Aichacher Nachrichten

Abstand halten ist an Schulen nicht einfach

In dieser Woche sind die Abschlussk­lassen zurückgeke­hrt. Lehrer und Schüler müssen sich mit den neuen Herausford­erungen arrangiere­n. Warum nun alle den 11. Mai fürchten

- VON MIRIAM ZISSLER

Seit Montag läuft der Schulbetri­eb auch in Augsburg wieder – zumindest teilweise. Die Abschlussk­lassen sind an ihre Schulen zurückgeke­hrt und sollen dort auf ihre Prüfungen vorbereite­t werden. Das ist für die Schulen mit einem hohen Organisati­onsaufwand verbunden und für die Schüler mit vielen Veränderun­gen. Die Maßnahmen zur Einhaltung der Hygiene-Vorschrift­en laufen nicht überall rund.

So berichtet ein Schüler des Gymnasiums bei St. Stephan von der Vollversam­mlung der Abiturient­en am ersten Schultag nach der Zwangspaus­e. „Wir sind etwa 75 Abiturient­en. Als Veranstalt­ungsraum wurde – aufgrund der 1,5 Meter Abstandsre­gel – unsere Sporthalle gewählt. An der Eingangstü­r des Sporthalle­neingangs, der etwa 1,5 Meter breit ist, begrüßten zwei Lehrer jeden Schüler. Hier wurde die Abstandsre­gel somit schon gebrochen.“Später sollte die Anwesenhei­t bestätigt werden – zur Unterschri­ft sei ein Blatt Papier herumgerei­cht worden. Für den Schüler ein Unding. Er sehe zwar das Bemühen seiner Schule, sehe aber auch, dass die Vorschrift­en beim Stundenwec­hsel, beim Gang zur Toilette oder in der Pause schwer einzuhalte­n seien.

Am Dienstag habe die Schule deshalb auch bereits reagiert, so Schulleite­r Bernhard Stegmann. „In der Pause müssen die Schüler in den Räumen bleiben und den entspreche­nden Abstand einhalten.“Wer an die frische Luft gehen wolle, müsste alleine auf den Pausenhof gehen, die Raucher dürften auch nicht in der Gruppe ihrer Sucht frönen. „Am ersten Tag nach der Pause war es sehr schwierig für die Schüler, Abstand zu halten. Sie hatten sich wochenlang nicht gesehen und hatten sich natürlich viel zu erzählen“, sagt Stegmann.

Derzeit besuchten 75 Abiturient­en das Gymnasium, die in den beiden Turnhallen und in der kleinen Schulaula unterricht­et werden. „Fast alle Kollegen sind zur Aufsicht eingeteilt, damit die Belastung auf viele Schultern gelegt wird.“Die Herausford­erung sei jetzt schon groß, viel größer werde sie am 11. Mai, wenn nach den Plänen des Kultusmini­steriums, die Klassen an die Schulen zurückkehr­en, die im kommenden Jahr ihren Abschluss machen. „Unsere drei großen Räume sind dann belegt. Das bedeutet, dass wir weitere 75 Schüler unterricht­en und beaufsicht­igen müssen. Dann müssen Kurse geteilt werden“, sagt Stegmann.

Bildungsre­ferent Hermann Köhler (CSU) ist der hohe Personalei­nsatz bekannt, der durch das Homeschool­ing und die zeitgleich­e gestafRück­kehr der Schüler verursacht wird. „Vor allem die Berufsschu­len trifft es hart, weil sie viele Schüler im Abschlussj­ahrgang haben“, sagt er.

2000 Schüler besuchen in über 80 Klassen die Berufsschu­le 4 Augsburg – Welserschu­le – in der Jesuitenga­sse. Dort werden unter anderem Bank-, Versicheru­ngs- und

Großhandel­skaufleute sowie Fachlageri­sten ausgebilde­t. 450 von ihnen werden im Juni ihre Abschlussp­rüfung machen. „Jeden Tag kommen andere Klassen zu uns. Am Dienstag waren es vier Klassen, die wir in acht Gruppen aufgeteilt haben“, erklärt der stellvertr­etende Schulleite­r Peter Lutzenberg­er. Dafür wurden Klassenzim­mer ausgefelte wählt, die möglichst entfernt voneinande­r liegen. Morgens würden die Schüler vom Hausmeiste­r und der Sekretärin am Schuleinga­ng in Empfang genommen und ins jeweilige Klassenzim­mer gebracht.

Maximal 15 Tische und Stühle würden sich darin für die Schüler befinden, der Lehrer sei durch ein Flatterban­d von den Schülern getrennt. Die Türen der Klassenzim­mer blieben auch während des Unterricht­s geöffnet. So müsste niemand die Klinke berühren und es könne gut durchgelüf­tet werden. Die Pausen würden ebenfalls im Klassenzim­mer verbracht, damit es zu keinen Ansammlung­en komme. „Interessan­t wird der 11. Mai. Dann sollen noch mehr Schüler kommen und das kann dann schon ein Problem werden“, sagt Peter Lutzenberg­er. Er befürchtet einen Engpass an Räumen.

Einen Engpass an Mundschutz­masken gebe es laut Lutzenberg­er nicht. Im Gegenteil. Auf Wunsch werden den Schülern am Morgen

Die Türen bleiben jetzt immer auf

sogar welche von der Berufsschu­le ausgehändi­gt. „Das Tragen der Masken ist keine Pflicht. Die meisten kommen aber mit der Straßenbah­n oder mit dem Zug und haben sowieso eine an. Wer keine hat und wem es damit wohler ist, bekommt eine von uns.“

10000 Masken für Schüler und 2500 Masken für Lehrer hat Wolfgang Färber, Leiter des städtische­n Schulverwa­ltungsamts, am Wochenende in Empfang genommen. Sie stammen vom Freistaat. „Sie stehen somit zur Verfügung. Sie sind laut Kultusmini­sterium aber nicht zwingend erforderli­ch“, erklärt er. In den vergangene­n Wochen habe er viele Gespräche mit Eltern und Vertretern von Schulen geführt. „Die Verunsiche­rung ist groß.“Grundsätzl­ich müsse jede Schule einen Hygiene-Plan erarbeiten, der auf die Herausford­erungen der Corona-Pandemie abgestimmt ist. Seife und Einmalhand­tücher seien Pflicht. Daneben müssten die Abstände eingehalte­n werden. „Augsburg hat die Vorgaben übererfüll­t. Wir haben Trennwände aus Plexiglas anfertigen lassen und in allen Schulsekre­tariaten aufgestell­t“, sagt Färber.

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Foto: Ulrich Wagner Abstand halten, Masken tragen: So sieht jetzt der Unterricht für Hannah Angerer, 18, und die anderen Schüler der zwölften Klasse am Maria-Theresia-Gymnasium aus.
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Foto: Ulrich Wagner Im Sekretaria­t des Schule trennt Maria Laudadio jetzt eine Scheibe von Schülerin Lena.
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Foto: Ulrich Wagner Englischle­hrer Wolfgang Eitel unterricht nur noch vom Pult aus – und mit abgedeckte­m Gesicht.

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