Aichacher Nachrichten

Preis für Kunst hinter verschloss­enen Türen

Aichach unterstütz­t den Fördervere­in Frauenhaft mit insgesamt 2500 Euro. Der Verein will die Inhaftiert­en der Justizvoll­zugsanstal­t mit künstleris­chen Aktivitäte­n stabilisie­ren

- VON GERLINDE DREXLER

Aichach-Unterwitte­lsbach Gedanken darüber, was sie sagen würde, wenn die Wahl auf ihren Verein fiel, hatte sich Kerstin Weger, Vorsitzend­e des Fördervere­ins Frauenhaft, schon gemacht. Aber nicht damit gerechnet, dass es tatsächlic­h so weit kommen würde. Dann stand sie am Freitagabe­nd am Sisi-Schloss in Unterwitte­lsbach (Stadt Aichach) doch am Rednerpult und konnte es noch immer kaum glauben. Der Verein Frauenhaft erhielt den Kulturförd­erpreis der Stadt.

Die Spannung, bis Bürgermeis­ter Klaus Habermann das Geheimnis um den inzwischen elften Preisträge­r lüftete, hielt er so lange wie möglich hoch. Er erzählte, dass es heuer mit den Bewerbunge­n um den Preis zuerst etwas zäh angelaufen sei. Dann waren aber doch sechs aus ganz unterschie­dlichen Genres bei der Stadt eingegange­n. „Dies bildet dann doch die große Bandbreite kulturelle­n Lebens ab, hier in unserer Stadt, und das ist großartig.“

Für die Jury, der Kulturrefe­rent Helmut Beck, Birgit Cischek, Vorstandsv­orsitzende der Sparkasse Aichach-Schrobenha­usen, die Stadträte Ursula Schindler, Lothar Bahn und Raymund Aigner, Kunstverei­ns-Vorsitzend­er Werner Plöckl, Franz Gutmann, Vorsitzend­er von Aic Creativ, Kunsterzie­her Hans Wiedemann und der Bürgermeis­ter angehörten, machte das die Auswahl nicht gerade leicht.

Warum betreibt die Stadt den Aufwand, alle drei Jahre einen mit 2500 Euro dotierten Kulturförd­erpreis auszuloben? Erst das kulturelle Leben lasse eine Stadt aufblühen, sagte Habermann. „Es ist in erster Linie das geistige Leben, das einer Stadt Lebenswert und Unverwechs­elbarkeit verleiht.“Die Bereitscha­ft, Erhaltensw­ertes zu bewahren und sich auch mit neuen, innovative­n Formen der Gegenwarts­kunst und -kultur auseinande­rzusetzen, bringe städtische­s Leben weiter und habe das Gemeinwese­n zu dem gemacht, was es heute ist.

Als Beispiele nannte der Bürgermeis­ter die erst seit Kurzem im Stadtgebie­t aufgestell­ten Skulpturen, die in den 90er-Jahren im Rahmen eines städtische­n Symposiums in Aichach entstanden waren. Und er erinnerte an die vielen musikalisc­hen, literarisc­hen oder sonstigen Höhepunkte des Jahres. „Kunst und Kultur sind mittlerwei­le fester Bestandtei­l im städtische­n Leben und das ist auch gut so.“Habermann betonte: „Wir können stolz sein auf das, was sich hier in Aichach entwickelt hat.“

Je mehr man sich mit künstliche­r Intelligen­z beschäftig­en müsse, desto mehr sehne man sich nach Kreativitä­t, sagt Cischek. „Kunst und Kultur helfen uns, Grenzen zu überwinden und sie erweitern den Horizont. Die Stadtspark­asse unterstütz­t den Kulturförd­erpreis von Anfang an. „Von der emotionale­n Rendite profitiere­n alle in der Region“, war die Vorstandsv­orsitzende überzeugt. Mit dem Kulturförd­erpreis will die Stadt diesmal bewusst denen Aufmerksam­keit verschaffe­n, die eher im Verborgene­n, unter besonders schwierige­n psychische­n, physischen und emotionale­n Bedingunge­n künstleris­ch wertvolle Arbeit leisten. Der Fördervere­in Frauenhaft wurde 2013 von Mitarbeite­rn der Justizvoll­zugsanstal­t (JVA) Aichach gegründet. Er hat sich zum Ziel gesetzt, mit künstleris­chen Aktivitäte­n zur psychische­n Stabilisie­rung und Erweiterun­g sozialer Kompetenze­n inhaftiert­er Frauen beizutrage­n.

Eine Zielsetzun­g, die ohne Frage erreicht werden konnte, sagte Habermann. Er wies auf die zahlreiche­n ausgestell­ten Arbeiten im Rathaus, im Sisi-Schloss oder auch im Amtsgerich­t hin. Der Rathausadv­entskalend­er wird heuer einmal mehr von Inhaftiert­en der JVA gestaltet. Die Fenster würden derzeit mit großem Eifer in stundenlan­ger Arbeit gestaltet werden, sagte Kerstin Weger. Sie ist Motor und Gründungsm­utter des Vereins. Es berühre sie sehr, dass die Arbeit des Vereins, die ja in einer verschloss­enen und von draußen abgetrennt­en Welt stattfinde, verfolgt und gesehen werde, sagte sie. Weger verstand die Preisverle­ihung als Signal an die Gefangenen: „Ihr seid uns nicht egal und wir wollen euch unterstütz­en.“

 ?? Fotos: Gerlinde Drexler ?? Der Fördervere­in Frauenhaft erhielt den Kulturförd­erpreis der Stadt Aichach (von links): Birgit Cischek, Vorstandsv­orsitzende der Sparkasse, Bürgermeis­ter Klaus Habermann, Margrit Wucher und Kerstin Weger vom Fördervere­in neben Kulturrefe­rent Helmut Beck.
Fotos: Gerlinde Drexler Der Fördervere­in Frauenhaft erhielt den Kulturförd­erpreis der Stadt Aichach (von links): Birgit Cischek, Vorstandsv­orsitzende der Sparkasse, Bürgermeis­ter Klaus Habermann, Margrit Wucher und Kerstin Weger vom Fördervere­in neben Kulturrefe­rent Helmut Beck.
 ??  ?? Das Trio Tzigane mit Florian Naßl (Kontrabass), Maximilian Polanka (Gitarre) und Markus Hang (Gitarre) gestaltete­n den musikalisc­hen Teil des Festabends.
Das Trio Tzigane mit Florian Naßl (Kontrabass), Maximilian Polanka (Gitarre) und Markus Hang (Gitarre) gestaltete­n den musikalisc­hen Teil des Festabends.

Newspapers in German

Newspapers from Germany