Für Leo Clauß geht es hoch hinaus
Der 18-Jährige zeigt nicht nur bei den Kreismeisterschaften sein Können beim Klettern, sondern auch beim Abitur. Wie sich der Algertshauser fit für die Kletterwand macht und warum Kraft nicht alles ist
Aichach-Algertshausen Ein Fehlgriff, eine kleine Unkonzentriertheit und Leo Clauß muss wieder von vorne anfangen. Das kostet den 18-Jährigen dann wertvolle Punkte. Der Algertshauser weiß genau, worauf es beim Klettersport ankommt. Seit mehr als fünf Jahren geht er bei der Sektion Aichach des DAV (Deutschen Alpen Vereins) an die Wand. In diesem Jahr feierte er mit dem Sieg bei den Kreismeisterschaften im Bouldern seinen bisher größten Erfolg.
Insgesamt ist das Jahr 2019 ein erfolgreiches für Clauß. Bei den Abiturprüfungen lief es für ihn ebenfalls glänzend – Abschlussnote 1,2. Und das trotz der von vielen als so schwer empfundenen Matheprüfung.
„Das war schon schwieriger als in den Vorjahren, aber mit einer guten Vorbereitung geht das.“Clauß war mit seinen zwölf Punkten jedenfalls zufrieden. Apropos Vorbereitung – die spiele auch beim Klettern eine wichtige Rolle. „Man muss sich die Routen gut einprägen, um möglichst schnell durchzukommen. Ich habe schon zu spüren bekommen, was passiert, wenn man das zu leicht nimmt.“Denn bei der Disziplin Bouldern, dem Klettern ohne Seil in niedrigeren Höhen, geht es darum, möglichst viele Routen in möglichst kurzer Zeit zu klettern. Schwere Routen geben mehr Punkte als leichte. Das kann schon einmal anstrengend werden. Bei den Kreismeisterschaften in Aichach war Clauß mehrere Stunden an der Wand: „Natürlich mit Pausen, denn irgendwann lässt die Kraft nach.“ SportPorträt Doch auf die pure Kraft komme es beim Klettern nicht an: „Beim Sportklettern, also wenn es bis zu 18 Meter hochgeht, spielt die Kraftausdauer eine wichtige Rolle. Muskulöse Beine sind nicht so gefragt, viel mehr ein kräftiger Oberkörper und Schnellkraft, um auch mal springen zu können. Der ganze Körper ist gefordert – das gefällt mir besonders.“Außerdem müsse das Verhältnis von Gewicht und Kraft stimmen. Leo Clauß hat mit seinen 1,73 Metern und rund 60 Kilogramm Körpergewicht dafür beste Voraussetzungen.
Mit 13 Jahren hat er mit Klettern angefangen und ist dabei geblieben: „Ich war schon als kleines Kind mit meinen Eltern oft in den Bergen. Ich wollte die Sportart schon immer einmal ausprobieren. Es hat mir auch gleich Spaß gemacht und ich bin dabei geblieben.“Angefangen hat der Algertshauser allerdings mit Fußball, später war er dann bei den Leichtathleten des TSV Aichach: „Irgendwann habe ich mich dann aufs Klettern fokussiert, weil es mir einfach am meisten Spaß macht. Allerdings hat mir die Leichtathletik viel gebracht, etwa meine gute Sprungkraft.“Seit einigen Jahren spielt Clauß auch Tennis beim TC Aichach. Dort steht er für die Herren II auf dem Platz. Noch lieber zieht es ihn aber an die Wand. Zwei Mal pro Woche trainiert der 18-Jährige. Das kann bis zu zweieinhalb Stunden dauern. „Bouldern ist meine Lieblingsdisziplin.“Ein- bis zwei Mal im Monat wagt sich Clauß aber auch in höhere Sphären. Dann klettert er in Augsburg. Dort geht es bis zu 18 Meter hoch. Diese Variante nennt sich Sportklettern und hier werden die Sportler gesichert. Im Sommer geht es für Clauß aber immer öfter auch raus aus der Halle, dann klettert er gerne an Felsen mit Vorstieg. Das bringt eine zusätzliche Herausforderung mit sich: „Man muss sich selber mit einem Karabinerhaken sichern und fällt auch mal ein paar Meter. Man braucht eine ruhige Hand und der Nervenkitzel ist natürlich um ein Vielfaches höher. Oft weiß man auch nicht, wie es weitergeht, das macht einen zusätzlichen Reiz aus.“Im Hochgebirge war er allerdings noch nicht unterwegs: „Das wäre etwas für die Zukunft. Am liebsten vielleicht im Yosemite-Gebirge (USA).“
Dafür sind neben Kraft aber auch noch andere Eigenschaften gefragt, erklärt Clauß: „Beim Klettern muss man hartnäckig sein. Oft muss man eine Route öfters bewältigen, bis man sie geschafft hat. Von Misserfolgen darf man sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Wichtig ist es, sein Ziel zu verfolgen, bis man es geschafft hat.“Wichtig sei aber auch der Spaß. „Wenn der nicht da ist, kann man es sein lassen.“Und Höhenangst ist natürlich fehl am Platz: „Beim Bouldern geht es noch, aber sobald es höher geht, wäre das hinderlich. Es ist äußerst ungünstig, wenn jemand an der Wand in Panik gerät.“Furchtlos ist aber auch Clauß nicht: „Natürlich hat man eine gewisse Angst vor dem Fallen, das geht wohl jedem so. Die Frage ist, wie man damit umgeht“, so der 18-Jährige, der künftig auch bei deutschlandweiten Wettbewerben antreten möchte, wenn es die Zeit erlaubt. Ab Oktober wird er ein freiwilliges Jahr bei der Bundeswehr absolvieren, danach studieren. „Jura und Wirtschaftsingeurwesen interessieren mich, aber ich brauche noch etwas Bedenkzeit. Egal wo ich dann einmal studieren werde, ich hoffe, es gibt eine Kletterhalle in der Nähe.“