Strohdusche im Schweinehotel
Im Stall des Steinacher Landwirts Josef Gelb können sich die Tiere bei höchsten Umwelt- und Tierwohlstandards sauwohl fühlen. Erst nach drei Jahren hat sich ein Markt gefunden
Merching-Steinach Seine Schweine leben wie in einem wahren Luxushotel. Fußbodenheizung, Dusche und sogar Eukalyptuspulver und warmes Wasser bei Husten sind nur ein paar der Wohltaten, die die grunzenden Vierbeiner im Laufe ihres Schweinelebens genießen können. Landwirt Josef Gelb hat mit einem „Schweinehotel“in Steinach und weit darüber hinaus für Furore gesorgt. Presse und Politik loben den innovativen Schweinestall, den der Landwirt im September 2016 mit Sohn Josef eröffnet hat. Er war anfangs in Bayern einzigartig, jetzt hat es zwei oder drei Nachahmer gefunden. Inzwischen hält der Landwirt in ganz Deutschland Vorträge, in denen er für die TierwohlSchweinehaltung wirbt. „Ich glaube einfach, man muss viel mehr aufklären,“sagt der 58-Jährige. Ehefrau Sophie und die Töchter Elisabeth und Katharina unterstützen „ihre Männer“, wo sie können.
Im „Schweinehotel“der Gelbs herrscht großes Getümmel. 1400
Mastschweine toben, erkunden, spielen und wühlen. Wenn Gelb erst das automatische Einstreusystem anschmeißt und das Stroh von der Decke rieselt, rennen die Tiere förmlich ins Innere. „Das Stroh dient den Tieren als Spielzeug, bringt Liegekomfort und ist gleichzeitig Futter“, erklärt Gelb. „Meine Schweinehaltung hat vier große Vorteile: mehr Platz, Auslauf, Stroh und genfreie Ernährung.“Sein Sohn ergänzt: „Wir erhalten alles, was wir zukaufen, aus der Region und verkaufen alles in der Region.“So gibt es keine langen Wege. Die Schweine werden mit dem eigenen Hänger zu den Abnehmern gefahren. Für ihn ganz wichtig: „Unseren Schweinen soll es bis zur Schlachtung gut gehen.“Wenn sie stressfrei und artgerecht gehalten werden, sei die Qualität des Fleisches besser.
Um den Tieren das Leben angenehm zu gestalten, gibt es zum Beispiel eine beheizbare Tränke, Spielzeug, eine Dusche oder eine Fußbodenheizung. Stroh steht im Mittelpunkt. Es mache die Schweine glücklicher, so der Landwirt. Und sein Sohn ergänzt: „Wir haben hier in Deutschland als Landwirte die strengsten Auflagen der Welt.“So hätten sich die Produktionskosten zuletzt verdreifacht.
All das bedeutet einen höheren Fleischpreis. Ein Landwirt bekommt 1,50 Euro pro Kilogramm. Bei Gelb sind es 40 Cent mehr. „Am Anfang sind viele Metzger vor dem Preis zurückgeschreckt“, so Gelb. Bereut hat er es aber nie. Anfangs hat Gelb draufgezahlt, „aber ich stand immer 100-prozentig hinter meinem Konzept“. Seit einiger Zeit laufen die Geschäfte besser. „Zehn Metzger beliefere ich jetzt fest“, sagt Gelb. Unter anderem bekommt man das Fleisch bei der Metzgerei Reich in Mering und Kissing, beim Gasthof Huber in Steinach, beim Gasthof Goldener Stern in Rohrbach, in St. Ottilien, beim Eberl in Hattenhofen, bei der Metzgerei Moser in Landsberg, bei der Metzgerei Willibald in Odelzhausen, Riegele in Augsburg oder Pschorr in Fuchstal.
Angebote, an Supermarktketten zu liefern, gab es zwar schon früh, erzählt der Landwirt. Die habe er aber alle abgelehnt. Daran ändert auch die freiwillige Kennzeichnung von Fleischprodukten, wie sie die Großhandelsketten eingeführt haben, nichts. Zum einen, weil Gelb sich wegen der langen Transportwege von seinem Grundsatz der Regionalität verabschieden müsste. Zum anderen, weil er findet, dass die Supermärkte weiterhin „die Verbraucher an der Nase herumführen“. So gibt ihm ein Prospekt einer Großhandelskette Rätsel auf. Von Tierwohl-Fleisch ist da die Rede und der Kennzeichnung 1. „1 steht aber für Standardtierhaltung, das ist ja wohl ein Scherz“, entrüstet er sich.
Gerne zitiert Gelb aus einer Studie, dass 80 Prozent der Verbraucher mehr Geld für besseres Fleisch ausgeben würden. Eine andere Studie besagt, dass das aber nur 15 Prozent der Verbraucher praktizieren. „Das ist zum Beispiel auch ein Grund, warum ich mich nicht als Bio zertifizieren habe lassen“, erklärt der Landwirt. Dann nämlich wäre das Fleisch noch teurer. „Und ich will gute Qualität zu einem annehmbaren Preis anbieten.“