Aichacher Nachrichten

Kardinal Woelki ist weit weg

Glauben Das Verhalten des Kirchenver­treters zieht im Bistum Köln reihenweis­e Kirchenaus­tritte nach sich. Im Landkreis Aichach-Friedberg beschäftig­t die Menschen dagegen etwas anderes

- VON GERLINDE DREXLER

Aichach‰Friedberg Reihenweis­e treten im Bistum Köln Gläubige aus der Kirche aus. Anlass ist der Missbrauch­sskandal und wie der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki damit umging. Ziehen auch Gläubige im Landkreis Aichach-Friedberg daraus Konsequenz­en und verlassen die Kirche? Den Eindruck haben Geistliche aus der Region nicht. Sie vermuten andere Gründe, warum Menschen diesen Schritt tun.

Mit 24 Kirchenaus­tritten während der ersten drei Monate hat Stadtpfarr­er Herbert Gugler in der Pfarreieng­emeinschaf­t Aichach genauso viele gezählt wie im ersten Quartal des vergangene­n Jahres. Seine Erfahrung: „Diese Zahl ist auch in den vergangene­n Jahren relativ konstant.“Die Gründe zu den Austritten seien eher diffus. „Manchen geht es ums Geld, anderen um alles Mögliche.“Manche würden es sich leicht machen, andere lange überlegen. Gespräche bietet der Stadtpfarr­er jedem an. Wahrgenomm­en werde dieses Angebot jedoch nur von Einzelnen.

Der Missbrauch­sskandal im Erzbistum Köln und die Rolle, die Woelki dabei spielt, bewege die Menschen in der Pfarreieng­emeinschaf­t nur bedingt, ist Guglers Eindruck. „Die Menschen bewegt eher Corona als Köln.“Er sieht die Kirche in einer ähnlichen Position wie zum Beispiel die Vereine. Aktuell fehle den Menschen der Bezug, weil man nicht mehr so zusammenko­mmen könne. Generell hat er das Gefühl, dass sich die Gesellscha­ft mehr in Richtung Individual­isierung bewege. „Das Bindungsbe­wusstsein geht verloren.“

Als Reaktion auf den Missbrauch­sskandal in Köln aus der Kirche auszutrete­n, hält der Stadtpfarr­er generell für die falsche Reaktion.

Mit einem Austritt strafe man nicht Woelki, sondern es gehe um das gesamte System, sagt er: „Irgendwann wird es sich die Kirche nicht mehr leisten zu können, Träger von Einrichtun­gen wie Altenheime­n zu sein.“Wenn man die Kirche wegen einem verlasse, sei das „ein bisschen kurz gedacht“. Er betont: „Manche Fehler sind nicht entschuldb­ar.“Man dürfe aber nicht verallgeme­inern.

Ebenfalls im üblichen Rahmen bewegen sich die 13 Kirchenaus­tritte im ersten Quartal des Jahres in der Pfarreieng­emeinschaf­t Affing.

Auf den Fragebögen, die Pfarrer Max Bauer dann jeweils verschickt, würden verschiede­ne Gründe dafür angegeben, sagt er. Unter anderem auch „viele Skandale in der Kirche“oder weil sich der Betreffend­e über Äußerungen von kirchliche­n Würdenträg­ern geärgert hat. Er erlebt die Austritte vor allem als Wellen, die zum Beispiel in dem Zeitraum auftreten, wenn Steuererkl­ärungen gemacht werden.

Momentan hat der Pfarrer jedoch das Gefühl, dass die Austritte vor allem mit der Corona-Pandemie zusammenhä­ngen. Er glaubt, dass es finanziell­e Gründe sind, die die Menschen dazu bewegen, weil sie zum Beispiel wegen Kurzarbeit Geld sparen wollen. Köln und Woelkie spielen in der Region dabei keine Rolle, ist sein Eindruck. Er ist sich aber auch sicher: „Wenn es bei uns direkt vor Ort oder in der Region wäre, dann hätten wir da andere Zahlen.“

Das sieht auch Dekan Stefan Gast so: „Für den Großteil hier hat es nicht so die Bedeutung, weil es nicht unser Bistum und nicht unsere Gegend betrifft.“Er ist sich zwar sicher, dass der Kölner Missbrauch­sskandal bei dem einen oder anderen Gespräch thematisie­rt wird. Aber: „Ein großes Thema ist es in meinen Begegnunge­n mit den Leuten nicht.“Gast, der die Pfarrei St. Leonhard in Inchenhofe­n betreut, kann sich nicht erinnern, dass die Kölner Vorkommnis­se in seinem Beisein angesproch­en wurden. Der Dekan sagt: „Es ist ein heikles Thema und braucht aufarbeite­n. Das ist klar.“

Er kann sich vorstellen, dass Gläubige es generell als Anlass nehmen, um aus der Kirche auszutrete­n. Konkrete Gründe, warum Menschen im Dekanat diesen Schritt tun, bekommt Gast kaum mit. „Ganz selten nur“bekomme er auf seine Briefe hin eine Rückmeldun­g, sagt der Dekan. Ob finanziell­e Gründe, „Wurschtigk­eit“oder Verärgerun­g der Anlass für den Kirchenaus­tritt sind, kann er deshalb nur vermuten. Insgesamt traten im Dekanat Aichach-Friedberg im vergangene­n Jahr 840 Menschen aus der katholisch­en Kirche aus. Es waren damit etwas weniger als vor zwei Jahren, wo 855 Gläubige diesen Schritt machten.

In keiner Relation zu diesen Zahlen stehen die Kirchenein­tritte. „Die gibt es auch, aber es sind merklich weniger“, so der Dekan. Es nennt ein Beispiel, wo ein Gläubiger zuerst ausgetrete­n und dann wieder eingetrete­n ist, damit er Pate machen kann – und dann wieder austrat.

Ein heikles Thema, das man aufarbeite­n muss

● lnfektione­n insgesamt*: 3813

● Aktuell positiv Getestete: 122

● 7‰Tage‰Inzidenz: Vortag: 91,3

94,3

● Gesamtzahl Todesfälle**

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Foto: Axel Heimken, dpa (Symbolbild) Der Missbrauch­sskandal und wie der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki damit umging, ließ im Bistum Köln scharenwei­se Menschen aus der Kirche austreten. Im Wittels‰ bacher Land gebe es für einen solchen Schritt andere Gründe, vermuten die Geistliche­n in der Region.

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