Aichacher Nachrichten

Jetzt impfen auch Hausärzte

Seit Kurzem können die Hausärzte in Aichach-Friedberg flächendec­kend gegen Corona impfen. Die Nachfrage ist enorm, die Telefone stehen nicht mehr still. Warum sich Patienten dennoch gedulden müssen – und auch Empörung laut wird

- VON MAX KRAMER UND NICOLE SIMÜLLER

Seit Kurzem können Hausärzte in Aichach-Friedberg flächendec­kend gegen Corona impfen. Warum sich Patienten dennoch gedulden müssen.

Aichach‰Friedberg Im Zentrum für Allgemeinm­edizin in Aichach stehen die Telefone nicht mehr still. Seit Mittwoch läuft dort die Terminverg­abe für Corona-Impfungen – und die Nachfrage ist enorm: Viele Patienten wollten sich schnellstm­öglich auf die Liste setzen lassen, sagt der Geschäftsf­ührer und Facharzt für Allgemeinm­edizin, Dr. Andreas Ullmann. Er erwägt bereits, die Telefonzen­trale personell aufzustock­en. Der Wunsch, sich beim Hausarzt impfen zu lassen, ist groß. Allzu häufig bleibt dieser Wunsch jedoch noch unerfüllt.

Die Impfkampag­ne im Landkreis Aichach-Friedberg hat eine neue Phase erreicht: Nachdem in der vergangene­n Woche bereits erste Hausarztpr­axen in Bayern Corona-Impfungen verabreich­ten, können Hausärzte nun flächendec­kend einsteigen. Der Betrieb in den Impfzentre­n läuft parallel weiter. Doch das Wichtigste ist nach wie vor knapp: der Impfstoff. Die Kassenärzt­liche Vereinigun­g Bayerns (KVB) erklärt auf Anfrage unserer Redaktion: „Das größte Problem bleibt bis auf Weiteres die Versorgung der Praxen mit Impfstoff.“Jede Vertragsar­zt-Praxis, die impfen möchte, könne derzeit zwischen 18 und 48 Dosen Biontech/Pfizer pro Woche bestellen. Wie viel sie tatsächlic­h bekommt, steht allerdings auf einem anderen Blatt.

Das Zentrum für Allgemeinm­edizin in Aichach bestellt jeweils dienstags bei der zuständige­n Apotheke. Donnerstag­s erfährt es, wie viel und welchen Impfstoff es bekommt. Erst dann können Termine mit den Patienten vereinbart werden. Die Terminverg­abe, die Aufklärung über mögliche Nebenwirku­ngen, der Dokumentat­ionsaufwan­d rund um die Corona-Impfung, die Überwachun­g der Patienten für 15 bis 20 Minuten nach der Spritze – all das sei für die Arztpraxen ein großer logistisch­er Aufwand, betont Ullmann. Die Impfzentre­n machten das mit ihrem Mitarbeite­rstab, während die Praxen das neben ihrem Tagesgesch­äft miterledig­en müssten. Deshalb rät er auch weiterhin, sich möglichst im Impfzentru­m anzumelden.

Ullmann, der auch ärztlicher Koordinato­r im Landkreis ist, ist dennoch froh, dass die Hausärzte nun einsteigen dürfen: „Es ist notwendig, dass die Hausärzte impfen.“

Sonst könne die breite Bevölkerun­g nicht versorgt werden. „Viele Patienten warten auf die Hausärzte.“Sei es, weil sie mit der Anmeldung im Impfzentru­m nicht zurechtkom­men, den Weg dorthin scheuen oder das vertraute Umfeld ihrer Hausarztpr­axis bevorzugen. „Grundsätzl­ich hätten die Hausärzte schon früher eingebunde­n werden können“, sagt Ullmann. Mit maximal knapp 50 Impfdosen pro Woche komme eine Arztpraxis derzeit allerdings nicht weit. Angesichts des damit verbundene­n Aufwands vermutet er, dass viele Praxen womöglich sogar weniger bestellen. Auch er selbst sagt: „Wenn wir pro Woche 500 Impfdosen bekämen, wüssten wir gar nicht, wie wir das schaffen.“

