Geburtshilfe: Entscheider ohne Bezug zur Realität
Zu unserem Bericht „Unabhängige: Gegen den Klinikchef läuft eine Intrige“in der Freitagausgabe:
Möchte man gemein sein, könnte man sagen: Politik ist, wenn alte, von einem Problem nicht betroffene Männer alles besser wissen. Zumindest könnte man diesen Eindruck gewinnen, wenn man die sehr ausführliche Berichterstattung zum Rückzug von Sepp Bichler aus der Kommunalpolitik verfolgt. Dieser präsentierte beim Pressegespräch nicht nur die Positionen der Unabhängigen, sondern bewies auch seine eigene Gleichgültigkeit. Warum auch nicht? Immerhin ist seine Familienplanung vermutlich abgeschlossen.
Natürlich hat er recht, wenn er die Gründe für die Schließung der Geburtshilfe nicht nur im Landkreis sucht. Immerhin geht es in unserem Gesundheitssystem nur noch um Gewinn und Verlust, nicht um die Menschen. Dass in AichachFriedberg der Gewinn oft einigermaßen gepasst hat, kann man also als Erfolg werten.
Als werdender Vater war ich entsetzt, wie sehr einige Entscheider den Bezug zur Realität verloren haben. Ist es nicht die Aufgabe von Politikern, die Vertreter des Volkes zu sein – und für dessen Bedürfnisse einzustehen? Diese Volksvertreter dafür zu kritisieren, dass sie den berechtigten Sorgen der Aichacher eine Stimme geben, ist lächerlich. Und den Bezug zu einer Intrige herzustellen, ist peinlich. Zugegeben, die Klinikleitung hat nichts getan. Aber sie hat auch nichts verhindert. Womöglich hat sie die Schließung der Geburtshilfe sogar billigend in Kauf genommen. In meinen Augen hat die Klinikleitung versagt, wenn ihr Auftrag war, „das modernste Krankenhaus Bayerns“nah am Menschen zu führen. Aber zum Glück entscheiden wieder einmal die, die es nicht betrifft.
Wolfgang Holzhauser, Aichach