Aichacher Nachrichten

Dieser Palmesel überdauert­e Krieg, Reformatio­n und Aufklärung

Geschichte Hölzerne Esel mit Christusfi­gur auf dem Rücken gehen auf eine alte Tradition zurück. Heutzutage sind sie selten

- VON ERICH ECHTER

Aichach/Altomünste­r Das Familienmi­tglied, das am Palmsonnta­g als letztes aus den Federn kriecht, wird neckisch „Palmesel“genannt. In der Kirche hatte im Mittelalte­r und gerade am Palmsonnta­g ein anderer, ein „echter“Palmesel einen hohen Stellenwer­t. Und zwar einer aus Holz. Doch nur wenige diese hölzernen Tiere mit Christusfi­gur auf dem Rücken haben die Stürme des 30-jährigen Krieges, der Reformatio­n und der Aufklärung überlebt. So auch ein Palmesel aus der Region.

In Bayern sind nach offizielle­n Quellen nur noch einige wenige Palmesel erhalten. Einer, der die Stürme der Zeit überstand, ist der

Altomünste­rer Palmesel, der viele Jahre als Leihgabe im Aichacher Heimatmuse­um stand und nach einer Odyssee inzwischen wieder in seinen Heimatort zurückgeke­hrt ist.

Angefertig­t wurde dieser Palmesel dem Altomünste­rer Professor Dr. Wilhelm Liebhart zufolge im 18. Jahrhunder­t. Ob Aichacher oder Altomünste­rer Handwerker das Tier mit segnender Christusfi­gur geschnitzt haben, liegt im Dunklen. Nur eines ist sicher: Als 1770 die Umzüge verboten wurden, kam der Palmesel als Erstes in den Niedermeie­r-Bräu (heute Herzog-GeorgStraß­e 3 in Altomünste­r). Auf Erbwegen gelangte das geschnitzt­e Kunstwerk zur Familie Heggenstal­ler nach Unterbernb­ach (Markt

Kühbach). Eine weitere Station des Palmesels war das Nationalmu­seum in München. Als in den 1970er-Jahren das Aichacher Heimatmuse­um seine neu geschaffen­en Räumlichke­iten im ehemaligen alten städtische­n Krankenhau­s bezog, kam der Altomünste­rer Palmesel nach Aichach. Im sogenannte­n Altomünste­rZimmer hatte er dann lange Jahre seine Bleibe.

Vor über zwei Jahrzehnte­n kehrte der Esel wieder dorthin zurück, wo er im 18. Jahrhunder­t bei vielen Prozession­en dabei war und die Gläubigen an den Einzug Jesu in Jerusalem erinnerte. Die Erben von Anton Heggenstal­ler überließen den Palmesel dem Altomünste­rer Museum als Dauerleihg­abe. Hier hat einen Ehrenplatz und wird von den Besuchern immer wieder bestaunt.

Palmesel der Altomünste­rer Kategorie gibt es heute nur noch recht wenig. Aufbewahrt werden hölzerne Esel mit Rädern, auf dem eine Christusfi­gur sitzt, noch in Kühbach, im Kloster Scheyern und im niederbaye­rischen Ort Kößlarn. In Kößlarn und Kühbach wird bei der Palmprozes­sion der Palmesel von den Ministrant­en mit gezogen.

Ursprüngli­ch wurden bei den Palmprozes­sionen richtige Esel mitgeführt, auf denen jeweils verkleidet­e Geistliche saßen. Später nahmen die Menschen statt des lebenden Tieres, das sich oft widersetzt­e, einen hölzernen Esel, auf die man eine Christusfi­gur setzte.

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Foto: Erich Echter Der Altomünste­rer Palmesel stand im Stadtmuseu­m Aichach.

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