Stefan Bradl kriegt noch die Kurve
MotorsportMotoGP Der 30-jährige Zahlinger blickt auf eine verrückte Saison zurück. Er verrät, warum er trotz Startschwierigkeiten zufrieden ist und was er sich heuer zu Weihnachten wünscht
ObergriesbachZahling Eine außergewöhnliche Saison hat Motorradrennfahrer Stefan Bradl hinter sich. Der Zahlinger (Gemeinde Obergriesbach) hätte aufgrund von Corona eigentlich gar nicht starten sollen. Nach der Verletzung von Weltmeister Marc Marquez im ersten Rennen musste der 30-Jährige, der am Sonntag Geburtstag feiert, dann aber ran. Bradl brauchte Zeit, um zu seiner Form zu finden. Seine beste Platzierung verbuchte er mit Platz sieben beim Saisonfinale am vergangenen Sonntag in Portugal. Der Honda-Testfahrer erzählt im Interview, wie er mit der besonderen Situation umgegangen ist und was am schwierigsten war. Außerdem verrät er, wie es für ihn persönlich weitergeht und wie er das Weihnachtsfest verbringt.
Herr Bradl, wie froh sind Sie, dass die Saison jetzt vorbei ist?
Stefan Bradl: Sehr froh. Da wir erst im Juli starten konnten, hatten wir teilweise drei Wochen am Stück Rennen. Nebenbei bin ich ja auch noch Tests gefahren. Das war alles schon sehr kräftezehrend – physisch und mental. Aber eigentlich schade, schließlich lief es zum Schluss immer besser, oder?
Bradl: Das ist richtig. Ich habe etwas gebraucht, um reinzukommen. Das war aber zu erwarten, da ich davor rund acht Monate keine Rennmaschine gefahren bin. Zum Schluss lief es immer besser. Ich bin aber froh, dass ich nun die Saison mit einem guten Gefühl beenden konnte.
Was war die größte Herausforderung für Sie und Ihre Kollegen?
Bradl: Für mich persönlich natürlich das Einsteigen von 0 auf 100. Zumal ich nie wusste, wie lange ich einspringen muss. Ich wusste, dass es schwierig wird, aber ich habe die Herausforderung angenommen. Insgesamt war diese Saison aber für alle Fahrer sehr speziell. Der straffe Zeitplan, die neuen Hinterreifen und die ständigen Corona-Tests. Für alle Fahrer war es eine extreme Saison, was man auch an den Ergebnissen sieht. Wir sind alle froh, dass wir überhaupt die Saison fahren konnten. Besonders bitter waren aber die leeren Zuschauerränge. Als Sportler braucht man die Fans einfach. Es war überhaupt total komisch. Es war nichts los – traurig und trüb. Die Fans haben uns vermisst und wir die Fans ebenso.
Wie fällt Ihre persönliche Bilanz aus? Bradl: Für das Team war es natürlich keine gute Saison. Ich bin persönlich schon zufrieden, auch wenn ich etwas gebraucht habe. Ich habe gezeigt, dass ich mit den Besten der Welt noch mitfahren kann. Da kann ich stolz sein. Das Schöne war, dass ich mich ständig gesteigert habe. Platz sieben war dann die Krönung.
Wie geht es für Sie 2021 weiter? Bradl: Ich habe meinen Vertrag verlängert und werde wieder in die Rolle des Testfahrers schlüpfen. Das macht mir Spaß und ich fühle mich wohl. Nebenbei werde ich auch wieder als TV-Experte im Einsatz sein.
Werden wir Sie dann überhaupt nicht mehr auf der Rennstrecke sehen? Bradl: Wenn alles wie geplant läuft, werde ich wieder zwei bis drei Wildcardeinsätze haben. Das kommt aber auch darauf an, wie sich die Gesamtsituation mit Corona entwickelt. Geplant ist eine komplette Saison, die im März starten soll. Da gibt es aber Zweifel, ob die Pandemie das zulässt. Allzu viel lässt sich deshalb aktuell nicht sagen. Es wird eine Saison geben, aber unter welchen Umständen, wissen wir nicht.
Aber reizt es Sie nach so einer Saison nicht wieder, als Stammfahrer zu starten?
Bradl: Trotz der Anstrengungen habe ich es genossen, mehrere Rennen am Stück zu fahren. Wenn Marc Marquez wieder fit ist, werde ich meist nur zuschauen. Natürlich würde es mich reizen, als Stammpilot zu fahren – gerade nach dieser
Saison. Da muss aber das Gesamtpaket stimmen. Für 2021 sind ohnehin alle Plätze vergeben. Vielleicht klappt es ja in Zukunft nochmals mit einem Stammplatz, man soll niemals nie sagen. Ich bin aber auch realistisch und kann die Situation einschätzen. Es ist aber natürlich ein Traum von mir.
Als Ersatzfahrer stehen Sie aber wieder bereit?
Bradl: Klar. Sollte sich jemand verletzen oder Marc Marquez noch nicht wieder fit sein, stehe ich bereit. Ich habe diese Saison gezeigt, dass ich es noch kann.
Was machen Sie in der Winterpause? Bradl: Im Gegensatz zu meinen Kollegen muss ich Mitte Dezember noch ein paar Testfahrten machen. Danach habe ich ein paar Wochen frei. Ich werde viel auf meiner Baustelle sein, denn ich baue gerade ein Haus. Ansonsten halte ich mich fit und verbringe viele Zeit mit der Familie.
Was wünschen Sie sich zu Weihnachten?
Bradl: Wir können hoffentlich noch vor den ersten Tests im Februar in unser Haus einziehen. Das Fest werde ich mit meiner Familie bei meinen Eltern verbringen. Wir wünschen uns natürlich Gesundheit. Ich würde wenigstens einmal in diesem Winter ein paar Tage Skifahren gehen. Das tut mir immer sehr gut.