Helga Götz brachte 50 Jahre lang die neuesten Nachrichten
Sie stellte in Oberhausen die Augsburger Allgemeine zu. Im Ruhestand genießt die 82-Jährige nun vor allem eines
Helga Götz hat ein halbes Jahrhundert lang zuverlässig „ihre“Augsburger Allgemeine, wie sie sagt, in Briefkästen verteilt. Wie sie dazu gekommen ist? „Wie man halt an so etwas kommt“, sagt die inzwischen 82-jährige Rentnerin lapidar. Durch Gespräche mit anderen Leuten habe sie von der Stelle erfahren und sich darauf beworben. Etwas anderes zu machen, sei ihr nie in den Sinn gekommen. „Es war eine einwandfreie Arbeit.“
Ursprünglich kommt Helga Götz aus Donauwörth, doch es zog sie irgendwann zu ihrer einzigen Schwester nach Augsburg. Nach deren Tod sei sie geblieben, denn sie habe in der Fuggerstadt nun mehr Kontakte gehabt als in der alten Heimat. Auf die Frage, was ihr an Augsburg besonders gefalle, zuckt sie nur mit den Schultern.
Die resolut wirkende Frau hat vier Kinder. Nach dem Tod ihrer
Schwester nahm sie noch deren Kind zu sich. „Eigentlich habe ich also fünf Kinder.“An Arbeit mangelte es Helga Götz damit nicht.
Und trotzdem stand sie jede Nacht gegen halb zwei Uhr auf, um rechtzeitig an der Abholstation bei der Kirche St. Peter und Paul in Oberhausen zu sein und die Zeitungen zu holen. In Oberhausen verteilte sie täglich die Zeitung. Eine Zeit lang seien das an die 800 Haushalte gewesen, da sie zusätzlich noch Werbezeitungen verteilte. „Das hat sich zum Glück dann wesentlich verkleinert“, berichtet Helga Götz. Wenn sie mit dem Austragen fertig war, kümmerte sie sich um die Kinder und den Haushalt. „Mein Mann stand ja um die Zeit auf, da konnte ich dann nicht ins Bett gehen“, erklärt die Rentnerin. Zu Beginn sei ihr das frühe Aufstehen schon etwas schwergefallen, erinnert sie sich. „Doch ich gewöhnte mich schnell daran.“
In den ersten Jahren trug Helga
Götz die Zeitungen zu Fuß aus, später nahm sie das Fahrrad. Die inzwischen zweifache Großmutter genoss es, bei Nacht unterwegs zu sein. „Es war angenehm, alleine auf den Straßen Augsburgs zu sein. Angst hatte ich nicht. Die Menschen sind doch alle freundlich“, sagt sie. Sie schätzte die Bewegung und die Routine. In all den Jahren sei nichts Außergewöhnliches passiert, aber genau das habe sie gemocht. „Erst als es körperlich nicht mehr ging, fuhr ich mit dem Auto“, betont sie.
Sie werde die Arbeit als Zustellerin vermissen, sagt sie. Auf dem Wohnzimmertisch liegt an diesem Tag die aktuelle Ausgabe der Augsburger Allgemeinen. Ohne die würde nichts gehen, sagt die Seniorin. Jetzt genießt Götz es, dass ihr die Zeitung täglich gebracht wird – und dass sie die Ruhe hat, sie zu lesen.