Aichacher Nachrichten

Passion Christi als Grabstein

Aichach im Mittelalte­r: Das Relief des Bürgers Stiglmeir / Serie (3)

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Aichach Das Aichacher Stadtmuseu­m stellt in einer kleinen Serie Objekte vor, die bei der Landesauss­tellung in Friedberg zu sehen sein werden oder inhaltlich in enger Beziehung mit der Ausstellun­g stehen und parallel in Aichach gezeigt werden: Heute das Grabrelief des Aichachers Stiglmeir.

Das Relief ist im Treppenauf­gang des Stadtmuseu­ms Aichach zu finden. Obgleich der feine Sandstein stark verwittert und beschädigt ist, erzählt er eindrucksv­oll die Passion Christi. Zugleich wirft das Relief einen Blick in die mittelalte­rliche Stadt Aichach. Anfertigen ließ sich dieses Relief im Jahr 1388 der Aichacher Bürger Stiglmeir für das gemeinsame Grab mit seiner Ehefrau.

Infrage kommen mehrere Stiglmeir, die zu dieser Zeit in Aichach gelebt und gewirkt haben. Klar ist nur, dass es sich um eine einflussre­iche und wohlhabend­e Bürgerfami­lie aus Aichach gehandelt hat. Es zeugt auch von einem besonderen Selbstvers­tändnis dieser Familie, sich für ihr Grab einen solchen Grabstein anfertigen zu lassen. Dies war nicht nur mit großen finanziell­en Ausgaben, sondern auch mit einem erhebliche­n Aufwand verbunden. Der Naturstein musste von außerhalb nach Aichach transporti­ert, hier von einem Steinmetz bearbeitet und kunstvoll herausgear­beitet und schließlic­h aufgestell­t werden.

Unterteilt in vier gleich große Bildzonen bilden die Begrenzung­sstege ein gleichseit­iges Kreuz. Seltsamerw­eise ist die zyklische Abfolge nicht von links oben nach rechts unten zu lesen, sondern im Uhrzeigers­inn von links oben nach links unten. Beginnend mit der Szene „Christus am Ölberg“sieht man Jesus aufrecht kniend in der linken Bildhälfte, während auf der rechten Seite drei Apostel, Petrus, Johannes und Jakobus, in langen, wallenden Gewändern vor einer Landschaft­skulisse sitzen und dabei schlafen.

Die Darstellun­g der Kreuzigung dagegen gehört zu den wichtigste­n Themen der christlich­en Kunst. Christus ist auch hier wieder die dominieren­de Figur, dessen Körper abgezehrt am Kreuz hängt. Jesus wendet sein gesenktes Haupt Maria zu seiner Rechten zu, Johannes steht auf seiner anderen Seite.

Im dritten Feld wird die Grablegung dargestell­t, also der Abschied vom Toten am Grab. Leider fehlt nahezu ein Drittel dieses Reliefs, weswegen man nur mutmaßen kann, wer sich um den Leichnam versammelt hat. Die noch erkennbare­n Begleitper­sonen des in Leinen eingewicke­lten Jesu dürften Johannes und Maria mit den gefalteten Händen sein. Die Auferstehu­ng Christi ist als Kernstück der christlich­en Religion häufig dargestell­t worden. Christus entsteigt hier gerade dem Steinsarko­phag, wobei das Totengewan­d seinen Körper in einer Art Toga umhüllt.

Die ungewöhnli­che kompositio­nelle Anordnung der vier Szenen ergibt sowohl die Form eines Kreuzes als auch die Form eines Kreises. Vielleicht war dies ein Hinweis auf die Symbolik der Totenlitur­gie, den Kreislauf von Leben und Sterben, von Erlösung durch das Kreuz und Auferstehu­ng, so wie man es heute noch feiert.

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Foto: Franz Achter Der Grabstein des Ehepaars Stiglmeir im Stadtmuseu­m.

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