Hochschule will sich von Kanzlerin trennen
Personalie Tatjana Dörfler leitet die Verwaltung der Hochschule Augsburg. Ihr Führungsstil ist umstritten. Deshalb soll sie abgelöst werden, doch die Entscheidung zieht sich hin
An der Augsburger Hochschule brodelt es hinter den Kulissen. Der Anlass dafür ist eine wichtige Personalie, die seit Monaten auf eine Entscheidung wartet. Es geht um die Zukunft von Hochschulkanzlerin Tatjana Dörfler. Ihre Arbeit als Leiterin der Verwaltung ist umstritten. Die Hochschule will sich von ihr trennen. Doch die angestrebte Ablösung von ihrem Posten bis November ist bislang nicht erfolgt. Das sorgt intern für wachsende Unruhe. Seit rund vier Monaten sitzt Tatjana Dörfler nicht an ihrem Dienstschreibtisch in der Hochschule. Sie sei seit Ende Juli krankgeschrieben, heißt es. Damals wurden der interne Streit über die Arbeit der Kanzlerin und ihre geplante Ablösung öffentlich bekannt. Der Hochschulrat hatte Präsident Gordon Thomas Rohrmair beauftragt, ein Paket von „personellen und prozessualen Problemen“bis November zu lösen. Als brisanteste Aufgabe gilt die angestrebte Trennung von Kanzlerin Dörfler.
An der Hochschule studieren rund 6700 Menschen, es gibt mehrere hundert Mitarbeiter. Dörflers Führungsstil ist seit Jahren umstritten. Kritiker werfen ihr unter anderem Mängel im Personalmanagement und eine zeitliche Verschleppung wichtiger Entscheidungen vor. Dies gehe so weit, dass die Entwicklung der Hochschule beeinträchtigt sei, sagen sie. Beschwerden von Professoren und Mitarbeitern über die Amtsführung der Kanzlerin wurden zuletzt auch schriftlich niedergelegt, um ihre Ablösung voranzutreiben. Es gibt eine Vielzahl konkreter Vorwürfe. Mehrere ehemalige Beschäftigte berichten unserer Redaktion, das Verhalten der Kanzlerin als Vorgesetzte sei so inakzeptabel gewesen, dass sie gekündigt hätten. Auch Präsident
wird ein teils angespanntes Verhältnis zu Dörfler nachgesagt.
Die Kanzlerin selbst wehrt sich gegen die Vorwürfe. Sie sagt auf Anfrage: „Die Berichterstattung im Sommer dieses Jahres hat mich überrascht und sehr betroffen gemacht. Die dort kolportierten Vorwürfe sind haltlos.“Sie arbeite seit über 13 Jahren für die Hochschule als Kanzlerin. Die in dieser Zeit amtierenden Präsidenten hätten ihre Arbeit durchgängig und ausnahmslos mit Spitzennoten beurteilt, insbesondere auch ihr Führungsverhalten. „Auf dieser Basis haben beide mich regelmäßig befördert, der aktuelle Präsident zuletzt im Sommer 2019“, so Dörfler. Die Zusammenarbeit sei stets vertrauensvoll gewesen.
Die Juristin kam 2007 mit 31 Jahren aus dem Ministerium in München nach Augsburg. Bei ihrem Wechsel wurde sie als „exzellente Kraft“gelobt. Damals gingen viele davon aus, dass sie nur einige Jahre in Augsburg bleiben und dann weiter Karriere machen werde. Doch es kam anders. Dörfler leitet die Verwaltung der Hochschule nach wie vor. Sie ist inzwischen auch als ehrenamtliche Stadträtin der SPD in Augsburg politisch aktiv. Für die Hochschule ist es alles andere als einfach, die Kanzlerin von ihrem Posten abzulösen. Die Verwaltungschefin ist eine relativ hoch dotierte Beamtin. Hausintern gebe es keine adäquate Stelle, um Dörfler auf einer anderen Position weiter zu beschäftigten, heißt es. Nach Informationen unserer Redaktion gab es einen Versuch, sie bei der Regierung von Schwaben unterzubringen, der jedoch scheiterte.
Auch über eine Neubesetzung der Schlüsselstelle in der Verwaltung kann die Hochschule nicht selber entscheiden. Zwar hat das höchste Gremium – der Hochschulrat – weitreichende Kompetenzen. Laut Satzung ist er dafür zuständig, den Präsidenten beziehungsweise die Präsidentin zu wählen oder über deren Abwahl zu entscheiden. Das Gremium wählt außerdem weitere
Mitglieder der Hochschulleitung. Eine Ausnahme ist der Kanzler. Wenn dieser Verwaltungsbeamte abgelöst werden soll, muss das bayerische Wissenschaftsministerium mitmachen.
Allem Anschein nach zieht sich eine Entscheidung über die brisante Personalie aber länger hin, als gedacht. Präsent Rohrmair sagt auf Anfrage: „Das WissenschaftsminisRohrmair terium arbeitet mit Hochdruck an einer Lösung.“Mehr könne er dazu nicht sagen. Eine offene Frage ist, ob Dörfler ein anderes Stellenangebot überhaupt annehmen würde. Die Juristin teilt dazu nur allgemein mit, sie sei überzeugt, dass man gemeinsam eine gute und konstruktive Lösung für alle Beteiligten finden werde.
Die unklare Lage scheint der
Hochschule nicht gutzutun. Mitarbeiter berichten von einem „Klima der Angst“, weil nicht klar sei, ob die umstrittene Kanzlerin bleiben oder gehen werde. Weil Dörfler nun schon seit vier Monaten fehlt, gebe es auch ein problematisches Vakuum, das sich mit „selbst Berufenen“zu füllen beginne. Damit werde ein gelungener Start für einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin
immer schwieriger, ist zu hören. Was sich offenbar viele an der Hochschule sehnlich wünschen, traut sich bislang nur einer öffentlich auszusprechen. Der frühere Personalratsvorsitzende Helmut Escheu ist einer der dienstältesten Mitarbeiter. Sein Appell: „Wir brauchen eine schnelle Lösung und wir brauchen einen klaren Neuanfang.“