Ein Profi, der auch als Mensch begeistert
Loyal, engagiert und nicht nur auf den Fußball fixiert: Warum Andreas Luthe beim FC Augsburg neben dem Platz genauso wichtig ist wie im Tor
Manuel Baum hält immer noch Kontakt mit seinem Ex-Spieler. Er telefoniert öfters mit Andreas Luthe, verriet der ehemalige Trainer des FC Augsburg vor kurzem in einer Fernsehsendung, weil „mich die Gespräche mit ihm inspirieren und er mich als Mensch begeistert“. Und im Interview mit unserer Zeitung erklärte Baum, dass sich jeder Trainer einen Spieler wie den 33-Jährigen in seiner Mannschaft als Persönlichkeit wünsche: „Er hat einen sehr ausgeprägten Wertekompass.“
Viel Lob für einen Torhüter, dem Baum es aber nicht zutraute, langfristig die Nummer eins beim FCA zu werden. Doch Luthe ist so charakterstark, dass er es auch ohne die sportliche Höchstweihe in den Mannschaftsrat schafft. Denn er spricht nicht nur über Loyalität, Zusammenhalt und die Fokussierung auf das sportliche Ziel, er lebt es vor. Egal, ob er spielt oder nicht. Genau deshalb hatten ihn Baum und Manager Reuter 2016 vom Zweitligisten VfL Bochum geholt. Mit 29 Jahren und nur drei Bundesliga-Spielen war Luthe nicht als Stammtorhüter vorgesehen. Egal ob hinter Marwin Hitz, Fabian Giefer, Gregor Kobel oder Tomas Koubek – Luthe lieferte, wenn er gebraucht wurde, solide Leistungen ab. Zum Durchbruch reicht es nie. Trotzdem verlängert er seinen Vertrag bis 2022.
Jetzt unternimmt er wieder einen Anlauf. Im letzten Spiel vor der CoronaZwangspause hatte ihm der damalige Trainer Martin Schmidt gegen die Bayern den Vorzug vor
Koubek gegeben. Schmidt-Nachfolger Heiko Herrlich hatte nun zehn Wochen Zeit, Luthe zu prüfen, und sah keinen Grund zum Wechseln. Mit Luthe soll der Klassenerhalt so schnell wie möglich gesichert werden. Ein großer Schritt kann an diesem Mittwoch mit einem Heimsieg gegen den SC Paderborn gemacht werden. Doch wie geht Luthe, der in Velbert vor den Toren Düsseldorfs geboren ist, mit diesen ständigen Auf und Abs um? Er definiert sich nicht nur über den Fußball. Behütet wächst er mit einer Schwester auf, spielt Fußball aus Spaß. Er macht Abitur, beginnt zu studieren, ehe er 2009 in Bochum Profi wird.
Luthe braucht den Fußball nicht unbedingt, doch er lebt ihn zu 100 Prozent. In Bochum, zum Beispiel, beginnt er, sich vegan zu ernähren. Seitdem hat er kaum noch Verletzungen.
Luthe genießt durchaus auch die Annehmlichkeiten seines Berufes. Er fährt ein schickes Auto und hat sich mit seiner Freundin im Speckgürtel von Augsburg, in Stadtbergen, ein Haus gekauft.
Dennoch bedient er das Stereotyp des Profis nicht, weil er sich bewusst ist, wie privilegiert sein Leben ist und danach handelt.
Er gründet 2015 mit einem ehemaligen Torhüter-Kollegen nach der Flüchtlingswelle den Verein „In save hands“. Durch Sport- und Bildungsangebote schafft er Begegnungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche und setzt Fußball als Instrument der Integration ein. „Ich will etwas zurückgeben“, sagt er.
Robert Götz