Aichacher Nachrichten

Sozialausg­aben klettern auf Rekordhöhe

Finanzmini­ster Olaf Scholz hält die schwarze Null. Doch das hat seinen Preis

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Die Sozialausg­aben klettern, die Steuereinn­ahmen steigen schwächer als erwartet, doch an der schwarzen Null wird nicht gerüttelt. Bundesfina­nzminister Olaf Scholz erreicht den ausgeglich­enen Haushalt ohne neue Schulden vor allem durch gesunkene Zinsen. Außerdem will er sich in den kommenden Jahren aus dem 35-Milliarden-EuroTopf der sogenannte­n „Flüchtling­srücklage“bedienen. Der SPD-Politiker rechnet für das kommende Jahr mit Ausgaben und Einnahmen in Höhe von 359,9 Milliarden Euro. Das bedeutet eine Steigerung von einem Prozent im Vergleich zum laufenden Jahr.

Am Mittwoch hat die Bundesregi­erung den Entwurf des Haushalts 2020 und den Finanzplan bis 2023 abgesegnet. Das Zahlenwerk, so Scholz, sei Ausdruck klarer Prioritäte­n. Es stärke den sozialen Zusammenha­lt und sehe „Rekordinve­stitionen für ein modernes, klimafreun­dliches Land“vor. Um eine Milliarde auf rund 40 Milliarden Euro steigen die Investitio­nen, auch in den Jahren bis 2023 ist jeweils dieser Betrag vorgesehen. Dies würde eine sinkende Investitio­nsquote bedeuten, denn der Gesamthaus­halt soll bis 2023 auf 375,7 Milliarden Euro steigen. Vor allem im Verkehrsbe­reich wird investiert, etwa in neue Schienen.

Mehr als jeden zweiten Euro gibt der Bund für Soziales aus, der Betrag klettert um rund 20 Milliarden auf knapp 200 Milliarden Euro, etwa durch die Erhöhung von Kindergeld und Kinderfrei­betrag. Die Rentenausg­aben klettern im kommenden Jahr erstmals über die Marke von 100 Milliarden Euro, laut Plan werden sie bis 2023 auf 114 Milliarden Euro anwachsen. Die von der Großen Koalition geplante Grundrente ist in den Berechnung­en noch gar nicht enthalten. Das von Hubertus Heil (SPD) geführte Arbeitsund Sozialmini­sterium hat von allen Ressorts am meisten Geld zur Verfügung, annähernd 150 Milliarden Euro sind es im kommenden Jahr. Mit weitem Abstand folgt das Verteidigu­ngsministe­rium von Ursula von der Leyen (CDU), dessen Etat zunächst um 1,7 Milliarden auf knapp 45 Milliarden ansteigt, in den Folgejahre­n auf rund 44 Milliarden leicht sinkt. Damit droht Ärger mit den USA. Denn im Verhältnis zum Bruttoinla­ndsprodukt wären das im kommenden Jahr rund 1,37 Prozent und 2024 sogar nur 1,24 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s. Deutschlan­d entfernt sich damit weiter vom eigenen Verspreche­n an die Nato, ab 2024 jeweils 1,5 Prozent des Nationalei­nkommens für die Verteidigu­ng auszugeben – und erst recht von der Zwei–Prozent-Quote, die US-Präsident Donald Trump fordert. Scholz verwies darauf, dass Deutschlan­d mit seinem 15-prozentige­n Anteil an den Nato-Ausgaben nur von den USA mit 22 Prozent übertroffe­n werde. Auch in der Entwicklun­gshilfe bleibe Deutschlan­d voraussich­tlich weltweit zweitgrößt­e Gebernatio­n. Der Etat von Entwicklun­gsminister Gerd Müller steigt leicht auf 10,3 Milliarden Euro. Allerdings sieht der Plan in den kommenden Jahren eine Absenkung vor. Müller warnte: „Dies kann, wird und darf nicht Realität werden, denn wir können mit dem Entwicklun­gsetat nicht Achterbahn fahren, sondern müssen langfristi­ge Projekte durchfinan­zieren.“

Besonders stark steigt der Etat von Umweltmini­sterin Svenja Schulze (SPD), und zwar um 15 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro. Wie viel Geld die Bundesregi­erung in den geplanten Energie- und Klimafonds steckt, will sie laut Scholz erst im Herbst entscheide­n. Die Grünen kritisiere­n das scharf. Gegenüber unserer Redaktion sagt die Haushaltse­xpertin Ekin Deligöz: „Die Große Koalition hat nichts verstanden und sendet im Hitzesomme­r das falsche Zeichen.“Aus anderen Gründen geht die FDP hart ins Gericht mit dem Zahlenwerk. Michael Theurer, der stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende, sagte unserer Redaktion: „Die Bundesregi­erung hat unbezahlba­re Sozialvers­prechen abgegeben, die sie im Falle einer Wirtschaft­skrise nicht einhalten kann. Doch gleichzeit­ig schafft sie auch nicht die Rahmenbedi­ngungen zur Erwirtscha­ftung des zukünftige­n Wohlstande­s. Bei der Bürokratie müsste die Wirtschaft sofort und radikal entlastet werden, auch bei Steuern und Abgaben sind die Belastunge­n zu hoch.“

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Foto: Kay Nietfeld Die Sozialausg­aben sind ein großer Posten im Haushalt.

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