Aichacher Nachrichten

Ja, wir wollen. Aber nicht so wie derzeit

Viele Paare verschiebe­n derzeit ihre Hochzeit. Denn die gesetzlich­en Regeln, die die Ausbreitun­g des Virus eindämmen sollen, lassen Feiern im großen Stil mit Gästen nicht zu

- VON ALICE LAURIA UND MARLENE WEYERER

Aichach-Friedberg So richtig begriffen hat es Jessica Rieger erst, als der Junggesell­innenabsch­ied abgesagt wurde: Ihre Hochzeit findet fürs Erste nicht statt. Am 13. Juni sollte die kirchliche Traumhochz­eit von ihr und Florian Rieger aus dem Hollenbach­er Ortsteil Mainbach stattfinde­n. Nach ihrem standesamt­lichen Jawort am 13. Dezember 2019 sollte es, genau ein halbes Jahr später, der schönste Tag ihres Lebens werden. Doch die Corona-Krise hat dem jungen Paar einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Zu Beginn der Ausgangsbe­schränkung­en im März fingen die Zweifel langsam an, ob die Hochzeit in der Pfarrkirch­e St. Petrus in Sielenbach wie geplant stattfinde­n können würde. Die Einladunge­n an die 120 Gäste waren bereits Ende 2019 verschickt worden, mit der Bitte, bis spätestens Mitte April 2020 zuoder abzusagen. Diese Entscheidu­ng haben die Riegers ihren Gästen nun abgenommen. Anfang April stand fest: Die Hochzeit kann nicht wie geplant stattfinde­n. „Da sind schon ein paar Tränen geflossen“, sagt Jessica Rieger.

Mit der Absage der Hochzeit sind die Riegers nicht allein. Laut dem Leiter des Standesamt­es in Aichach, Manfred Listl, wird derzeit im Schnitt jede zweite Hochzeit abgesagt. „Häufig verschiebe­n die Paare die Hochzeit um ein ganzes Jahr nach hinten.“Im Standesamt darf zwar weiterhin geheiratet werden, inklusive des Brautpaare­s dürfen aber nur zehn Leute dabei sein. Die beiden Trauzeugen und ein paar Familienan­gehörige können also die Trauung begleiten. Das reicht vielen nicht. Auch für die Sommermona­te sind schon viele Hochzeiten gestrichen. Denn bis 31. August sind Großverans­taltungen

verboten. Ob Hochzeiten dazuzählen, ist nicht klar. Listl weiß: „Die Leute wollen Planungssi­cherheit haben.“

Anderen ist aber das spezifisch­e Datum wichtig, und deswegen nehmen sie die Corona-Regeln in Kauf. „Wir haben auch den Fall gehabt, dass die Trauringe schon graviert waren“, erzählt Listl. Es habe auch Paare gegeben, die im Geheimen zu zweit standesamt­lich heiraten und dann in einem Jahr die kirchliche Trauung groß feiern wollten.

Im Standesamt in Pöttmes geht es ruhiger zu. Von den drei Hochzeiten im März und April wurde nur eine verschoben. Standesbea­mtin Brigitte Schleger erzählt, dass im Juli, August und September von Haus aus mehr Hochzeiten geplant seien. Von ihnen wurde noch keine verschoben. „Da warten wir jetzt einfach ab, und die Leute tun das scheinbar auch“, sagt Schleger. Bei den Hochzeiten, die sie in den vergangene­n Wochen vollzog, gab es noch strengere Regelungen, als sie inzwischen gelten: Außer dem Hochzeitsp­aar durften nur zwei weitere Personen anwesend sein. Schleger hatte aber nicht den Eindruck, dass das der Stimmung bei den Hochzeiten geschadet hätte. „Natürlich ein bisschen anders, wenn mehr Leute dabei sind, aber es war trotzdem festlich“, sagt die Standesbea­mtin. „Es hat auch irgendwie seins.“

Kirchliche Trauungen bis einschließ­lich 1. Juni mussten komplett verschoben werden. Auch für die Zeit danach haben einige Paare ihre Hochzeit bei dem Aichacher Stadtpfarr­er Herbert Gugler bereits verschoben – mehrere um ein ganzes Jahr. Gugler hofft, dass Trauungen nach Pfingsten wieder erlaubt werden. Wenn auch mit einer begrenzten Anzahl an Gästen. Allerdings findet er auch, dass das nur wenig bringe, wenn die Gaststätte­n nicht offen haben dürfen. „Was ist das denn für eine Hochzeit, wenn alle mit Mundschutz im Biergarten sitzen?“, fragt Gugler. „Die Hochzeit lebt von Tanz.“

Über eine Feier mit weniger Gästen oder mit Corona-Abstandsre­geln haben Jessica und Florian Rieger nie ernsthaft nachgedach­t. „Unsere Gäste wurden ja mit Bedacht gewählt, und wir wollen jeden Einzelnen dabei haben.“Geplant war nach der kirchliche­n Trauung, in Aindling gemeinsam zu feiern. Die Gäste kommen aus allen Teilen Deutschlan­ds, und sogar eine Cousine aus Spanien sollte dabei sein.

Einziger positiver Aspekt der Misere: Die Riegers sind bisher kaum in Vorleistun­g gegangen, haben also zumindest keinen finanziell­en Verlust. Allein der Fotograf wurde vorab bezahlt, da er auch schon Bilder von der standesamt­lichen Trauung gemacht hatte. Diese Vorauszahl­ung ist nicht verloren, sondern wird beim Nachholter­min am 3. Juli 2021 verrechnet. Auch das Kleid ist bereits gekauft, angepasst und bezahlt. Aber das wird natürlich auch nächstes Jahr noch gebraucht.

„Nächstes Jahr hat sich hoffentlic­h die Situation normalisie­rt“, sagt Jessica Rieger. Vonseiten ihrer Gäste haben die Riegers größtes Verständni­s für die unumgängli­che Absage erfahren. Sie sind sich trotzdem sicher: „Es wird uns noch das ganze Jahr beschäftig­en.“Besonders der 13. Juni werde schwer, aber Jessica Rieger sagt auch: „Lieber bleiben alle gesund, und wir feiern nächstes Jahr zusammen.“

Kirchliche Trauungen waren bis 1. Juni gar nicht möglich

 ?? Foto: Alice Lauria ?? Jessica und Florian Rieger bei ihrer standesamt­lichen Hochzeit im Dezember 2019. Genau ein halbes Jahr später hätte nun die kirchliche Trauung stattfinde­n sollen. Doch wegen der Corona-Pandemie wurde sie um über ein Jahr verschoben.
Foto: Alice Lauria Jessica und Florian Rieger bei ihrer standesamt­lichen Hochzeit im Dezember 2019. Genau ein halbes Jahr später hätte nun die kirchliche Trauung stattfinde­n sollen. Doch wegen der Corona-Pandemie wurde sie um über ein Jahr verschoben.

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