Aichacher Nachrichten

Renovierte Fotografen im Schneewitt­chenschlaf

Schätze im Silbensee Manche Verschreib­er passieren aus Unachtsamk­eit. Andere, weil das Unterbewus­stsein oder Technik ungewollt dazwischen­funken. Wir haben unsere kurioseste­n Beispiele des vergangene­n Jahres für Sie gesammelt

- VON NICOLE SIMÜLLER

Kein Redakteur, kein Korrektor und kein Leser will sie in der Zeitung haben: Rechtschre­ibfehler. Manchmal aber sind sie so kurios, dass man darüber lachen kann. Deshalb machen wir heute mal eine Ausnahme: Wir haben die schönsten Verschreib­er für Sie gesammelt, die uns im vergangene­n Jahr in Zuschrifte­n an unsere Redaktion, eigenen Artikeln oder anderswo aufgefalle­n sind. Aichach-Friedberg Was müssen Kinder nicht alles lernen, bis sie groß sind und selbststän­dig durchs Leben gehen können? Einen ungewöhnli­chen Ansatz hatte dazu ein Vortrag, der im vergangene­n Jahr im Landkreis stattfand. Der Titel ließ aufhorchen: „Wie Babys besser schlagen lernen“. Wie soll da noch gewaltfrei­e Erziehung funktionie­ren, wenn schon frühkindli­che Kampfsport­ausbildung angeboten wird? Möglicherw­eise sollten die Veranstalt­er eine Nacht darüber schlafen.

● Ausgeschla­fen fällt korrekte Rechtschre­ibung leichter. Vor allem dann, wenn man es mit mehr oder weniger schwierige­n englischen Begriffen zu tun hat. Bei einer Fahrzeugwe­ihe ging das gründlich daneben: In der Ankündigun­g zu den Feierlichk­eiten war von einem

„Heilet“die Rede. Als heilsam erwies sich die deutsche Übersetzun­g des verunglück­ten „Highlights“. Sie lautet ganz einfach: Höhepunkt.

● Begriffe, die nicht aus dem Deutschen stammen, erweisen sich regelmäßig als Stolperfal­len. Wenn sich dann gleich zwei Fremdsprac­hen in die Quere kommen – zum Beispiel Englisch und Französisc­h – kann das fast nur schief gehen. So wie bei einem Garten, der Besucher durch

„südländisc­hen Flyer“begeistert­e.

● Eine Erklärung dafür könnte der Palmsonnta­g liefern. An diesem Tag werden in vielen katholisch­en Pfarreien im Wittelsbac­her Land Palmbusche­n gesegnet und verkauft. Im vergangene­n Jahr hieß es dazu in einer E-Mail an unsere Redaktion: Die Palmgebind­e kämen daheim an das Kreuz im Herrgottwi­nkel. „Sie sollen auch bei der Abwehr von Hexen und Duden helfen.“Hat offenbar geholfen: Der Duden, quasi die „Bibel“für korrekte Rechtschre­ibung, wurde mitsamt den Hexen auf Abstand gehalten.

● Dramatisch klang es im Herbst, als es um den Ausbau der B 300 zwischen Aichach und Dasing ging. Der Ausbau sei „angeschoss­en“, hieß es da plötzlich über die fast fertige Bundesstra­ße. Angeschoss­en kommen inzwischen über den abgeschlos­senen Abschnitt nur noch Autofahrer, denen 120 Stundenkil­ometer immer noch zu langsam sind.

● Ein Klassiker ist die „Kindergrip­pe“, die das ganze Jahr über grassiert – nicht durch leidgeplag­te Familien, in denen die Jüngsten anfangen und am Ende Mama, Papa und Geschwiste­r anstecken. Sondern in E-Mails, Pressemitt­eilungen und Zeitungsar­tikeln, in denen wahlweise vom Neubau, Ausbau oder Umbau einer Kinderkrip­pe die Rede ist.

● Die Erwachsene­n hatte dagegen ein Verein in einer E-Mail an unsere Redaktion im Blick. Sie richtete sich an männliche Redakteure – und zwar nur an sie. Der Verein bat die „sehr geehrte(n) Herren“darum, seinen wöchentlic­hen Strickkurs anzukündig­en. Die Redakteuri­nnen, die an diesem Tag gegenüber ihren männlichen Kollegen klar in der Überzahl waren, kamen der Bitte selbstvers­tändlich gerne nach. Absenderin der Mail war übrigens eine Frau.

● Um rührige Vereine und Ehrenamtli­che geht es regelmäßig in unserer Zeitung. Seltener ist von „rührigen Liedern“die Rede. Genau damit aber verzaubert­en Volksmusik­er in Aichach ihr Publikum so sehr, dass sogar der Berichters­tatter nach dem Konzert ganz ungerührt die Begriffe durcheinan­derbrachte.

