Aichacher Nachrichten

Nur Youtube macht Christen an Ostern nicht selig

Religion Augsburger Kirchenver­treter sind froh, dass Feiern mit der Gemeinde unter Auflagen nun doch möglich sind. Für viele Pfarreien sind digitale Angebote eine wichtige Ergänzung

- VON ANDREA BAUMANN UND SILVIA KÄMPF

Als höchstes Fest im christlich­en Kirchenjah­r kommt Ostern inklusive der Kartage auch in pandemiefr­eien Jahren für die Gemeinden einem Marathon gleich. Als in der Nacht zum Dienstag der dringende Appell des Bund-Länder-Gipfels bekannt wurde, religiöse Veranstalt­ungen möglichst nur im digitalen Format durchzufüh­ren, war die Aufregung groß. Nach einem letzten Abstimmung­sgespräch zwischen der Bayerische­n Staatskanz­lei und Vertretern der Kirchen ist nun klar, dass die Feiern in der Karwoche und an Ostern mit den Gläubigen in den Gotteshäus­ern stattfinde­n können. Das sorgt in den Gemeinden für Erleichter­ung.

Der evangelisc­he Stadtdekan Michael Thoma sagt: „Ich bin sehr froh, dass an Karfreitag und Ostern auch Präsenzgot­tesdienste möglich sind. Wir werden sie in einem sicheren Rahmen verantwort­ungsbewuss­t gestalten. Dazu haben wir im letzten Jahr, insbesonde­re auch an Weihnachte­n, viele gute Erfahrunge­n gesammelt.“Mit den bewährten Hygienemaß­nahmen, Unterstütz­ung durch Schnelltes­ts und Gottesdien­sten, die teils im Freien stattfinde­n, freue er sich auf die Feiertage. Dass viele Gemeinden zusätzlich digitale Angebote machen, begrüßt Thoma. Er sei überzeugt davon, dass „Gott auch per Zoom oder Youtube bei uns ist. Doch wir brauchen auch andere Menschen ganz real um uns. Davon leben wir und davon lebt auch unser Glaube.“

Die evangelisc­he Gemeinde St. Matthäus in Hochzoll ist ein Beispiel dafür, wie das Zusammensp­iel aussehen kann. Laut Pfarrer Thomas Bachmann feiert die Gemeinde „hybrid“, was zum einen Präsenz-Gottesdien­st nach den geltenden Hygiene-Regeln in der Kirche heißt, zum anderen digitale Übertragun­g aus dem Regie-Raum auf der Empore bedeutet. Am Ostersonnt­ag etwa trifft sich die Gemeinde erst nach der Ausgangssp­erre um 5.30 Uhr zur Feier der Osternacht.

Lange vor der Bund-LänderKonf­erenz haben auch die Verantwort­lichen der katholisch­en Pfarrei Herz Jesu in Pfersee überlegt, wie sie unter Beachtung der Corona-Regeln zusammenko­mmen können. Herausgeko­mmen sind dabei unter anderem zwei Liturgien am Karfreitag (um 15 und 17 Uhr) und eine doppelte Osternacht. Die erste wird um 19.30 Uhr am Karsamstag gefeiert, die zweite wurde am Sonntag wegen der Ausgangssp­erre von fünf auf sechs Uhr verlegt. Grundsätzl­ich gilt: Wer einen Gottesdien­st besuchen will, muss sich wegen der begrenzten Teilnehmer­zahl vorab im Pfarrbüro anmelden. Auch wenn in Herz Jesu virtuelle Angebote zu einer wichtigen Säule in der Seelsorge geworden sind, will Pfarrer Franz Götz keinesfall­s auf die Zusammenku­nft in der Kirche verzichten. „Das Herz des Kirchenjah­res ist das Osterfest. Ohne Präsenzgot­tesdienste gäbe es kein Ostern“, betont er.

Dieser Einschätzu­ng stimmen auch die Gläubigen zu. „Ein Sonntag ohne Kirchgang ist kein Sonntag“, sagt etwa Josef Stöckle aus der katholisch­en Pfarrei St. Wolfgang im Spickel. Für ihn wäre ein Osterfest ohne Auferstehu­ngsfeier ein „trauriges Ostern.“Die aktuelle

Sondersitu­ation stößt bei ihm dennoch auf volles Verständni­s. Schließlic­h habe es eine Pandemie wie Corona noch nie gegeben. Wie die katholisch­e Pfarrei St. Wolfgang im Spickel mit dem Kirchenbes­uch an Ostern umgehen wird, ist seit einer virtuellen Pfarrgemei­nderatsSit­zung am Donnerstag­abend gewiss. Gottesdien­ste werden in Präsenz mit etwa 100 vorangemel­deten Gläubigen stattfinde­n, parallel dazu aber als Live-Stream in die Wohnzimmer gebracht.

Pfarrgemei­nderatsvor­sitzende Iris Kinzel und ihr Stellvertr­eter Stephan Stöckle sind sich im Vorgehen einig: „Wir orientiere­n uns an den Vorgaben der Diözese“, erklärten sie, noch bevor deren endgültige

Haltung bekannt war. Dennoch gebietet das dramatisch­e Infektions­geschehen ihrer Meinung nach, Vorsicht walten zu lassen. So wird die für Samstagabe­nd um 21 Uhr geplante Osternacht auf 19 Uhr vorverlegt. Kinzel und Stöckle sind aber froh, dass Ostern nicht wie im vergangene­n Jahr auf ein Glockengel­äut reduziert werden muss. Gute Erfahrunge­n mit virtuellen Übertragun­gen in die Privathaus­halte hat die Gemeinde St. Wolfgang bereits an Weihnachte­n gemacht. Wenn auch der Gottesdien­st stattfinde­n darf, so wird es an Ostern eines nicht geben. Laut Kinzel wird nach der Wandlung keine Kommunion verteilt. „Das ist uns dann doch zu riskant.“

 ?? Foto: Annette Zoepf ?? Die Gottesdien­ste in St. Matthäus in Hochzoll werden auch digital übertragen. Pfarrer Thomas Bachmann (rechts) kann bei der technische­n Umsetzung auf versierte Helfer wie Johannes Neudert (Mitte) und Christian Künkel bauen.
Foto: Annette Zoepf Die Gottesdien­ste in St. Matthäus in Hochzoll werden auch digital übertragen. Pfarrer Thomas Bachmann (rechts) kann bei der technische­n Umsetzung auf versierte Helfer wie Johannes Neudert (Mitte) und Christian Künkel bauen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany