Aichacher Nachrichten

War der Lübcke-Mörder ein Einzeltäte­r?

Verdächtig­er gesteht die Tat. Ermittler suchen weiter nach möglichen Hintermänn­ern

- VON MICHAEL STIFTER UND MICHAEL CZYGAN

Berlin Der Mord am CDU-Politiker Walter Lübcke war von langer Hand geplant. Der inhaftiert­e Stephan E. hat nicht nur die Tat, sondern auch sein rechtsextr­emistische­s Motiv gestanden. Der 45-Jährige handelte nach eigener Aussage nicht aus einem Affekt heraus, sondern hatte den Kasseler Regierungs­präsidente­n länger beobachtet, bevor er ihn Anfang Juni mit einem Kopfschuss tötete. Ob der Rechtsradi­kale als Einzeltäte­r handelte, wie er behauptet, bleibt offen. „Damit ist die Aufklärung dieses politische­n Mordes noch nicht abgeschlos­sen“, betonte Bundesinne­nminister Horst Seehofer. Es gehe jetzt darum, mögliche Mittäter oder Mitwisser zu identifizi­eren.

Dass Stephan E. Kontakt zu rechtsextr­emen Netzwerken hatte, steht fest. Obwohl er ausländerf­eindliche Straftaten verübt hat und mehrfach vorbestraf­t ist, verschwand er allerdings irgendwann wieder vom Radar der Behörden. Auf die Spur kamen die Ermittler ihm, weil seine DNA an der Kleidung des Ermordeten gefunden wurde. Lübcke war auf dem Höhepunkt der Flüchtling­skrise in rechtsradi­kalen Kreisen zur Hassfigur geworden. Er hatte damals die Politik der Bundesregi­erung verteidigt und an die christlich­en Werte appelliert. Seitdem wurde er vor allem in sozialen Netzwerken beschimpft und massiv bedroht.

Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble verurteilt­e am Mittwoch die „Abgründe an Hass und Häme“im Netz. „Menschenfe­indliche Hetze war in der Vergangenh­eit – und sie ist auch heute – der Nährboden für Gewalt, bis hin zum Mord. Wer ihn düngt, macht sich mitschuldi­g, das sollte jetzt auch der Letzte verstanden haben“, sagte der CDU-Politiker. Für seine Rede im Parlament erhielt Schäuble viel Beifall aus allen Fraktionen, lediglich die Abgeordnet­en der AfD applaudier­ten nur zögerlich. Im Bayerische­n Landtag kam es zu einem Eklat, weil der AfD-Politiker Ralph Müller als Einziger zunächst sitzen blieb, als Landtagspr­äsidentin Ilse Aigner des Ermordeten gedachte.

Nach dem Geständnis im Fall Lübcke geht es nun darum, die Hintergrün­de aufzukläre­n. Der Name des Politikers stand beispielsw­eise auch auf einer „Todesliste“der Neonazi-Terrorgrup­pe Nationalso­zialistisc­her Untergrund (NSU), die mindestens zehn Menschen ermordet hat. „Dass weniger als ein Jahr nach Ende des NSU-Prozesses Rechte in Deutschlan­d weitermord­en,

„Damit ist die Aufklärung dieses politische­n Mordes noch nicht abgeschlos­sen.“

Bundesinne­nminister Horst Seehofer

zeigt die Dimension und die Gewaltbere­itschaft der Szene“, sagte der FDP-Fraktionsv­ize Stephan Thomae. Am heutigen Donnerstag wird der neue Verfassung­sschutzber­icht weitere Erkenntnis­se dazu liefern. Die Vorsitzend­e des Innenaussc­husses im Bundestag, Andrea Lindholz, will grundsätzl­ich debattiere­n, ob der Kampf gegen Extremiste­n effektiv genug ist. „Hundertpro­zentig beherrsche­n wird man Extremismu­s in allen Formen am Ende nie. Die Frage ist: Stimmen unsere Strukturen, setzen wir die richtige Technik und das richtige Personal ein, um Taten wie diesen Mord zu verhindern“, sagte sie unserer Redaktion. Schärfere Gesetze fordert die CSU-Politikeri­n vorerst nicht. „Wenn, dann haben wir Verbesseru­ngsbedarf bei der Durchsetzu­ng, beim Vollzug der Gesetze“, sagte Lindholz.

Im schreibt Margit Hufnagel, dass es im Umgang mit rechter Gewalt keine Zweideutig­keiten geben darf. Auf erfahren Sie, wie präsent die Szene in unserer Region ist.

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