Diese Tierwohl-Siegel gibt es bereits
Hintergrund Der Staat plant ein Label für gute Haltung. Andere Initiativen sind bereits vorgeprescht. Was davon zu halten ist
Augsburg Das neue staatliche Siegel, das sich auf die Schweinehaltung konzentriert, berücksichtigt in seinen Kriterien das Wohl der Tiere und setzt klare Grenzen. Das amtliche Siegel tritt nun in Konkurrenz zu einer Vielzahl an privatwirtschaftlichen Gütelabels und Marken. Daniela Krehl, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Bayern, spricht von einem Wirrwarr an Labeln. Deshalb sei immer wieder der Ruf nach einem staatlichen Siegel laut geworden. Ein Überblick über das, was es schon gibt.
● Initiative Tierwohl Sie setzt sich dafür ein, dass Hühnchen, Puten und Schweine besser gehalten werden. Landwirte, die sich bei der Gesellschaft zertifizieren lassen, bieten ihren Tieren zum Beispiel zehn Prozent mehr Platz im Stall, als es das Gesetz vorsieht. Außerdem bekommen die Tiere ein zusätzliches Beschäftigungsangebot. Auch fast alle großen Supermärkte nehmen teil: Aldi, Lidl, Edeka, Kaufland, Rewe Penny und Netto sind dabei. Für jedes verkaufte Kilo Fleisch zahlt der Handel 6,25 Cent auf ein Tierwohlkonto ein. Das Geld geht an die Initiative, die es wiederum an die beteiligten Landwirte weitergibt. Die Bauern können so ihren Mehraufwand finanzieren. Seit April 2018 prangt das Siegel der Initiative auf allen Geflügelfleisch-Produkten der teilnehmenden Betriebe. Bei Schweinefleisch arbeitet die Gesellschaft noch an der Umsetzung. Die Verbraucherzentralen begrüßen das Siegel, bemängeln aber, dass die Haltungsbedingungen derzeit nur wenig über den gesetzlichen Vorgaben liegen. Zusätzlich hat die Initiative das Label „Haltungsform“auf den Markt gebracht. Dort werden in vier Stufen von Stallhaltung (1) bis Premium (4) angegeben, wie ein Tier gelebt hat. Wichtig sind dabei zum Beispiel der Platz, den ein Tier hatte, ob es Zugang nach draußen hatte und welche Beschäftigungsmaterialien im Stall vorhanden waren. Je höher die Stufe, desto höher sind auch die Anforderungen an die Tierhalter. Auch daran beteiligen sich die genannten Märkte. Dieses Siegel gibt es auch für Rinder- und Kalbfleisch.
● „Für mehr Tierschutz“Seit 2013 prägt der Deutsche Tierschutzbund sein eigenes Gütesiegel, das artgerechte Tierhaltung in der Lebensmittelproduktion garantieren soll. Das System „Für mehr Tierschutz“unterscheidet zwei Qualitäts-Stufen: Einstieg und Premium. Die Einstiegsstufe beinhaltet mehr Tierschutz als der gesetzliche Mindeststandard, aber laut Einschätzung der Verbraucherzentrale „noch kein sehr hohes Tierschutzniveau“. Wesentliche Kriterien sind mehr Platz und eine abwechslungsreichere Umgebung im Stall, kürzere Transportdauer und schonende Schlachtung. „Die Einstiegsstufe bietet nicht unbedingt viel Mehrwert“, sagt Daniela Krehl. Das Siegel der Premiumstufe markiert ein hohes Maß an Tierschutz, im Vergleich zu den gesetzlichen Mindestvorgaben. Die Tiere haben noch mehr Platz im Stall und können zwischen unterschiedlichen Bereichen wechseln, durch Auslauf im Freien oder offene Stallbereiche. ● „Neuland“„Neuland“wurde 1988 in Bonn ins Leben gerufen, als „Verein für tiergerechte und umweltschonende Nutztierhaltung“. Produkte mit der Kennzeichnung versprechen dem Verein zufolge etwa Haltung auf Stroh ohne Fixierung, mehr Platz für die einzelnen Tiere als gesetzlich vorgeschrieben, Tageslicht im Stall, regionale Futtermittel, Verbot von Gentechnik, keine präventive Antibiotikabehandlung. In seinem Siegel-Qualitätscheck bezeichnet der Naturschutzbund Deutschland das Neuland-Label als „ein sehr anspruchsvolles Programm für artgerechte Tierhaltung“. Er weist auch darauf hin, dass Neuland nicht nur reine Bio-Ware anbietet. Beim Ackerbau zur Futterproduktion würden auch konventionelle Dünge- und Pflanzenschutzmitteln eingesetzt, die im Bio-Anbau nicht erlaubt sind. Neuland geriet im Jahr 2014 schon einmal in die Kritik: Damals berichtete unter anderem der Deutschlandfunk über grobe Mängel in der Qualitätskontrolle des Siegels.
● „Tierschutz-kontrolliert“Hinter dem Güte-Siegel „Tierschutz-kontrolliert“steht die gemeinnützige Tierschutz-Organisation „Vier Pfoten“. Die gemeinnützige Stiftung unterscheidet zwischen Fleischprodukten in zwei Qualitätsstufen: Silber und Gold. Die allgemeinen Kriterien sind: Größeres Platzangebot, Stallstrukturierung, Beschäftigungsmaterial, Tageslicht, Auslauf, eine Begrenzung der Transportzeiten auf das geringstmögliche Maß. Im Siegel-Check des Naturschutzbundes fällt das Fazit für das Label gemischt aus: „Die Einstiegsstufe soll den Landwirten die Umstellung erleichtern. Artgemäße Tierhaltung im Sinne des Tierschutzes verspricht jedoch nur die Gold-Stufe.“