Kreistag: Sepp Bichler tritt nicht mehr an
Kreispolitik Galionsfigur der Unabhängigen hört 2020 nach 30 Jahren auf. Wählergruppierung stehe vor Veränderungen, aber nicht vor „Weltuntergang“. Er ist der Einzige von sechs Kreistagsmitgliedern seiner Fraktion, der definitiv aufhört
Aichach-Friedberg Die Unabhängigen stehen vor einer Zeitenwende. Die parteifreie Wählergruppierung geht ohne ihre Galionsfigur Sepp Bichler in die Kommunalwahl 2020. Der Fraktionschef kandidiert nicht mehr für den Kreistag. Das kündigte Bichler gestern bei einem Pressegespräch an: Er werde im nächsten Jahr 70 und sei dann 30 Jahre im Gremium. „Es ist der richtige Zeitpunkt aufzuhören“, ist der Unternehmer für erneuerbare Energien und Bio-Landwirt überzeugt. Er steige nicht aus, weil er frustriert sei, betont Bichler, der dreimal als Landrat kandidierte (1996, 2002, 2014) und im letzten Anlauf nur ganz knapp mit 49,7 Prozent in der Stichwahl gegen Klaus Metzger unterlag. Für die Unabhängigen bedeute sei Ausstieg eine starke Veränderung, aber „kein Weltuntergang“. Er werde seine Wählergruppierung natürlich weiter von außen unterstützen, Bichler sieht auch die Chance, dass jetzt endlich jüngere Kandidaten zum Zug kommen. Die standen auch schon 2014 auf der Kreistagsliste, wurden aber nicht gewählt.
Der Abschied des Kommunalpolitikers Bichler bedeutet eine Zäsur für die Unabhängigen. Sie sind entstanden in den Hochzeiten der Mülldiskussion im Wittelsbacher Land in den 80er-Jahren und besonders im nördlichen Teil des Landkreises verankert. Ein völliger Umbruch steht beim nächsten Urnengang aber nicht an: Von den sechs amtierenden Kreisräten hat nämlich nur Bichler definitiv angekündigt, dass er nicht mehr antritt. Der Pöttmeser Bürgermeister Franz Schindele, der dieses Amt zum Ende der Wahlperiode aufgibt, möchte weiter im Kreisrat arbeiten. Auch den Rehlinger Bus-Unternehmer Xaver Hörmann reizt es, noch mal anzutreten. Spaß mache vor allem die Zusammenarbeit in der Fraktion, über die Möglichkeiten im Kreistag Politik zu machen, ist er allerdings ernüchternd. Martin Echter hört als Sielenbacher Bürgermeister Ende April nächsten Jahres auf. Er ist aber „offen“für eine weitere KreistagsKandidatur, wenn er die Liste damit unterstützen könne und dies auch von der Gruppierung unterstützt werde. „Offen“, so formuliert es auch Hans Riß, der bis 2014 insgesamt 24 Jahre Bürgermeister in Hollenbach war und seit fünf Jahren im Kreistag ist. Noch nicht entschieden hat sich Eva Ziegler aus Ebenried (Pöttmes): Ihr Privatleben habe sich vor Kurzem gravierend verändert, sie brauche noch eine gewisse Zeit. Eins steht für Eva Ziegler aber fest: Die Ideale der Unabhängigen brauche es weiter und „wir werden wieder eine attraktive Liste zusammenbekommen“. ● Volksbegehren Die Unabhängigen sind zwar nicht Mitglied im Aktionsbündnis im Landkreis für das Volksbegehren Artenvielfalt „Rettet die Bienen“. Fraktionschef Sepp Bichler macht aber deutlich: „Wir unterstützen es natürlich trotzdem.“Der Entwurf des Volksbegehrens habe sicher auch Schwächen, sagt der Kreisrat. Wichtig sei jetzt aber, dass möglichst viele Menschen unterschreiben und nicht nach der absehbaren Überschreitung der Zehn-Prozent-Hürde nachlassen. Denn: Jede Unterschrift dokumentiere, dass ein großer Teil der Bevölkerung eine Veränderung zu deutlich mehr Naturschutz wolle. Das verstärke wiederum den Druck auf die Staatsregierung, in ihrem Gesetz-Gegenentwurf wirklich etwas für die Artenvielfalt zu tun, ist Bichler überzeugt. Nur den Kopf schüttelt der Bio-Landwirt aus Sielenbach über die Aktionen und Äußerungen von Vertretern des Bauernverbands aus dem Landkreis gegen das Volksbegehren (wir berichteten). Da werde der Untergang des Berufsstandes prophezeit und dies führe eher zu einem Gegeneffekt: „Viele unterschreiben jetzt erst recht.“Wenn BBV-Kreisobmann Reinhard Herb öffentlich sage, „er tue alles für die Bienen“, dann sei das für einen Großteil der Bevölkerung eine ziemliche Übertreibung. Auch die Stellungnahme gegen das Begehren von CSU-Kreisrat Rupert Reitberger als Vorsitzender des Kreisverbands für Gartenbau hält Bichler für grenzwertig. Da würden Gartenbesitzer gegen Landwirte ausgespielt. Seine Meinung: „Das Volksbegehren ist kein Frontalangriff gegen die Landwirtschaft.“Klar sei aber, dass vor allem die Bauern gefordert seien. Der Großteil der Flächen werde ja von ihnen bewirtschaftet. Zum anderen seien sie aber auch am stärksten von den Veränderungen der Natur und dem Insektensterben betroffen. Für Franz Schindele liegt die Zukunft ganz klar im ökologischen Landbau – flächendeckend. Vor 20 Jahren sei das vielleicht noch eine „exotische Idee“gewesen, heute nicht mehr.
Sepp Bichler