● Ähnlich ging es wohl einer Gemeinde im nördlichen Landkreis.

Sie kündigte an Weihnachte­n nicht nur die Verschiebu­ng der Abholtermi­ne von Bio-, Altpapier- und Restmüllto­nnen an, sondern gleich die der Feiertage selbst. Trotz der auf der Internetse­ite Gemeinde vermeldete­n „Feiertagsv­erschiebun­gen“kam es erstaunlic­herweise nicht zu Protesten im Ort. Vielleicht hatten die Bürger einfach zu spät mitbekomme­n, dass das Weihnachts­fest in ihrer Gemeinde dieses Mal erst an Silvester geplant war.

● Gefeiert wurde im vergangene­n Jahr so einiges im Landkreis. So auch der runde Geburtstag eines Mannes, der lange Zeit im öffentlich­en Leben gestanden hatte und noch immer im Vereinsleb­en aktiv ist. Klar, dass es zum „Runden“ein großes Fest gab und ein Artikel in unserer Zeitung erschien. Der Text, der an unsere Redaktion geschickt wurde, weckte allerdings seltsame Assoziatio­nen. Darin hieß es: „Die Geburtstag­sfeier fand [...] mit Familie, Verwandten, Nachbarn, Freunden und vor allem Zeitgenoss­en statt.“Da stellt sich die Frage: Wenn die Familienan­gehörigen, Nachbarn und Freunde keine Zeitgenoss­en des Mannes waren – wer, woher und aus welcher Zeit waren sie dann?

● Um eine besondere Form der Verwandtsc­haft ging es auch an anderer Stelle. Patentante­n kennt jeder, Lieblingst­anten auch. Aber „Implantant­en“? Die sind – wie in diesem Fall – nur bei Infoabende­n von Zahnärzten anzutreffe­n.

● Wer zum Zahnarzt geht, bekommt manchmal ein Provisoriu­m eingesetzt. Auch auf dem Bau sind Provisorie­n nicht unüblich. Sie halten bekanntlic­h oft am längsten. Nicht so bei einer Brücke über die Paar. Hier wurde die Holz- durch eine schwere Stahlbrück­e ersetzt. Das vorherige „Professori­um“wurde abgerissen. Warum eigentlich, wenn doch sogar ein Professor Hand angelegt hatte?

● Nicht nur Brücken müssen ab und zu erneuert werden, sondern offenbar auch Fotografen. Ein solcher – ein „renovierte­r“Fotograf nämlich – stellte seine Werke öffentlich aus. Möglicherw­eise sorgten nicht nur seine kunstvolle­n Fotos, sondern auch er selbst für Aufmerksam­keit.

● Ebenso wie der besonders schöne Garten einer älteren Dame aus eider nem kleinen Ortsteil im nördlichen Landkreis. Er verzückte die Gratulante­n zu ihrem runden Geburtstag so sehr, dass einer von ihnen anschließe­nd nicht nur ein Foto zur Veröffentl­ichung an unsere Redaktion sandte, sondern im Text dazu von einem „kleinen Einod“schwärmte.

● Manche Menschen verweigern sich ihrem Alter. Sie bleiben für immer 25 und feiern diesen Geburtstag jedes Jahr aufs Neue. Einen schwereren Start ins Leben hatte da wohl ein „gebürtiger 43-jähriger Hamburger“, der eine neue Führungspo­sition übernahm. Wer will schon ab dem ersten Lebensjahr 43 sein? Wobei – wenn er mal über 50 ist, findet er das womöglich gar nicht mehr so schlimm.

● Dass auch Redakteure nicht immer ganz sattelfest sind, beweist unter anderem unser letztes Beispiel: Im Zusammenha­ng mit einem sich lange hinziehend­en Bauprojekt schrieb eine Kollegin vom „Schneewitt­chenschlaf“. Eine zweite Kollegin las über den Text, korrigiert­e kleinere Schreibfeh­ler und änderte die ein oder andere Formulieru­ng. Der „Schneewitt­chenschlaf“blieb stehen. Erst eine aufmerksam­e Korrektori­n erwies sich als beschlagen in Grimms Märchen und machte aus dem „Schneewitt­chen“ein „Dornrösche­n“, ehe die Ausgabe gedruckt wurde.

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Foto: Ursus Wehrli Die „Buchstaben­suppe“ist hier wunderbar geordnet – bei Verschreib­ern wird so mancher „Schatz im Silbensee“ausgelöffe­lt.
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