Immobilien sind weiter en vogue. Was Anleger und Vermieter wissen sollten
Drei Experten berichten über den aktuellen Immobilienmarkt und geben Tipps
Immobilien stehen nach wie vor hoch im Kurs. Setzt sich dieser Trend fort? Florian Schreck, Schreck Immobilien, Gabriele Seidenspinner, Geschäftsführerin bei Haus & Grund, und Özlem Salim von der Augsburger Aktienbank mit ihrer Einschätzung zur aktuellen Lage.
Beim Thema Immobilien gibt es vermehrt kritische Stimmen. Doch gibt es in der jetzigen Nullzins-Situation kaum lohnende Alternativen. Gibt es denn in Augsburg noch genügend Angebot?
Florian Schreck: Das Angebot in Augsburg reicht aktuell bei Weitem nicht aus, um die große Nachfrage zu bedienen – sowohl am Mietmarkt als auch am Eigenheimmarkt. Das hat zur Folge, dass sich auch im Jahr 2018 die Preissteigerungen fortgesetzt haben. Eine spürbare Änderung der Situation, insbesondere der Angebotssituation, ist derzeit nicht absehbar.
Kaufen derzeit mehr Kapitalanleger oder mehr Eigennutzer Immobilien in Augsburg? Schreck: Das kann ich pauschal so nicht beantworten, da das Käuferklientel stark vom Objekt abhängt. Bemerkenswert ist jedoch, dass sich seit den letzten Jahren zunehmend Kapitalanleger für Objekte interessieren, die früher üblicherweise nur von Eigennutzern erworben wurden. Beispielsweise werden nicht selten Doppelhaushälften und Reihenhäuser von Anlegern zur Vermietung erworben.
Der Gesetzgeber stellt sich fast immer auf die Seite des Mieters. Mietpreisbremse, Mietspiegel, Angabe der Vormiete sind hier die Schlagworte. Sehen Sie das auch so?
Gabriele Seidenspinner: Die Wohnungsknappheit in den Ballungszentren ist eine Tatsache. Es hat sich gezeigt, dass gesetzliche Regularien wie die Mietpreisbremse daran nichts ändern. Vielmehr müssten immer noch mehr Anreize für den privaten Wohnungsbau geschaffen werden, um sozial verträglichen Wohnungsbau wieder attraktiv zu gestalten. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, warum wir in Deutschland einerseits von Leerstandskonzepten für strukturschwache Regionen sprechen und anderseits immer wieder neue Gesetze und Verordnungen erlassen werden, um wegen Wohnungsknappheit die Mieten zu regulieren. Mit der Schaffung neuen Wohnraums in den Ballungszentren alleine ist es ohnehin nicht getan. Die Großstädte müssen einen entsprechenden Lebensstandard langfristig aufrechterhalten, der beispielsweise das Verkehrsnetz, Einkaufsmöglichkeiten, Schulen und Kindergärten und das Freizeitangebot umfasst.
Es fehlt an Mietobjekten, anderseits macht man Vermietern das Leben immer schwerer. Vermieten aus Idealismus, sehen Sie das auch so?
Seidenspinner: Die Immobilie ist und bleibt eine Kapitalanlage. Ein Gebäude kann nicht ohne entsprechenden Aufwand ordentlich betrieben und unterhalten werden. Neben der Instandhaltung eines Gebäudes verlangt schon die Verwaltung immer mehr fachliches Know-how und einen erheblichen finanziellen, aber auch persönlichen Einsatz vom Eigentümer. Aus Idealismus zu vermieten wäre da insbesondere von privaten Immobilieneigentümern zu viel verlangt.
Die drohende Immobilienblase ist schon seit Jahren im Gespräch, aber Immobilienzinssätze von einem Prozent locken gewaltig. Wie ist Ihre Einschätzung?
Schreck: Die Intensität der Preissteigerungen, wie wir sie seit 2010 beobachten konnten, hat in jüngster Zeit etwas abgenommen. Trotz der sehr hohen Nachfrage sind mittlerweile nicht mehr alle Preise am lokalen Markt realisierbar. Ein Zinsanstieg, wie er von vielen mittelfristig erwartet wird, wirkt sich dämpfend auf die Nachfrage aus. Unter Berücksichtigung vieler Aspekte, die für Augsburg, die Entwicklung der Stadt und die Nachfrage am Immobilienmarkt sprechen, gehe ich nicht von einer Immobilienblase aus. Vielmehr ist zu erwarten, dass sich die Immobilienpreise in der Fuggerstadt künftig auf einem hohen Niveau einpendeln werden.
Was bedeutet das niedrige Zinsniveau für die Vergabe von Immobilienkrediten?
Özlem Salim: Selbstverständlich können sich deutlich mehr Menschen in Deutschland heute den Traum einer Immobilie erfüllen als noch vor der Jahrtausendwende, wo acht bis neun Prozent für einen Immobilienkredit zu zahlen waren. Andererseits sind die Preise für Immobilien in den letzten Jahren deutlich gestiegen, sodass sich die prozentuale Belastung im Verhältnis zum Einkommen nicht viel verändert hat. Dennoch wird das Risiko einer künftigen Zinssteigerung schon heute im Interesse unserer Kunden durch die europäische Wohnimmobilienkreditrichtlinie berücksichtigt. So wird die Machbarkeit eines Kredites innerhalb der Haushaltsrechnung mit einem höheren theoretischen Zins kalkuliert.
Was sollte man bei der Anlage in Sachwerte noch beachten? Salim: Das wichtigste Credo, das wir unseren Kunden an die Hand geben, ist die Streuung in der Vermögensanlage. Die Devise, die im Winter passt, lässt sich auch hervorragend auf Finanzinvestments übertragen: „Wer gut streut, rutscht kaum aus!“So ist eine intelligente Vermögensanlage immer eine Verteilung in verschiedene Anlageklassen. Dazu gehören Bankeinlagen, Anleihen und natürlich Sachwertinvestitionen in Aktien, Rohstoffen und Immobilien. Neben den Mieteinnahmen ist auch das langfristige Wertsteigerungspotenzial eine gute Basis, um die Inflation auszugleichen. Da eine vermietete Immobilie insgesamt sehr komplex ist, würde ich Neustartern immer empfehlen, den Erwerb mit fachkundiger Begleitung durchzuführen und da ist die Kombination aus Bank, einem Immobilienfachmann und dem Interessenverband Haus & Grund eine ideale Kombination. pm