Sofia: Keine Mehrheit in Sicht
Regierungschef Borissow schlägt Expertenregierung vor
Bulgarien Die bürgerliche Partei von Bulgariens Ministerpräsident Boiko Borissow bleibt nach den Wahlen in dem Land am Sonntag stärkste politische Kraft, steht aber vor komplizierten Verhandlungen für ein neues Regierungsbündnis. Seine Partei Gerb erhielt laut amtlichem Zwischenergebnis von Montag gut 25 Prozent der Stimmen.
Borissow bot ihnen die Bildung einer gemeinsamen Expertenregierung an. „Ich schlage euch Frieden vor – lasst uns Experten einsetzen und bis Dezember die Verantwortung übernehmen, die Pandemie zu bewältigen, damit es wieder aufwärtsgeht“, sagte Borissow in der Nacht zum Montag.
Der 61-Jährige regiert das ärmste EU-Land mit einer Unterbrechung seit 2009. Anhänger der Sozialisten und der Protestparteien forderten im Sommer 2020 seinen Rücktritt wegen „korrupter Amtsführung und Verbindungen zu Oligarchen“. Sein bisheriger Koalitionspartner, die nationalistische WMRO, scheitert wohl an der Vier-Prozent-Hürde. Die Protestpartei „Es gibt so ein Volk“(ITN) von TV-Moderator und Kabarettist Slawi Trifonow wurde den Zahlen zufolge mit rund 19 Prozent überraschend zweitstärkste Partei. Trifonow gehört zu den prominentesten Corona-Leugnern in Bulgarien, ist aber zurzeit unter Quarantäne wegen Covid19-Symptomen. Ein Stellvertreter von Trifonow verkündete in dessen Fernsehsender, dass die ITN nicht mit den „Parteien des Status quo“– also Borissows Gerb, den Sozialisten sowie der Partei der türkischen Minderheit DPS – koalieren werde.
Die aus den früheren Kommunisten hervorgegangenen Sozialisten dürften mit knapp 15 Prozent auf Platz drei landen. Ins neue Parlament ziehen noch die Türkenpartei DPS (9 Prozent) sowie die konservativ-liberal-grüne Protestkoalition Demokratisches Bulgarien (10 Prozent) und „Richte dich auf! Mafiosi raus!“(5 Prozent).