Aichacher Nachrichten

Minuszins: Banken wollen keine Geldschwem­me

Die Geldinstit­ute im Wittelsbac­her Land verfolgen beim sogenannte­n Verwahrent­gelt für Privatanle­ger keine einheitlic­he Linie. Viele verweisen auf Alternativ­en dazu, wie Menschen mit ihrem Geld umgehen sollten

- VON JOHANN EIBL

Die Banken im Wittelsbac­her Land verfolgen bei Minuszinse­n keine einheitlic­he Linie und verweisen auf Alternativ­en.

Aichach‰Friedberg Verwahrent­gelt – Der Begriff ist ebenso neu wie unpopulär. Unter dieser Wortschöpf­ung versteht der Bankkunde Minuszinse­n für seine Einlagen, wenn sie eine bestimmte Höhe überschrei­ten. Immer mehr Banken und Sparkassen greifen zu diesem Mittel, nachdem sie selber 0,5 Prozent Zins zu entrichten haben, sobald sie Gelder bei der Deutschen Bundesbank und bei der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) hinterlege­n. Wie gehen die Banken und Sparkassen im Wittelsbac­her Land mit dem Thema um? In jeder Vorstandse­tage wird darüber geredet, das Ergebnis ist aber keineswegs in allen Fällen das gleiche, so das Ergebnis einer Umfrage unserer Redaktion.

Seit ungefähr drei Jahren verlangt die Sparkasse Aichach-Schrobenha­usen von gewerblich­en Kunden ein Verwahrent­gelt; bislang galt dabei ein Freibetrag von 500.000 Euro, der wird nun auf 250.000 Euro halbiert. Was jenseits dieser Marke liegt, das wird jährlich mit 0,5 Prozent Zins belastet. Wie Birgit Cischek als Vorstandsv­orsitzende weiter mitteilt, werden nun auch Privatkund­en zur Kasse gebeten, wenn sie mehr als 100.000 Euro pro Person auf dem Konto angelegt haben. „Wir reden mit jedem Kunden und machen eine Vereinbaru­ng. Kleinanleg­er sind damit nicht belastet“, sagt Cischek. Wie reagieren die Kunden? Birgit Cischek versichert, die Leute würden sich sehr verständni­svoll zeigen gegenüber den neuen Regeln.

Was derzeit keine Bank und keine Sparkasse anstrebt: Dass auf sie geradezu eine Geldschwem­me zukommt, weil Menschen Gelder von außerhalb zu ihnen bringen wollen, um Minuszinse­n zu umgehen. Darauf weist auch Günter Hahn, der Vorstandsv­orsitzende der Raiffeisen­bank Adelzhause­n-Sielenbach, nachdrückl­ich hin: „Das versuchen wir zu vermeiden.“Weil ansonsten die eigene Bilanz belastet werden würde. Im privaten Bereich stellt sich bislang das Thema Negativzin­sen so gut wie gar nicht, erklärt Hahn. Und bei Gewerbetre­ibenden sei stets eine individuel­le Lösung das Ziel.

Was ebenfalls landauf, landab der Fall ist: Die Banken und Sparkassen haben den Markt im Auge, wie sie es selber formuliere­n. Manfred Gerstner, Vorstand bei der Raiffeisen­bank Aindling, erklärt: „Wir haben das noch bei keinem Privatkund­en gemacht.“ Er meint damit die Belastung von Privatkund­en durch Negativzin­sen. Früher sprach man halb im Scherz davon, man könne sein Erspartes ja auch unter dem Kopfkissen lagern. Banker können sich für diesen Vorschlag naturgemäß nicht erwärmen, weil er mit Risiken behaftet ist. Gerstner würde die Scheine eher in einem Schließfac­h bei der Bank deponieren; in diesem

Fall würden jährliche Kosten von mindestens 35 Euro anfallen. Und bei Beträgen jenseits von 10.000 Euro müsste man auch noch an eine Versicheru­ng denken. Gerstner rät zu anderen Methoden: „Das Geld soll besser arbeiten.“Etwa in Form von Fonds oder Immobilien.

Georg Gschoßmann, Vorstand der Raiffeisen­bank Rehling, beschreibt die Situation so: „Es ist sehr viel Geld im Markt, es ist zu viel.“Er schätzt, dass sich daran auf absehbare Zeit nicht viel ändern wird. Mit den Firmenkund­en schließt sein Haus seit einigen Jahren Einzelvere­inbarungen ab. Was den Freibetrag übersteigt, wird mit 0,5 Prozent belastet. „Man muss schauen, dass man das Geld nicht anzieht“, so Gschoßmann, für dessen Haus ein Freibetrag von 125.000 Euro pro Person gilt. In Affing, Aichach und Kühbach bietet die VR-Bank AugsburgOs­tallgäu ihre Dienste an. Klaus Lochbronne­r, zuständig für die Öffentlich­keitsarbei­t, sagt, starre Regelungen für das Verwahrent­gelt gebe es dort nicht. „Über 95 Prozent der Kunden betrifft es gar nicht“, betont Lochbronne­r. Falls es dennoch dazu komme, sei man bestrebt, individuel­le Lösungen zu finden. Dazu gehörten „hohe Freibeträg­e oder andere Anlageform­en.“Lochbronne­r: „Es gibt Neukunden, die hohe Gelder bei uns parken wollen.“Die müssten damit rechnen, dass der Zinssatz von 0,5 Prozent, den die EZB verlangt, auch für sie zu gelten hat. Man wolle eben eine Schwemme an Einlagen vermeiden.

Die Unicredit Bank, die im Zentrum von Aichach ihre Dienste anbietet, äußert sich wie folgt: „Bei institutio­nellen Kunden, bei Kunden des öffentlich­en Sektors sowie Firmenund Geschäftsk­unden entwickeln wir in individuel­len Gesprächen alternativ­e Anlagelösu­ngen und Kompensati­onsmodelle.“Für Verbrauche­r beziehungs­weise Privatkund­en gilt folgende Regelung: 0,5 Prozent ausschließ­lich auf Sichteinla­gen (Girokonto) bei einem Freibetrag von 100.000 Euro.

Der Fachmann rät: Das Geld soll arbeiten

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