War der Lübcke-Mörder ein Einzeltäter?
Verdächtiger gesteht die Tat. Ermittler suchen weiter nach möglichen Hintermännern
Berlin Der Mord am CDU-Politiker Walter Lübcke war von langer Hand geplant. Der inhaftierte Stephan E. hat nicht nur die Tat, sondern auch sein rechtsextremistisches Motiv gestanden. Der 45-Jährige handelte nach eigener Aussage nicht aus einem Affekt heraus, sondern hatte den Kasseler Regierungspräsidenten länger beobachtet, bevor er ihn Anfang Juni mit einem Kopfschuss tötete. Ob der Rechtsradikale als Einzeltäter handelte, wie er behauptet, bleibt offen. „Damit ist die Aufklärung dieses politischen Mordes noch nicht abgeschlossen“, betonte Bundesinnenminister Horst Seehofer. Es gehe jetzt darum, mögliche Mittäter oder Mitwisser zu identifizieren.
Dass Stephan E. Kontakt zu rechtsextremen Netzwerken hatte, steht fest. Obwohl er ausländerfeindliche Straftaten verübt hat und mehrfach vorbestraft ist, verschwand er allerdings irgendwann wieder vom Radar der Behörden. Auf die Spur kamen die Ermittler ihm, weil seine DNA an der Kleidung des Ermordeten gefunden wurde. Lübcke war auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise in rechtsradikalen Kreisen zur Hassfigur geworden. Er hatte damals die Politik der Bundesregierung verteidigt und an die christlichen Werte appelliert. Seitdem wurde er vor allem in sozialen Netzwerken beschimpft und massiv bedroht.
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble verurteilte am Mittwoch die „Abgründe an Hass und Häme“im Netz. „Menschenfeindliche Hetze war in der Vergangenheit – und sie ist auch heute – der Nährboden für Gewalt, bis hin zum Mord. Wer ihn düngt, macht sich mitschuldig, das sollte jetzt auch der Letzte verstanden haben“, sagte der CDU-Politiker. Für seine Rede im Parlament erhielt Schäuble viel Beifall aus allen Fraktionen, lediglich die Abgeordneten der AfD applaudierten nur zögerlich. Im Bayerischen Landtag kam es zu einem Eklat, weil der AfD-Politiker Ralph Müller als Einziger zunächst sitzen blieb, als Landtagspräsidentin Ilse Aigner des Ermordeten gedachte.
Nach dem Geständnis im Fall Lübcke geht es nun darum, die Hintergründe aufzuklären. Der Name des Politikers stand beispielsweise auch auf einer „Todesliste“der Neonazi-Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), die mindestens zehn Menschen ermordet hat. „Dass weniger als ein Jahr nach Ende des NSU-Prozesses Rechte in Deutschland weitermorden,
„Damit ist die Aufklärung dieses politischen Mordes noch nicht abgeschlossen.“
Bundesinnenminister Horst Seehofer
zeigt die Dimension und die Gewaltbereitschaft der Szene“, sagte der FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae. Am heutigen Donnerstag wird der neue Verfassungsschutzbericht weitere Erkenntnisse dazu liefern. Die Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Andrea Lindholz, will grundsätzlich debattieren, ob der Kampf gegen Extremisten effektiv genug ist. „Hundertprozentig beherrschen wird man Extremismus in allen Formen am Ende nie. Die Frage ist: Stimmen unsere Strukturen, setzen wir die richtige Technik und das richtige Personal ein, um Taten wie diesen Mord zu verhindern“, sagte sie unserer Redaktion. Schärfere Gesetze fordert die CSU-Politikerin vorerst nicht. „Wenn, dann haben wir Verbesserungsbedarf bei der Durchsetzung, beim Vollzug der Gesetze“, sagte Lindholz.
Im schreibt Margit Hufnagel, dass es im Umgang mit rechter Gewalt keine Zweideutigkeiten geben darf. Auf erfahren Sie, wie präsent die Szene in unserer Region ist.