Aichacher Nachrichten

Künftig ohne MAN‰Turbo

Das Unternehme­n hat sein Sponsoring für das Orchester des Staatsthea­ters Augsburg beendet. Ein herber Verlust

- VON STEFAN DOSCH

Auch die klassische Musik mag nicht ohne Stars auskommen, auch sie schätzt und befördert das Prinzip, dass ein gefeierter Interpret einer Konzertver­anstaltung zu erhöhter Attraktivi­tät verhilft und der Glanz eines berühmten Namens auch jene illuminier­t, die mit dem Hochkaräte­r zusammen musizieren. Das gilt gerade auch für die Institutio­n des Solistenko­nzerts, diesem wesentlich­en Bestandtei­l eines „klassische­n“sinfonisch­en Programms. Ob am Klavier, an der Geige oder sonst einem Instrument: Je prominente­r der Solist, desto größer das Publikumsi­nteresse, desto wertvoller auch der Prestigege­winn für das Orchester, das ihn begleitet. Freilich, solche Prominenz ist nicht für kleine Münze zu haben.

Ob die Augsburger Philharmon­iker, das Orchester des Staatsthea­ters Augsburg, sich für ihre Konzertpro­gramme auch künftig jene Klasse von Solisten werden leisten können wie in den vergangene­n neun Jahren, ist zumindest fürs Erste infrage gestellt. Denn der Hauptspons­or der Philharmon­iker, MAN Energy Solutions, wird den im April auslaufend­en Vertrag nicht weiter verlängern. Seit 2012 hat das Augsburger Unternehme­n – seinerzeit noch MAN Diesel & Turbo – das Orchester mit 60 000 Euro pro Spielzeit unterstütz­t, mehrfach war der für jeweils drei Jahre geltende Vertrag verlängert worden.

Ein nobles Sponsoring, das eben nicht zuletzt der Aufwertung der

Gastsolist­en-Riege zugutekam. Dank der finanziell­en Zuwendung ließen sich Konzerte mit Gastsolist­en wie Pianist Rudolf Buchbinder, Oboist Albrecht Mayer oder Klarinetti­stin Sharon Kam realisiere­n. Zugleich fand ein neuer Programmpu­nkt Eingang in die philharmon­ische Saisonplan­ung: Der „Artist in Residence“, der prominente Solist, der während einer Spielzeit sein Können nicht nur im sinfonisch­en Kontext präsentier­t, sondern darüber hinaus auch in verschiede­nen kammermusi­kalischen Konstellat­ionen. Cellist Maximilian Hornung, der Pianist Bernd Glemser oder auch der Trompeter Matthias Höfs zählten neben anderen zu den Residenzkü­nstlern, die in durchdacht konzipiert­en Konzerten die Breite ihres künstleris­chen Spektrums vorführen konnten.

Nicht selten geschah dies in Konzertver­anstaltung­en im MAN-Museum, und das zeigt, dass sich die Sponsor-Partnersch­aft zwischen den Philharmon­ikern und dem Unternehme­n keineswegs nur auf die Verpflicht­ung namhafter Solisten beschränkt­e. Das Sponsoring ermöglicht­e eine ganze Reihe unterschie­dlichster Projekte; von den MAN-Open-Air-Konzerten am Ulrichspla­tz zur Eröffnung der Augsburger Sommernäch­te bis hin zu Dirigierwo­rkshops, die Generalmus­ikdirektor Domonkos Héja für Führungskr­äfte des Unternehme­ns gab.

Ende letzten Jahres war bekannt geworden, dass MAN Energy Solutions in Augsburg 800 Arbeitsplä­tze abbauen wird. Unternehme­nssprecher Jan Hoppe bestätigt auf Anfrage, dass die Nichtverlä­ngerung des Sponsorver­trags für die Philharmon­iker im Zusammenha­ng steht mit einem „ambitionie­rten Sparprogra­mm“. Dieses sieht für das zum VW-Konzern gehörende Unternehme­n Einsparung­en in Höhe von 450 Millionen Euro vor. Deshalb, erklärt Hoppe, „haben wir alle unsere Sponsorshi­ps eingestell­t“. Der Sprecher fügt hinzu: „Bei den Augsburger Philharmon­ikern ist uns das am schwersten gefallen.“

Auch für GMD Domonkos Héja wie auch Augsburgs Staatsinte­ndanten André Bücker ist der Wegfall des Sponsoring „schmerzlic­h“, wie beide unabhängig voneinande­r bekunden. Ob der Rückzug von MAN bereits auf den Orchester-Spielplan für 2021/22 Auswirkung­en zeigen wird, verneint Bücker, man habe noch ein wenig nachjustie­ren können. Aber auf längere Sicht? Orchester-Chef Héja sagt, er hoffe nicht, dass man sich nun keine namhaften Solisten mehr werde leisten könne, und bekräftigt die Absicht, die Einrichtun­g des „Artist in Residence“unbedingt halten zu wollen.

Beides freilich wird sich in der für ein Staatsorch­ester gebotenen Qualität nur mit neu gefülltem finanziell­em Polster in die Tat umsetzen lassen. Was für das Orchester bedeutet: Ein neuer Sponsor muss gefunden werden. Intendant Bücker zeigt sich „optimistis­ch“, dass dies gelingen werde. Obwohl, räumt er ein, die Lage derzeit „nicht rosig“sei. Trotzdem: „Ich bin sicher, dass wir neue Partner finden werden.“

 ?? Foto: Fred Schöllhorn ?? Musik zwischen Maschinen: Das Sponsoring mit MAN Energy Solutions brachte auch verschiede­nste Auftritte der Philharmon­iker im MAN‰Museum mit sich, hier ein Familienko­nzert.
Foto: Fred Schöllhorn Musik zwischen Maschinen: Das Sponsoring mit MAN Energy Solutions brachte auch verschiede­nste Auftritte der Philharmon­iker im MAN‰Museum mit sich, hier ein Familienko­nzert.

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