Geldstrafe nach Unfalltod des Autobahnpfarrers
Der Geistliche aus Adelsried wurde von einem Anhänger auf der A8 erfasst. Wer dafür verantwortlich gemacht wurde
Adelsried Es war 14.37 Uhr, als der letzte Versuch endete, Pater Wolfram Hoyer ins Leben zurückzuholen. Rettungskräfte, selbst anhaltende Autofahrer hatten es mit Reanimationsmaßnahmen probiert, aber nie eine echte Chance gehabt. Hoyer, Autobahn-Pater von Adelsried (Landkreis Augsburg), war zu schwer verletzt. Er starb an jenem verhängnisvollen 30. Juli 2020 auf dem seitlichen Grünstreifen der A8 bei Sulzemoos – unter Umständen, die Angehörige und Außenstehende, Polizisten und Bekannte bis heute fassungslos zurücklassen. Zumindest juristisch ist der Fall inzwischen jedoch aufgearbeitet.
Als Beifahrer war Wolfram Hoyer, Prior des Augsburger Dominikanerkonvents, an diesem Donnerstagnachmittag auf der A8 Richtung Stuttgart unterwegs. Am Steuer saß eine langjährige Bekannte und Freundin, Susann-Mareen TheuneVogelsang. Da ihr dunkelroter Kleinbus plötzlich nicht mehr beschleunigte, lenkte Theune-Vogelsang das Fahrzeug in einer lang gezogenen Linkskurve auf den Seitenstreifen.
Hoyers Begleiterin rief den Pannendienst und sicherte die Stelle mit einem Warndreieck. Dieses fiel, offenbar durch den Fahrtwind des vorbeirauschenden Verkehrs, jedoch um. Theune-Vogelsang wollte unter dem Beifahrersitz Warnwesten herausholen, um das Warndreieck wieder aufzustellen.
Zeitgleich, es war 13.55 Uhr, löste sich bei voller Fahrt der hüfthohe Anhänger eines Kleintransporters und rauschte nach rechts weg – genau in Richtung des Pannenfahrzeugs. Dort traf er Wolfram Hoyer, der direkt daneben und mit dem Rücken zum Verkehr stand. Der 51-Jährige wurde rund 25 Meter den Grünstreifen entlanggeschleudert und erlag kurz darauf seinen schweren Verletzungen.
Der Tod des beliebten Geistlichen, als „Autobahnpater“bekannt, löste weit über den Raum Augsburg hinaus große Bestürzung aus. Doch sein tragischer Unfall warf auch Fragen auf. Die wichtigste: Wie konnte es dazu kommen? Die Polizei nahm Ermittlungen auf und untersuchte allein den Anhänger über zwei Wochen. Ein unfallanalytisches Gutachten ergab, dass keine technischen Mängel vorgelegen hatten. Was bedeutete: Der Anhänger war nicht ordnungsgemäß befestigt worden und hatte sich deshalb vom Kleintransporter gelöst.
Schnell geriet der Fahrzeugführer in den Fokus. Nach Informationen unserer Redaktion handelt es sich dabei um einen 29-Jährigen aus dem Landkreis Ansbach (Mittelfranken). Mit ihm im Fahrzeug saßen zum
Zeitpunkt des Unfalls zwei Arbeitskollegen, ein 20-Jähriger und ein 54-Jähriger. Den Anhänger richtig zu befestigen – oder zumindest dessen ordnungsgemäße Befestigung zu kontrollieren –, lag rechtlich in der Zuständigkeit des Fahrers. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München II kamen im Dezember 2020 zum Schluss, dass der 29-Jährige entsprechend auch für den Unfall verantwortlich war. Sie beantragte deshalb einen Strafbefehl, der vom zuständigen Amtsgericht Dachau erlassen wurde. Das Urteil: eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen wegen fahrlässiger Tötung. Außerdem erhielt der Mann ein dreimonatiges Fahrverbot. Er hat den Strafbefehl Ende Januar akzeptiert, das Urteil ist damit rechtskräftig.
Zum Urteil erklärt Andrea Mayer, Sprecherin der Staatsanwaltschaft München II: „Im Kern ging es darum, dass der tödliche Unfall hätte vermieden werden können, wenn der Anhänger richtig befestigt gewesen wäre. Dafür war der Fahrzeugführer verantwortlich.“Dies rechtfertige eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung. „In diesem Fall sind sehr viele unglückliche
Umstände zusammengekommen.“Man könne dem Mann Fahrlässigkeit, aber keine kriminellen Absichten unterstellen. Bei fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr seien Geldstrafen „relativ normal“– außer wenn Alkohol im Spiel gewesen sei.
Susann-Mareen Theune-Vogelsang, die in Hoyers letzten Stunden an seiner Seite war, ist froh, dass die Strafe nicht höher ausgefallen ist. Bis heute mache sie dem Fahrer keine Vorwürfe. Der Mann sei durch seine Verantwortung am Unfall bereits „bestraft genug. Das ist eine Bürde, die ihm bleiben wird. Dieses Unglück braucht nicht noch mehr Opfer. Ich wünsche dem Mann, dass er jetzt die Chance bekommt, weiterzumachen und ein gutes Leben führen zu können“. In dieser Meinung sei sie sich mit Hoyers Mutter einig. Theune-Vogelsang betont, selbst mit der Bewältigung des Unfalls beschäftigt zu sein. „Zu wissen, dass jetzt jemand deshalb verurteilt worden ist, macht die Ereignisse von damals nicht besser oder schlechter. Aber vielleicht kann das Urteil dabei helfen, einen allgemeinen Abschluss zu finden.“