Kurzes Vergnügen für die jüngsten Kicker
Fußball Zwei Wochen lang durften sie zurück ins Gruppentraining. Wegen des neuen Lockdowns ist das aber schon wieder vorbei. In den Vereinen herrscht angesichts guter Hygienekonzepte Bedauern, Verärgerung und Unverständnis
Knapp zwei Wochen lang durften die jüngsten Fußballer des SV Hammerschmiede in kleinen Gruppen und kontaktfrei trainieren, jetzt ist wieder Schluss. Zu hoch ist der Corona-Inzidenzwert in Augsburg, Gruppentraining für Kinder auf einer Vereinssportanlage ist damit laut Infektionsschutzverordnung nicht mehr erlaubt. SVH-Vorsitzender Andreas Kastner musste seine Anlage erneut schließen. Verstehen kann er das alles nicht mehr. „Die Regierung kommt mir zurzeit bei Corona wie ein angeknockter Boxer vor, der wilde Schwinger verteilt und hofft, dass einer trifft“, sagt er mit Verärgerung in der Stimme.
Als einen dieser „wilden Schwinger“sieht er den neuerlichen Lockdown für das gerade wieder behutsam aufgenommene Fußballtraining. Kastner ärgert es, dass die Vereine ganz kurzfristig zum 8. März das Training bis zur C-Jugend wieder anbieten durften, für die Erfüllung der behördlichen Hygieneauflagen nur knapp ein Wochenende Zeit hatten und jetzt wieder alles umsonst war.
„Weil wir uns im Vorfeld schon gut auf eine Öffnung vorbereitet hatten, konnten wir sofort wieder angreifen. Wir hatten jede Mannschaft ab der C-Jugend abwärts ein bis zweimal die Woche im Training. Die Kinder waren mit großer Freude
dabei. Sie lechzen danach, sich in ihren Mannschaften wieder zu treffen“, berichtet Kastner. So betreuten die Trainer und Co-Trainer des SV Hammerschmiede in den vergangenen 14 Tagen rund 150 Kinder jeweils in Fünfergruppen. Natürlich habe man da nicht „richtig Fußball gespielt“, aber allein wieder gegen den Ball treten zu dürfen und gemeinsam auf dem Platz zu stehen, sei für die Kinder eine große Freude gewesen, berichtet Kastner. Von den Eltern habe es durchwegs positives Feedback gegeben, „nur bei zwei Kindern war den Eltern das Risiko zu groß“, sagt Kastner.
Auch der TSV Firnhaberau hat das Jugendfußball-Training sofort gestartet, als am 8. März die Erlaubnis dafür kam. Reinhard Strobl von der Fußballabteilung hatte ähnlich wie die Kollegen in der Hammerschmiede schon früh ein Konzept erstellt und Rücksprachen mit Behörden und dem Fußball-Verband geführt, um zu wissen, wie ein korrektes Training aussehen muss.
Obwohl es weder für Trainer noch für Spieler eine Teilnahmepflicht gab, war auch in der Firnhaberau die Resonanz groß. „Fast jeder, der vergangenes Jahr im Training war, ist auch jetzt wieder gekommen. Man sieht, dass den Kids ihr Hobby richtig gefehlt hat“, berichtet Strobl. Vereinspräsident Holger Braunbarth kann dem nur zustimmen: „Die Kinder haben sich richtig gefreut, dass sie wieder kicken können. Die standen mit leuchtenden Augen auf dem Platz.“
In jeder Trainingsgruppe ermöglichten es Orientierungshilfen wie Pylonen oder Hütchen, die Abstandsregeln einzuhalten. Jeder junge Kicker bekam seine Position zugewiesen und konnte von dort zum Mitspieler passen. Und obwohl sich Andreas Berndt, beim TSV Firnhafür Öffentlichkeitsarbeit zuständig, als „Nichtexperte der Virologie“outet, ist er wie seine Vereinskollegen vom eigenen Hygienekonzept absolut überzeugt. „Wenn man den Bolzplatz nebenan sieht, an dem sich die Kinder jetzt völlig ohne jede Aufsicht und Abstandsregeln treffen und Fußballspielen, dann war das bei uns im Verein auf alle Fälle sicherer“, merkt er an.
Doch seit Mittwoch sind die Fußballfelder
beim TSV Firnhaberau, dem SV Hammerschmiede und den vielen anderen Augsburger Vereinen, die in Windeseile in den Trainingsbetrieb zurückgekehrt sind, wieder geschlossen, da der Inzidenzwert der Stadt die 100 deutlich überschritten hat.
Die Sportvereine sehen in den Schließungen jedoch keine Dauerlösung – und suchen ihrerseits nach Auswegen. Denn während Behören und Politik seit einem Jahr nur mit der Komplett-Sperrung von Sportanlagen auf die Corona-Pandemie reagieren, beschäftigt man sich in den Vereinen intensiv mit neuen Konzepten. So hatte etwa SVHVorsitzender Kastner bereits ganz konkrete Pläne für Schnelltests vor dem Fußballtraining: „Wir hatten sogar schon Kontakt mit unserem ortsansässigen Apotheker aufgenommen, der die Tests für uns fachmännisch vor Ort auf dem Vereinsgelände eine halbe Stunde vor dem Training gemacht hätte. Wir wären also gewappnet gewesen.“
Umso verärgerter ist er über die erneute Schließung und findet deshalb auch deutliche Worte. „Wir Vereine versuchen immer, uns Konzepte auszudenken und nehmen Geld in die Hand, um in dem Rahmen, der uns vorgegeben wird, Lösungen bereitzustellen. Und dann kommt wieder jemand und sagt, das ist jetzt zwar ganz schön, aber ihr müsst trotzdem wieder runterfahberau ren. Wie soll man das, was die Politik beschließt, als ehrenamtlicher Vorstand eines Sportvereins seinen Mitgliedern erklären?“
Kastner bekommt Zuspruch von höchster Stelle, denn in die gleiche Kerbe schlägt auch der Präsident des Bayerischen Fußballverbands (BFV), Rainer Koch, mit Blick auf die jüngste Bund-Länder-Konferenz: „Die Beschlüsse sind im Wesentlichen von Verboten gekennzeichnet. Wir alle hätten uns vielmehr Lösungen gewünscht, wie wir unser Leben mit Sorgfalt in dieser Pandemie gestalten – und zu diesem Leben gehört der Sport und damit der Amateurfußball. Wir haben diese Lösungen übrigens nicht erst seit gestern. Sie liegen auf dem Tisch und sind erprobt“, so Koch in einer offiziellen Stellungnahme. Alle bisherigen Erkenntnisse würden darauf hinweisen, dass aktives Fußballspielen unter freiem Himmel kein Pandemietreiber ist und die Ansteckungsgefahr auf dem Spielfeld minimal sei. Den Augsburger Jugendfußballern bringt diese Erkenntnis momentan nichts, sie müssen trotzdem wieder zu Hause bleiben.
„Wir hatten schon Kontakt zu unserem Apotheker, der die Tests vor dem Training vor Ort auf der Vereinsanlage gemacht hätte.“
Andreas Kastner, Vorsitzender SV Hammerschmiede
„Die Kinder haben sich richtig gefreut, dass sie wieder kicken können. Die standen mit leuchtenden Augen auf dem Platz.
Holger Braunbarth, Präsident des TSV Firnhaberau