Düstere Prognose für den Tross in Rosa
Die Radler haben es gut. Strampeln ständig an der frischen Luft, der Abstand zum Kontrahenten regelt sich durch das Sportgerät und die Zuschauer stellen auch kein Problem dar. Auch wenn auf den Rampen zu Alpe d’Huez oder Mont Ventoux tausende Menschen den Gipfelpfad säumen und den Pedaleuren ihre Flaggen oder Handys um die Ohren hauen – der Radsport ist von den Zuschauern unabhängig, zumindest von den Fans am Straßenrand. Alles in Butter sollte man nach dem geglückten Testlauf der Tour de France glauben. Der Tross hat es bis nach Paris geschafft. Aktuell rollt der Giro d’Italia durch den Stiefel, doch nur noch die Trikotfarbe des Spitzenreiters leuchtet in Rosa. Die Aussichten sind eher grau bis schwarz. Als die Rundfahrt am 3. Oktober auf Sizilien los rollte, lagen die Zahlen der täglichen Neuinfektionen in Italien knapp über der 2000er Marke, inzwischen sind es weit über 5000.
Dazu gab es innerhalb der Radsportblase auch noch den ersten Positivtest durch Simon Yates. Dass nur der Brite betroffen ist, gleicht einem Wunder. Ist andererseits einfach zu erklären. Yates hatte immer ein Einzelzimmer.
Noch zwei Wochen dauert die Hatz nach Punkten und Siegen bis zur geplanten Zielankunft in Mailand. Rund um den Ruhetag am Montag wurde fleißig getestet, aber längst fragen sich die Organisatoren: Schafft es der Tross überhaupt noch in die lombardische Metropole? Die italienische Regierung will mit verschärften Verboten einen zweiten Lockdown des bereits mit mehr als 36 000 Corona-Toten so schwer getroffenen Landes verhindern. Seit kurzem gilt in ganz Italien auch im Freien eine Maskenpflicht.
Kein Wunder, dass auf das Massenspektakel ganz genau geschaut wird. Vom Mai war die 103. Auflage der Traditionsrundfahrt, in der sich ganze Dörfer mit rosa Schleifen schmücken, in den Herbst verlegt worden. Nun könnte jeder Tag der letzte des Giro d’Italia sein.