Er ist der Mittwochsmann im Hospiz
Veröffentlichung Notker Karcher ist seit vielen Jahren ehrenamtlicher Helfer im stationären Bereich. Über seinen Einsatz für schwerkranke und sterbende Menschen in ihrer letzten Lebensphase hat der Meringer jetzt ein Buch geschrieben
Mering Ein Zuhause für die letzte Lebensphase vieler Schwerkranker ist das Augsburger St.-VinzenzHospiz, das erst kürzlich von Hochzoll nach Oberhausen umzog. Wie lebt es sich an diesem besonderen Ort, der für viele Sterbende und ihre Angehörigen eine Oase der Geborgenheit bietet und doch für Außenstehende mit so vielen Tabus behaftet ist? Notker Karcher kann hier mit einem ganz persönlichen Einblick eine Antwort geben. Der Meringer hat ein engagiertes Buch geschrieben, in dem er einen einfühlsamen Blick auf die Realität und die Vielschichtigkeit einer menschlichen Grenzsituation wirft.
Seit 16 Jahren hilft der Autor im St.-Afra-Hospiz hauptamtlichen Kräften bei der Pflege und Betreuung schwerkranker und sterbender Menschen. Verlässlich kommt er einmal in der Woche, immer am Mittwoch, zur Spätschicht am Nachmittag. Was er auf der Station in der Begegnung mit den Patienten und ihren Angehörigen erlebt, beschreibt er in seinem Bericht unter dem Titel „Der Mittwochsmann – Als Helfer im stationären Hospiz“.
„Ich habe Neuland betreten, eine Wirklichkeit, die ich seit Langem aus dem Blick verloren, ja verdrängt hatte, weil ich sie gar nicht sehen wollte“, erklärt Notker Karcher. Den Hintergrund dazu gibt er ebenfalls in seinem Buch preis. Er war 14 und wohnte in einem Dorf bei Karlsruhe, als seine Mutter mit 51 Jahren starb. Der Bub konnte es nicht am Bett der im Haus aufgebahrten Mutter aushalten. Vielmehr rannte er davon und wollte auch in den folgenden Jahren nichts mehr wissen von Krankheit und Tod.
In München studierte der mittlerweile seit 50 Jahren in Mering lebende Karcher Theologie. Später arbeitete er nach einigen Jahren an der Meringer und Merchinger Volksschule und dann bis zu seiner Pensionierung als Sonderpädagoge an der Förderschule in Königsbrunn. Irgendwann kam er mit der Philosophie von Cicely Saunders, der Begründerin der modernen Hospizbewegung und Palliativmedizin, in Berührung. Aber erst ein religionspädagogischer Kurs im Rahmen einer Lehrerfortbildung am Ende seiner beruflichen Karriere gab den Anstoß für Notker Karchers Interesse an der Hospizarbeit. „Sie rennen offene Türen ein“, kommentierte eine Augsburger Vinzentinerin sein damaliges beginnendes Interesse an einer Hospizhelferausbildung.
„Inzwischen habe ich unglaublich viel Erfahrung rund um das Sterben und den Tod gesammelt“, sagt der mittlerweile 80-Jährige. „Und ich weiß, welchen Platz ich bei meinem Einsatz im Hospiz einnehme. Ich bin ganz unten, und trotzdem habe ich eine große Verantwortung für das, was ich tue.“Seinen wöchentlichen Einsatz nimmt Notker Karcher sehr genau. „Die ehrenamtliche Tätigkeit meines Mannes am Mittwoch bestimmt seit 16 Jahren unseren gesamten Wochenplan“, bestätigt Ehefrau Brigitte Karcher.
Dieses Bewusstsein und die feinfühlige Beobachtungsgabe des ehrenamtlichen Helfers treten in den Gedichten und hintergründigen Reflexionen und Einschüben sehr deutlich zutage. Schon früh begann er seine Eindrücke im Hospiz in kurzen Gedichten zu verarbeiten. Er nannte sie Helfertexte. Erste Momentaufnahmen im Hospiz veröffentlichte der Diplomtheologe und Sonderpädagoge bereits 2005 in Versform unter dem Titel „Stummer Flug“im Eos-Verlag in St. Ottilien.
Dass das Büchlein nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch eine kleine Kostbarkeit geworden ist, daran ist die Familie von Notker Karcher nicht ganz unschuldig. Brigitte Karcher, studierte Grafikerin, hat das Buch mit sehr einfühlsamen Tuschezeichnungen illustriert. Sie ist selbst Autorin und hat im Frühjahr einen Roman veröffentlicht, in dem sie den Verlust ihrer Zwillingsschwester verarbeitet hat. Die Umschlaggestaltung, das Layout und den Satz übernahm der Sohn Martin Karcher, der als Designer in Berlin lebt und arbeitet.
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Buch Notker Karchers Buch „Der Mittwochsmann – Als Helfer im stationären Hospiz“ist im Verlag Books on Demand (BoD) erschienen und kann für 6,90 Euro über Buchhandlungen und im Internet bezogen werden.