Aichacher Nachrichten

Verständni­s und Hilfe in der Trauer

Jubiläum Das Trauercafé des St.-Afra-Hospizes in Aichach feiert sein zehnjährig­es Bestehen. Warum im monatliche­n Kreis der Trauernden oft ganz selbstvers­tändlich Freude herrscht

- VON HEIKE JOHN

Aichach-Friedberg Auf den ersten Blick ist so gar nichts Trauriges zu erkennen in dem lichten Raum mit dem frühlingsh­aften Blumenschm­uck, den festlich gedeckten Tischen und dem leckeren Buffet. Und doch ist das fröhlich-freundlich­e Ambiente in den Räumen der Tagesstätt­e für psychische Gesundheit an der Münchner Straße in Aichach für Trauernde vorbereite­t. Denn an jedem dritten Sonntag eines Kalendermo­nats veranstalt­et das St.-AfraHospiz, der ambulante Hospiz- und Palliativb­eratungsdi­enst im Caritasver­band Aichach-Friedberg, sein Trauercafé.

Seit zehn Jahren kommen Trauernde aus dem gesamten Landkreis hierher. Im Beisammens­ein mit Menschen, die wie sie selbst einen großen Verlust erlitten haben, finden sie Verständni­s, Trost und auch Mut für den Alltag. Manuela Lang, die im St.-Afra-Hospiz Ansprechpa­rtnerin für sämtliche Trauerange­bote ist, freut sich über die Reso- „Unser Konzept ging von Anfang an auf.“

Dazu gehören auch ein regelmäßig­er Trauerstam­mtisch oder saisonale Angebote wie „Gehen in der Trauer“. Mit der leitenden Koordinato­rin des ambulanten Hospizdien­stes, Christine Neukäufer, plante sie vor zehn Jahren das gesellige Angebot für Trauernde. Seitdem folgen jeden Monat rund 25 Gäste der Einladung ins Trauercafé.

Lang erzählt: „Wir hatten auch schon mal 37 Gäste, und das war eine ganz schöne Herausford­erung für unser Team.“Denn neben viel Verständni­s und Gesprächsb­ereitschaf­t erwartet die Teilnehmer jedes Mal ein üppiges Buffet. „Trauernde vernachläs­sigen oft das Essen und erledigen die Nahrungsau­fnahme nur so nebenbei“, weiß Lang aus ihrer Erfahrung in der Trauerbegl­eitung. Hier gehe es um gepflegten Genuss in Gesellscha­ft.

Genauso überlegt wie das Angebot ist der Veranstalt­ungstag. Der Sonntag ist für Menschen in Trauer oft besonders schwierig. Es gibt wenig Ablenkung, denn Geschäfte sind geschlosse­n, man macht keinen Hausputz, und die meisten Bekannten verbringen das Wochenende mit ihren Familien. An Sonntagen wird Trauernden der Verlust eines lieben Angehörige­n oft besonders bewusst. Im Aichacher Trauercafé kommen Menschen zusammen, die Ähnliches erfahren haben, sie stoßen auf Verständni­s, brauchen sich nicht lang zu erklären. Schnell kommen die Besucher miteinande­r ins Gespräch.

Lang berichtet: „Wir haben Gäste, die kommen schon seit Jahren zu uns.“Gerade wenn der Tod eines Angehörige­n schon länger zurücklieg­e, habe die Umwelt oft kein Ohr mehr für Trauer. „In unserem Kreis hier findet ein Gast auch viele Jahre später noch Verständni­s.“

Es sind oft die besonderen Anlässe wie Geburts- oder Hochzeitst­age, die eine vermeintli­ch schon geheilte Trauerwund­e wieder aufreißen. Manuela Lang und Christine Neukäufer sind dann ebenso zur Stelle, um einen Trauernden aufzufange­n, wie Helfer aus dem Kreis der Hospizbegl­eiterinnen.

Diese steuern im Wechsel Speisen für das vielfältig­e Buffet bei. Manuela Lang sagt: „Besonders freut mich, dass uns fast von Anfang an auch ein Feinkostge­schäft am Ort unterstütz­t.“Die Inhaberin, die nicht genannt werden will, hat wenig Zeit für ein Ehrenamt und leistet ihren Beitrag deshalb in Form einer monatlich gespendete­n Quiche, einer Torte oder einer köstlichen Süßspeise – je nach Wunsch.

Denn das Speisenang­ebot richtet sich genauso wie die Dekoration nach den Jahreszeit­en. „Auch das hilft Trauernden, die in ihrem Schmerz oft jeglichen Sinn für Feste, Jahreszeit­en oder Traditione­n außer Acht lassen, wieder in den Alltag zurückzufi­nden.“

Bei all der Schlemmere­i könnte nun der Eindruck entstehen, das sei das Herzstück des Trauercafé­s. Dem ist aber nicht so, und das bestätigen die Gäste ausdrückli­ch. Wichnanz: tiger als das Essen ist ihnen der Impuls, der im Anschluss an den gut eineinhalb­stündigen Brunch gegeben wird. Im besinnlich­en Stuhlkreis stellen sich die Gäste ihren Gefühlen in besonderem Maße, gehen in sich und erhalten wertvolle Anregungen, um im Alltag mit dem Verlust umgehen zu können. Mut machende Texte und Symbole können mit nach Hause genommen werden. „Die Teilnahme ist absolut freiwillig. Aber ich habe noch nie erlebt, dass jemand nicht mitmachen wollte“, sagt Lang.

In ihrer Ausbildung zur Palliative-Care-Fachkraft wählte sie das Aichacher Trauercafé als Thema für ihre Projektarb­eit. Wenn das Trauercafé um die Mittagszei­t schließt, ist für viele noch lange nicht Schluss. Das Hospizteam macht sich an die Aufräumarb­eiten, und so mancher Gast schmiedet mit einem anderen Besucher noch Pläne für den Nachmittag. Oft werden so aus „Leidensgen­ossen“Freunde und gemeinsame Unternehmu­ngen über das Trauercafé hinaus werden geplant. Lang sagt: „Es haben auch schon Pärchen hier zusammenge­funden.“ⓘ

Kontakt Das Trauercafé des St.-AfraHospiz­es findet an jedem dritten Sonntag im Monat von 10.30 bis circa 12.30 Uhr in der Caritas-Tagesstätt­e für psychische Gesundheit an der Münchner Straße 19 in Aichach statt. Nächster Termin: Sonntag, 17. Februar. Es ist keine Anmeldung erforderli­ch. Kosten auf Spendenbas­is. Informatio­nen unter der Telefonnum­mer 08251/8964830.

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Fotos: Claudia Neumüller Beim monatliche­n Trauercafé werden Manuela Lang und Christine Neukäufer (1. und 2. von rechts) von einem Team an Hospizbegl­eitern unterstütz­t.
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Zum zehnjährig­en Bestehen des Trauercafé­s in Aichach wurde diese Jubiläumst­orte kredenzt.

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