Aichacher Nachrichten

Für Leo Clauß geht es hoch hinaus

Der 18-Jährige zeigt nicht nur bei den Kreismeist­erschaften sein Können beim Klettern, sondern auch beim Abitur. Wie sich der Algertshau­ser fit für die Kletterwan­d macht und warum Kraft nicht alles ist

- VON SEBASTIAN RICHLY

Aichach-Algertshau­sen Ein Fehlgriff, eine kleine Unkonzentr­iertheit und Leo Clauß muss wieder von vorne anfangen. Das kostet den 18-Jährigen dann wertvolle Punkte. Der Algertshau­ser weiß genau, worauf es beim Kletterspo­rt ankommt. Seit mehr als fünf Jahren geht er bei der Sektion Aichach des DAV (Deutschen Alpen Vereins) an die Wand. In diesem Jahr feierte er mit dem Sieg bei den Kreismeist­erschaften im Bouldern seinen bisher größten Erfolg.

Insgesamt ist das Jahr 2019 ein erfolgreic­hes für Clauß. Bei den Abiturprüf­ungen lief es für ihn ebenfalls glänzend – Abschlussn­ote 1,2. Und das trotz der von vielen als so schwer empfundene­n Matheprüfu­ng.

„Das war schon schwierige­r als in den Vorjahren, aber mit einer guten Vorbereitu­ng geht das.“Clauß war mit seinen zwölf Punkten jedenfalls zufrieden. Apropos Vorbereitu­ng – die spiele auch beim Klettern eine wichtige Rolle. „Man muss sich die Routen gut einprägen, um möglichst schnell durchzukom­men. Ich habe schon zu spüren bekommen, was passiert, wenn man das zu leicht nimmt.“Denn bei der Disziplin Bouldern, dem Klettern ohne Seil in niedrigere­n Höhen, geht es darum, möglichst viele Routen in möglichst kurzer Zeit zu klettern. Schwere Routen geben mehr Punkte als leichte. Das kann schon einmal anstrengen­d werden. Bei den Kreismeist­erschaften in Aichach war Clauß mehrere Stunden an der Wand: „Natürlich mit Pausen, denn irgendwann lässt die Kraft nach.“ SportPortr­ät Doch auf die pure Kraft komme es beim Klettern nicht an: „Beim Sportklett­ern, also wenn es bis zu 18 Meter hochgeht, spielt die Kraftausda­uer eine wichtige Rolle. Muskulöse Beine sind nicht so gefragt, viel mehr ein kräftiger Oberkörper und Schnellkra­ft, um auch mal springen zu können. Der ganze Körper ist gefordert – das gefällt mir besonders.“Außerdem müsse das Verhältnis von Gewicht und Kraft stimmen. Leo Clauß hat mit seinen 1,73 Metern und rund 60 Kilogramm Körpergewi­cht dafür beste Voraussetz­ungen.

Mit 13 Jahren hat er mit Klettern angefangen und ist dabei geblieben: „Ich war schon als kleines Kind mit meinen Eltern oft in den Bergen. Ich wollte die Sportart schon immer einmal ausprobier­en. Es hat mir auch gleich Spaß gemacht und ich bin dabei geblieben.“Angefangen hat der Algertshau­ser allerdings mit Fußball, später war er dann bei den Leichtathl­eten des TSV Aichach: „Irgendwann habe ich mich dann aufs Klettern fokussiert, weil es mir einfach am meisten Spaß macht. Allerdings hat mir die Leichtathl­etik viel gebracht, etwa meine gute Sprungkraf­t.“Seit einigen Jahren spielt Clauß auch Tennis beim TC Aichach. Dort steht er für die Herren II auf dem Platz. Noch lieber zieht es ihn aber an die Wand. Zwei Mal pro Woche trainiert der 18-Jährige. Das kann bis zu zweieinhal­b Stunden dauern. „Bouldern ist meine Lieblingsd­isziplin.“Ein- bis zwei Mal im Monat wagt sich Clauß aber auch in höhere Sphären. Dann klettert er in Augsburg. Dort geht es bis zu 18 Meter hoch. Diese Variante nennt sich Sportklett­ern und hier werden die Sportler gesichert. Im Sommer geht es für Clauß aber immer öfter auch raus aus der Halle, dann klettert er gerne an Felsen mit Vorstieg. Das bringt eine zusätzlich­e Herausford­erung mit sich: „Man muss sich selber mit einem Karabinerh­aken sichern und fällt auch mal ein paar Meter. Man braucht eine ruhige Hand und der Nervenkitz­el ist natürlich um ein Vielfaches höher. Oft weiß man auch nicht, wie es weitergeht, das macht einen zusätzlich­en Reiz aus.“Im Hochgebirg­e war er allerdings noch nicht unterwegs: „Das wäre etwas für die Zukunft. Am liebsten vielleicht im Yosemite-Gebirge (USA).“

Dafür sind neben Kraft aber auch noch andere Eigenschaf­ten gefragt, erklärt Clauß: „Beim Klettern muss man hartnäckig sein. Oft muss man eine Route öfters bewältigen, bis man sie geschafft hat. Von Misserfolg­en darf man sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Wichtig ist es, sein Ziel zu verfolgen, bis man es geschafft hat.“Wichtig sei aber auch der Spaß. „Wenn der nicht da ist, kann man es sein lassen.“Und Höhenangst ist natürlich fehl am Platz: „Beim Bouldern geht es noch, aber sobald es höher geht, wäre das hinderlich. Es ist äußerst ungünstig, wenn jemand an der Wand in Panik gerät.“Furchtlos ist aber auch Clauß nicht: „Natürlich hat man eine gewisse Angst vor dem Fallen, das geht wohl jedem so. Die Frage ist, wie man damit umgeht“, so der 18-Jährige, der künftig auch bei deutschlan­dweiten Wettbewerb­en antreten möchte, wenn es die Zeit erlaubt. Ab Oktober wird er ein freiwillig­es Jahr bei der Bundeswehr absolviere­n, danach studieren. „Jura und Wirtschaft­singeurwes­en interessie­ren mich, aber ich brauche noch etwas Bedenkzeit. Egal wo ich dann einmal studieren werde, ich hoffe, es gibt eine Kletterhal­le in der Nähe.“

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Am liebsten trainiert der 18-Jährige in der Boulderhal­le der DAV-Sektion Aichach. Ab und an wagt sich der Algertshau­ser aber auch höher hinaus.
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Fotos: Sebastian Richly Was hier nach abhängen aussieht, ist für Leo Clauß in Wahrheit sehr anstrengen­d. Denn beim Klettern ist der ganze Körper gefordert.

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