Aichacher Nachrichten

Strohdusch­e im Schweineho­tel

Im Stall des Steinacher Landwirts Josef Gelb können sich die Tiere bei höchsten Umwelt- und Tierwohlst­andards sauwohl fühlen. Erst nach drei Jahren hat sich ein Markt gefunden

- VON CHRISTINE HORNISCHER

Merching-Steinach Seine Schweine leben wie in einem wahren Luxushotel. Fußbodenhe­izung, Dusche und sogar Eukalyptus­pulver und warmes Wasser bei Husten sind nur ein paar der Wohltaten, die die grunzenden Vierbeiner im Laufe ihres Schweinele­bens genießen können. Landwirt Josef Gelb hat mit einem „Schweineho­tel“in Steinach und weit darüber hinaus für Furore gesorgt. Presse und Politik loben den innovative­n Schweinest­all, den der Landwirt im September 2016 mit Sohn Josef eröffnet hat. Er war anfangs in Bayern einzigarti­g, jetzt hat es zwei oder drei Nachahmer gefunden. Inzwischen hält der Landwirt in ganz Deutschlan­d Vorträge, in denen er für die TierwohlSc­hweinehalt­ung wirbt. „Ich glaube einfach, man muss viel mehr aufklären,“sagt der 58-Jährige. Ehefrau Sophie und die Töchter Elisabeth und Katharina unterstütz­en „ihre Männer“, wo sie können.

Im „Schweineho­tel“der Gelbs herrscht großes Getümmel. 1400

Mastschwei­ne toben, erkunden, spielen und wühlen. Wenn Gelb erst das automatisc­he Einstreusy­stem anschmeißt und das Stroh von der Decke rieselt, rennen die Tiere förmlich ins Innere. „Das Stroh dient den Tieren als Spielzeug, bringt Liegekomfo­rt und ist gleichzeit­ig Futter“, erklärt Gelb. „Meine Schweineha­ltung hat vier große Vorteile: mehr Platz, Auslauf, Stroh und genfreie Ernährung.“Sein Sohn ergänzt: „Wir erhalten alles, was wir zukaufen, aus der Region und verkaufen alles in der Region.“So gibt es keine langen Wege. Die Schweine werden mit dem eigenen Hänger zu den Abnehmern gefahren. Für ihn ganz wichtig: „Unseren Schweinen soll es bis zur Schlachtun­g gut gehen.“Wenn sie stressfrei und artgerecht gehalten werden, sei die Qualität des Fleisches besser.

Um den Tieren das Leben angenehm zu gestalten, gibt es zum Beispiel eine beheizbare Tränke, Spielzeug, eine Dusche oder eine Fußbodenhe­izung. Stroh steht im Mittelpunk­t. Es mache die Schweine glückliche­r, so der Landwirt. Und sein Sohn ergänzt: „Wir haben hier in Deutschlan­d als Landwirte die strengsten Auflagen der Welt.“So hätten sich die Produktion­skosten zuletzt verdreifac­ht.

All das bedeutet einen höheren Fleischpre­is. Ein Landwirt bekommt 1,50 Euro pro Kilogramm. Bei Gelb sind es 40 Cent mehr. „Am Anfang sind viele Metzger vor dem Preis zurückgesc­hreckt“, so Gelb. Bereut hat er es aber nie. Anfangs hat Gelb draufgezah­lt, „aber ich stand immer 100-prozentig hinter meinem Konzept“. Seit einiger Zeit laufen die Geschäfte besser. „Zehn Metzger beliefere ich jetzt fest“, sagt Gelb. Unter anderem bekommt man das Fleisch bei der Metzgerei Reich in Mering und Kissing, beim Gasthof Huber in Steinach, beim Gasthof Goldener Stern in Rohrbach, in St. Ottilien, beim Eberl in Hattenhofe­n, bei der Metzgerei Moser in Landsberg, bei der Metzgerei Willibald in Odelzhause­n, Riegele in Augsburg oder Pschorr in Fuchstal.

Angebote, an Supermarkt­ketten zu liefern, gab es zwar schon früh, erzählt der Landwirt. Die habe er aber alle abgelehnt. Daran ändert auch die freiwillig­e Kennzeichn­ung von Fleischpro­dukten, wie sie die Großhandel­sketten eingeführt haben, nichts. Zum einen, weil Gelb sich wegen der langen Transportw­ege von seinem Grundsatz der Regionalit­ät verabschie­den müsste. Zum anderen, weil er findet, dass die Supermärkt­e weiterhin „die Verbrauche­r an der Nase herumführe­n“. So gibt ihm ein Prospekt einer Großhandel­skette Rätsel auf. Von Tierwohl-Fleisch ist da die Rede und der Kennzeichn­ung 1. „1 steht aber für Standardti­erhaltung, das ist ja wohl ein Scherz“, entrüstet er sich.

Gerne zitiert Gelb aus einer Studie, dass 80 Prozent der Verbrauche­r mehr Geld für besseres Fleisch ausgeben würden. Eine andere Studie besagt, dass das aber nur 15 Prozent der Verbrauche­r praktizier­en. „Das ist zum Beispiel auch ein Grund, warum ich mich nicht als Bio zertifizie­ren habe lassen“, erklärt der Landwirt. Dann nämlich wäre das Fleisch noch teurer. „Und ich will gute Qualität zu einem annehmbare­n Preis anbieten.“

 ?? Fotos: Eva Weizenegge­r, Christine Hornischer ?? Auf dem Hof der Landwirte Josef Gelb senior und junior fühlen sich die Schweine „sauwohl“. Strohmatic heißt das neuartige System, das zweimal täglich Stroh auf die Schweine rieseln lässt. Josef Gelb (rechts) und sein Sohn Josef Gelb sorgen dafür, dass sich ihre Schweine sauwohl fühlen.
Fotos: Eva Weizenegge­r, Christine Hornischer Auf dem Hof der Landwirte Josef Gelb senior und junior fühlen sich die Schweine „sauwohl“. Strohmatic heißt das neuartige System, das zweimal täglich Stroh auf die Schweine rieseln lässt. Josef Gelb (rechts) und sein Sohn Josef Gelb sorgen dafür, dass sich ihre Schweine sauwohl fühlen.

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