ein Schiltberg­er zu sein“, und erzählt vom „Platteln“beim Trachtenve­rein. In Ruppertsze­ll sitzen die Montagskar­tler im Spielplatz­häusl beieinande­r. Und auch Bewohner aus Höfarten, Kühnhausen, Aufhausen und Bergen werden in Wort und Bild eingefange­n.

Streit sagt, er habe mit dem Imagefilm zeigen wollen, dass Schiltberg eine Gemeinde mit Herz sei. Das ist ihm zusammen mit dem Profi-Filmer Bölicke und mit viel Herzblut gelungen. Mit ihrem Film haben sie der Gemeinde ein Gesicht gegeben. Nicht nur eins, sondern gut 70.

Film Wer Internet hat, findet den Film auf der Facebook- und auf der Internetse­ite der Gemeinde Schiltberg. Für alle anderen liegen im Rathaus kostenlose DVDs bereit.

Auch der Rapperzell­er Boandlbräu-Brauer und Liedermach­er Martin Drittenpre­is ist stolz auf seine Heimat.

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Fotos: Screenshot­s Foto Bölicke (5), Manfred Zeiselmair (1) Ein ganz besonderes Schiltberg­er Ritual scheint das „Drei-Bier“-Treffen am Samstagnac­hmittag zu sein. Um pünktlich anzukommen, dienen im Film die verrücktes­ten Fahrzeuge als Transportm­ittel.
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In dem Film kommen sowohl (Bild links) drei Metzenried­er Originale – (von links) Andreas Eidelsburg­er, Martin Zederer und Xaver Breitsamet­er – zu Wort als auch die Kindergrup­pe des Hofberg-Theaterver­eins (Bild rechts).
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Die Gunderthau­ser Jugend stößt auf den schönsten Maibaum und das „Beverly Hills“von Schiltberg an.
 ??  ?? Schiltberg­s Dritter Bürgermeis­ter Fabian Streit (links) und Filmemache­r Franz Bölicke haben der Gemeinde mit ihrem Imagefilm „ein Gesicht gegeben“.
Schiltberg­s Dritter Bürgermeis­ter Fabian Streit (links) und Filmemache­r Franz Bölicke haben der Gemeinde mit ihrem Imagefilm „ein Gesicht gegeben“.
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