Aichacher Nachrichten

Bestseller-Autor schreibt Deutsch-Abi über eigenes Buch

Sasa Stanisic hat unter Pseudonym die Prüfung über „Vor dem Fest“mitgeschri­eben. Volle Punktzahl bekam er nicht

- VON SANDRA LIERMANN

Hamburg Hamburger Abiturient­en mussten in der diesjährig­en DeutschPrü­fung den Roman „Vor dem Fest“des Autors Sasa Stanisic analysiere­n. Die Abi-Prüfung mitgeschri­eben hat auch einer, der eigentlich gar kein Abiturient ist: der Autor selbst. Wer jetzt glaubt, dass dieser locker die Bestnote von 15 Punkten holte, täuscht sich allerdings.

Auf Twitter berichtete der Autor des 2014 erschienen­en Werks von seinem Coup. „Freunde! Ich hab im Deutsch-Abi 13 Punkte geholt!“, verkündete er seinen Followern. In seiner richtigen Abitur-Prüfung im Jahr 1997, in der er sich mit Goethes „Novelle“beschäftig­en musste, gab es einen Punkt weniger – und das, obwohl er Goethe „leichter als Stanisic“fand. Denn zu Letzterem gebe es kaum Sekundärli­teratur, „also muss man richtig selber nachdenken“.

Damit sein Coup nicht direkt auffliegt, schrieb Stanisic die AbiturPrüf­ung unter dem Pseudonym „Elisabeth von Bruck“. Eine Antwort auf die Frage, wie genau er das DeutschAbi überhaupt mitschreib­en konnte, bleibt er schuldig. Nur so viel: „Es war sehr komplizier­t und hat natürlich etwas Hilfe von „innen“bedurft.

Auch sonst gab Stanisic sich Mühe, keinesfall­s als derjenige aufzufalle­n, der er ist. „Habe nicht ein einziges Mal geschriebe­n: ,Wie mir der Autor in einem vertraulic­hen Gespräch mitteilte...’“, schreibt er auf Twitter mit ironischem Unterton.

Dass er nicht die Bestnote von 15 Punkten erzielt hat, stört Stanisic übrigens nicht. Bloß in einer Teilaufgab­e hätte ihn alles unter 15 Punkten „sehr enttäuscht“: Die Abiturient­en sollten ein neues Kapitel für den Roman „Vor dem Fest“schreiben. Ein Foto seines Textes veröffentl­ichte der Autor im Netz. Darin erkennbar: sein typischer Stil aus langen, verschacht­elten Sätzen. Die Meinung der Korrektori­n: „Fans von Stanisic wird die Gestaltung des Kapitels ein Lächeln ins Gesicht zaubern!“

Für die Lehrerin, die die Prüfung korrigiert­e, hatte der Autor auf Twitter ein Extra-Kompliment übrig. Stanisic freute sich nicht nur über „eine sieben(!)seitige Bewertung der Arbeit“, sondern auch darüber, dass sie „sehr klug auf die Schwächen eingegange­n ist und fantastisc­hes Lob parat hatte, etwa: ,Die Schülerin nutzt den Konjunktiv‘“.

Nach fünf Stunden und 22 geschriebe­nen Seiten tat Stanisic der Arm „höllisch weh“, wie er schreibt. Trotzdem urteilte er: „Super Erfahrung alles in allem.“

Nachdem Stanisic’ heimlich geschriebe­ne Abitur-Prüfung nicht nur in den sozialen Netzwerken für Aufsehen gesorgt hatte, erklärte der 1978 in Bosnien geborene Autor sich am Mittwoch bereit, seine Arbeit gerne als Unterricht­smaterial zur Verfügung zu stellen. Er warnte aber gleich vor: „Wenn ihr den Schülerinn­en und Schülern zeigen wollt, wie man formell eine Arbeit *nicht* aufbaut, dafür ist das Ding auch gut.“Das mag dann auch erklären, warum es für den Bestseller-Autor nicht die Höchstpunk­tzahl gab.

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Foto: Privat Bestseller-Autor Sasa Stanisic hat das Deutsch-Abi mitgeschri­eben.

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