Unfair: Unterschiedliche Rechte für Geschwister
Warum darf Julian länger aufbleiben? Als ich so klein war wie Lisa, durfte ich nicht so spät ins Bett? Mir hilfst du nie beim Schuhe zubin den, Sebastian aber schon? Um nichts wird von Geschwistern so erbittert gekämpft, wie um Rechte und Privilegien. Muss ich, um der Gerechtigkeit willen, tatsächlich immer das gleiche Maß ansetzen: Die Sechsjährige also die Stunde früher ins Bett schicken, den Fern seher exakt nach einer halbe Stunde aus schalten, bloß um die Regeln einzuhalten?
Es ist zwar lästig, aber ich erkläre halt immer wieder, warum ich es beim einen Kind so und beim anderen Kind anders mache oder gemacht habe. Zum Beispiel das Thema Schlaf: Meine ältere Tochter hat einfach als sie kleiner war, mehr Schlaf gebraucht als meine jüngere. Deswegen habe ich sie damals eine Stunde früher ins Bett geschickt. Die kleinere wiederum hat Bedürfnisse, die die größere nicht hatte. Immer die gleichen Rechte, das wäre nur fair, wenn auch die Kinder genau gleich wären. Das sind sie ja aber nicht. Und deswegen kann man das auch nicht so strikt handhaben. Meine größere Tochter will das oft nicht einsehen und beschwert sich. Beispielsweise, wenn die jüngere noch ein bisschen Fernsehschauen darf. Dann muss ich mich regelrecht rechtfertigen. Deswegen erzähle ich ihr manchmal Geschichten, in denen ich ihr gegenüber genauso nachsichtig war, zum Beispiel die von der Eisdiele, an der wir nie vorbeilaufen konnten, ohne dass sie nicht eine Kugel bekam… So bekommt sie vielleicht ein Gespür dafür, dass ich auf ihre Bedürfnisse genauso eingegangen bin und eingehe wie auf die ihrer Schwester.
Oh ja, das bekomme ich heute noch auf das Butterbrot geschmiert! Das lustige daran ist aber, dass beide meiner Kinder sich bei fast den gleichen Dingen benachteiligt fühlten. Bei solchen Problemen habe ich derjenigen Tochter, die sich gerade beschwerte, aufgezählt, was sie alles darf bzw. durfte oder hat und die Schwester nicht, was man für sie macht und für die Schwester nicht. Mal ehrlich, da fällt einem immer was ein. Da wurde das sich beschwerende Kind meistens ganz schnell ruhig, dachte nach und stellte fest, dass da was dran sein könnte. Im Leben wird sich oft vieles ausgleichen. Man kann nicht alles ganz genau auflisten. Der Eine bekommt eben von dem einen etwas mehr und der Andere von dem anderen etwas mehr. » Auch Sie haben eine Er ziehungsfrage? Schreiben Sie an Familie@augsburger allgemeine.de. Die Kolumne wird betreut von Doris Weg ner und Stefanie Wirsching, beide Mütter, und Autorin nen des Buches „Supermüt ter“(www.augsburgerall gemeine.de/shop)