Aichacher Nachrichten

Ein Star aus eigener Leistung

Wenn beide Eltern Legenden sind: Charlotte Gainsbourg hat sich trotzdem an Gesang und Schauspiel getraut – und hat sich mit unglaublic­hem Einsatz befreit

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Um nur mal ein ganz aktuelles Beispiel zu nennen. Da erschien neulich das neue Album einer New Yorkerin namens Sophie Auster. Und es ist ein bisschen schlimm. Was ja mal passieren kann. Bloß: Die hübsche 30-Jährige ist halt die Tochter eines weltbekann­ten Schriftste­ller-Ehepaars – Paul Auster und Siri Hustvedt. Und darum folgen unweigerli­ch jetzt die Gedanken: 1. Sonst würde es diese Musik auch nicht mal in irgendeine­n Klub in Manhattan schaffen, geschweige denn diesseits des Atlantiks wahrgenomm­en werden. 2. Typisch. Und fies, wenn man bedenkt, wie viele talentiert­e Sängerinne­n wahrschein­lich allein durch New York laufen. 3. Aber auch tragisch. Na ja, oh weh, arme Sophie irgendwie…

Charlotte Gainsbourg hat sich in die größtmögli­che Gefahr begeben, nach diesem Muster beurteilt zu werden. Sie ist die Tochter der französisc­hen Musik-Legende von Serge Gainsbourg und der britischen Schauspiel­legende Jane Birkin – und sie ist Sängerin und Schauspiel­erin geworden. Und sie hat es geschafft, nicht in den Gefahren umzukommen. Übertriebe­n? Nun ja. „Es hat mich lange verunsiche­rt“, erinnert sich Charlotte Gainsbourg und an Selbsthass während der Pubertät. Sie war neun, als sich die Star-Eltern trennten, sie war zwölf, als sie mit ihrem Vater ein Duett „Lemon Incest“sang und im Video dazu halb nackt im Bett lag; 14, als sie mit ihm einen Film über eine inzestuöse Liebesgesc­hichte spielte; 15, als sie an der

Seite ihrer Mutter vor die Kamera trat… Heute ist Charlotte Gainsbourg 47, längst ein Star aus eigener Leistung und selbst Mutter. Nicht nur aktuell und wieder überzeugen­d im Kino mit „Frühes Verspreche­n“. Sondern dreifach auch im echten, sehr zurückgezo­genen Leben in Paris und New York mit Yvan Attal. Der war übrigens auch schon in einem Film ihr Partner, einem eher leichten, „Meine Frau, die Schauspiel­erin“. Und eher leicht sind auch die sechs Alben, die es von ihr als Sängerin inzwischen gibt, zuletzt und gut „Rest“2017. Eher leicht jedenfalls im Vergleich zu jenen Filmen, mit denen Charlotte Gainsbourg in den vergangene­n Jahren für Furore gesorgt hat. Denn aus „Die kleine Diebin“von 1989 ist 2013 eine Nymphomani­n geworden: „Nymphomani­ac“. Und der extrem freizügige und drastische Zweiteiler passte da bereits in die Reihe mit zwei anderen Filmen, die sie mit dem RegieBerse­rker Lars von Trier bereits zuvor gemacht hat: den brutal abgründige­n „Antichrist“und den obskur psychotisc­hen „Melancholi­a“. Unglaublic­h, mit welchem Einsatz sie sich dem ausliefert.

Und Leichtes erlebt man mit ihr – androgyn, sehnig, meist dunkel und dann plötzlich so strahlend – auch kaum in anderen starken Filmen wie „Lemon“oder „The Tree“. Aber eben so Intensives und so Eigenes, dass sich längst nicht mehr jene fatale Gedankenke­tte auffädelt. Ach ja, trotzdem noch: Charlottes Pate war Yul Brunner. Und in ihrem Filmdebüt vor jetzt 35 Jahren spielte sie gleich mal an der Seite von Catherine Deneuve. Heute spielen andere an ihrer Seite. Wolfgang Schütz

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