Ein Hauch von Cool Britannia
Mit den negativen Folgen des Brexits geht das Londoner Unternehmen Brompton Bicycle auf sehr britische Art um. Und es will nicht weniger als die Gesellschaft in Städten verändern
London Irgendwie könnte man sich vorstellen, wie Noel Gallagher statt im Rolls Royce auf einem Brompton in Downing Street zehn vorfährt. Der Oasis-Musiker mit einem angesagten Klapprad auf dem Weg zum Polit-Empfang, es hätte gepasst – damals im Jahr 1997, als der Popstar Gallagher mit Neu-Premier Tony Blair dessen Wahlsieg feierte; als der Hype um Cool Britannia seinen Höhepunkt erlebte, London wieder ins Schwingen kam und Musik, Mode und Design aus GB weltweit gefeiert wurde. Die Fahrräder des Herstellers Brompton Bicycle fristeten damals noch ein Nischendasein, erinnern jedoch genau an jene Zeit. Auf dem Lack der Gestelle weht kein Union Jack. Und doch präsentiert sich das Produkt wie auch das Unternehmen durch und durch britisch – in positiver Hinsicht, muss man 2021 – anders als in den 1990er Jahren – fast hinzufügen. Der Ruf des Vereinigten Königreichs mag durch den Brexit gelitten haben. Aber in der Fabrikhalle im Westen Londons spielt das nur eine untergeordnete Rolle.
Hier klappert und zischt es, in der einen Ecke wird gelötet, in der anderen schrauben sie Räderteile zusammen. Es herrscht Optimismus und das nicht zuletzt wegen des Firmenchefs Will Butler-Adams. Der 46-Jährige, der mit kurzer Hose, T-Shirt und Weste nicht gerade dem Bild des klassischen Managers entspricht, hat mit seinen Falträdern Großes vor. Er will nichts weniger als die Gesellschaft in urbanen Regionen verändern. „Die Welt ist städtischer geworden, wir sind reicher, aber sind wir auch glücklicher? Ich denke nicht“, sagt er. Seiner Meinung nach tragen Fahrräder entscheidend dazu bei, „neu festzulegen, wie wir in unseren Städten leben“. Warum ins Auto steigen, um die acht Kilometer zur Arbeit zu fahren? „Wir sollten uns daran erinnern, um was es im Leben geht“, so Butler-Adams. Um den Menschen, die Familie, um Lebensqualität. Das Fahrrad sei schlichtweg das effizienteste Transportmittel. „Es verschmutzt die Umwelt nicht und man verbrennt Kalorien statt fossiler Brennstoffe.“Das Besondere am Brompton, neben dem Preis von durchschnittlich rund 1500 Euro: Es ist prädestiniert für Städter. Ins Büro oder von Meeting zu Meeting radeln und anstatt es irgendwo anzuschließen, kann man es innerhalb von Sekunden zusammenklappen und unter dem Schreibtisch verstauen oder an der Garderobe abgeben. Oder man nimmt es nach einem Abend im Pub gefaltet im Taxi, Zug oder gar im Flugzeug im Handgepäck mit. Mittlerweile gibt es auch elektrische Exemplare mit abnehmbarem Akku.
Um die Luftverschmutzung zu reduzieren, fördern Bürgermeister zahlreicher Großstädte die „Fahrrad-Revolution“, wie Londons Oberhaupt Sadiq Khan es nannte. In der britischen Hauptstadt, in Paris oder Singapur – die Planer setzen auf den Ausbau von Fahrradwegen. Mit Erfolg. Die Zahl jener, die keine Lust auf stickige U-Bahnen haben und sich lieber auf den Sattel schwingen, steigt seit Jahren an. Die Corona-Pandemie hat die Entwicklung noch beschleunigt.
Tatsächlich sind tausende Londoner, ob im Bankenviertel oder im politischen Westminster, aufs Rad umgestiegen. Und immer häufiger auch auf die so schräg wie stylish daherkommenden Bromptons. Doch Butler-Adams geht es weniger um das Aussehen als um die Zweckmäßigkeit: „Es ist kein Modeartikel, sondern Ingenieurarbeit.“Deshalb fänden auch die Deutschen zunehmend Gefallen daran. Derzeit verkaufen sie ein Drittel der Räder in die EU, ein Drittel geht nach Asien, zehn Prozent in die USA. Aber das Unternehmen, das im letzten Jahr rund 65.000 Räder fertigte und seit 2016 um das Dreifache gewachsen ist, will weiter expandieren – in Kontinentaleuropa vor allem in Deutschland, wo Brompton nun einen eigenen Standort, den ersten auf der anderen Seite des Ärmelkanals, eröffnen wird. Trotz Brexit.
Vor allem mittelständische Betriebe straucheln derzeit mit den Folgen des EU-Austritts. So werden beispielsweise 20 bis 25 Prozent der Teile eines Brompton-Rads aus der EU importiert, was nun länger dauert, mehr Bürokratie erfordert und zusätzliche Kosten verursacht. Das Gleiche gilt für den Export der fertigen Räder auf den Kontinent. Allzu laute Klagen sind jedoch weder von dem Londoner Industriebetrieb noch von den meisten anderen Unternehmen zu hören seit Ende der Brexit-Übergangsphase zum Jahreswechsel. Das hat Gründe.
Es herrscht eine Mischung aus Gelassenheit, Pragmatismus und leisem Optimismus. „Natürlich nerven der Extra-Aufwand und die Kosten, aber ist es das Ende der Welt? Nein, nur ein bisschen komplizierter“, sagt Butler-Adams. „Uns steht ein Klimanotstand bevor, das ist das größere Problem.“Es scheint auf der Insel wieder einmal das berühmte Motto zu gelten: „Keep calm and carry on.“Also: ruhig bleiben und weitermachen.
Clemens Fuest. Der Ökonom erklärt: „Die international tätigen deutschen Unternehmen haben kein Interesse daran, im Ausland höhere Steuern zu zahlen. Auch der deutsche Fiskus hat daran kein Interesse.“Mindeststeuern könnten allerdings Anreize reduzieren, Gewinne durch steuerliche Gestaltungen ins Ausland zu verlagern. Das könne die deutschen Steuereinnahmen erhöhen. Fuest erklärt weiter: „Die deutschen Unternehmen würden nur dann profitieren, wenn die Steuererhöhungen für die ausländischen Konkurrenten höher ausfallen als für sie selbst. Das ist eher nicht zu erwarten. Sie könnten auch profitieren, wenn die Mindeststeuer zu mehr Verlässlichkeit in der internationalen Besteuerung und weniger unilateralen steuerpolitischen Maßnahmen mit Doppelbesteuerungswirkung führen würde.“
Sven Giegold, finanzpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im EU-Parlament, kommentierte das Ergebnis so: „Ich hätte mir mehr Unterstützung des Finanzministers für die 21 Prozent gewünscht. Eine volle Unterstützung des Vorschlags von Yellen war das nicht. Wir sollten diese transatlantische Chance nutzen.“Nur mit einem angemessenen Steuersatz sei die globale Mindeststeuer ein scharfes Schwert gegen Steuerdumping. Die bisher in der OECD diskutierten zwölf Prozent vermieden Konflikte in der EU mit den Steueroasen, seien aber zu niedrig, um den Steuersenkungswettlauf zu beenden. 21 Prozent wären ein fairer Mindeststeuersatz für globale Unternehmensgewinne.