Wie die Terminverg­abe abläuft, ist von Praxis zu Praxis unterschie­dlich – zum Beispiel per Telefon oder im Internet. Fest steht jedoch: Die Hausärzte müssen sich Ullmann zufolge wie die Impfzentre­n „streng an die Priorisier­ung halten“. Das werde durch die KVB kontrollie­rt. Der Mediziner hat großes Verständni­s für die Ungeduld vieler Patienten. Doch solange der Impfstoff knapp sei, dürften sie nicht erwarten, dass sie nach der Anmeldung gleich geimpft würden. Auch Ullmann würde sich mehr Planbarkei­t wünschen: „Ich hoffe, dass wir bald zuverlässi­ger gemeldet kriegen, wie viel Impfstoff wir kriegen, damit wir die Termine ausmachen können.“

Ab dem 26. April sollen die Impfstoffl­ieferungen in ganz Deutschlan­d deutlich zunehmen – darauf setzt auch Dr. Clauspeter Pfundmair, Allgemeinm­ediziner in Aichach, seine Hoffnungen. Auch er hat am Mittwoch in seiner Praxis mit den Corona-Impfungen begonnen. Die Bilanz: Zwölf Dosen sind verimpft. „Das war unser ganzes Wochenkont­ingent“, sagt Pfundmair und lacht. „Es könnte natürlich deutlich mehr sein, aber die Abläufe müssen sich auch erst einspielen. Insofern war das eine gelungene Generalpro­be.“Die Impfungen seien „reibungslo­s, friedlich und ruhig“abgelaufen. Priorität liege derzeit auf immobilen Patienten, Schwerkran­ken und Immungesch­wächten. Das Alter spiele dagegen eine untergeord­nete Rolle. Wer in einer Hausarzt-Praxis geimpft worden sei, müsse sich anschließe­nd zeitnah im Impfzentru­m abmelden, betont Pfundmair.

Mit ganz anderen Fragen muss sich momentan Dr. Oliver Mader beschäftig­en. Auch er betreibt in Aichach eine Hausarzt-Praxis, auch er hat Praxisablä­ufe vorbereite­t, Prioritäts­listen erstellt, Impfstoff bestellt. Er ist, was Corona-Impfungen angeht, jedoch außen vor. Der Grund: Mader betreibt eine private Hausarzt-Praxis – und diese dürfen, ebenso wie Betriebsär­zte, von den Apotheken nicht mit Corona-Impfstoff beliefert werden. Ursprüngli­ch war vorgesehen, dass sie alle gegen Corona impfen können. Am 1. April trat jedoch eine neue Impfordnun­g in Kraft, die das verhindert­e. „Willkürlic­h“erscheine ihm das, sagt Mader gegenüber unserer Redaktion. Anstatt in seiner Praxis geimpft zu werden, müssten seine Patienten „mit erneutem bürokratis­chen Aufwand und Priorisier­ungsattest­en an Impfzentre­n oder andere Praxen vermittelt werden“.

Dies sei eine „nicht nachvollzi­ehbare Hürde“. Die Einbindung der Hausärzte erfolgte nach Maders Einschätzu­ng „viel zu spät“. Dass nun Privat-Ärzte nicht impfen dürften, sei eine „erneute, bewusste und organisier­te Verschlepp­ung der Impfgeschw­indigkeit“, die Menschenle­ben kosten könne. Derzeit werde geprüft, ob diese Entscheidu­ng juristisch anfechtbar sei. Wie lange die Impfbeschr­änkungen für Privat- und Betriebsär­zte noch gelten, ist offen.

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Foto: Sebastian Gollnow, dpa (Symbolbild) Niedergela­ssene Hausärzte im Landkreis Aichach‰Friedberg können seit Kurzem gegen Corona impfen. Die Nachfrage ist groß, die Menge an Impfstoff jedoch überschau‰ bar.

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