Wieder ein Bergsommer auf Distanz?
Anfang Mai öffnen die ersten Hütten und Alpen im Allgäu. Noch weiß niemand, wann Übernachtungen wieder möglich sind – und doch lohnt sich eine Reservierung
Kempten/Oberstdorf Jeder braucht etwas, auf das er sich freuen kann“, sagt Lucia Kitzelmann, Wirtin auf der Mindelheimer Hütte. Und das vor allem in Zeiten wie diesen. So sei es wohl zu erklären, dass trotz aller Unsicherheiten viele Menschen Hüttenübernachtungen für die kommenden Sommermonate buchen. Einige Stützpunkte in den Bergen seien für Juli und August bereits ausgebucht, berichtet ein Sprecher der Buchungsplattform „Hütten-Holiday“, die inzwischen für neun Hütten in den Allgäuer Bergen Übernachtungswünsche entgegennimmt.
„Wir gehen davon aus, dass der Start in die Sommersaison ähnlich verlaufen wird wie im vergangenen Jahr“, sagt Thomas Bucher, Pressesprecher des Deutschen Alpenvereins (DAV) in München. Er beschreibt die Stimmung unter den Hüttenwirten als „verhalten optimistisch“. Wegen der geforderten Hygiene- und Abstandsregeln konnten die Zimmer und Matratzenlager der Alpenvereinshütten im vergangenen Sommer nur zu 25 bis maximal 40 Prozent belegt werden. Entsprechend hoch waren die Umsatzverluste vor allem auf Unterkunftshäusern, wo weniger Tagesbesucher hinaufkommen. Es könnte sogar sein, dass der Start heuer noch holpriger als im Vorjahr, es wegen einer verbesserten Impfquote im Laufe des Sommers aber immer besser werde, meint Michael TurobinOrt, Geschäftsführer der Alpenvereinssektion Kempten. „Wir haben ja Hygienekonzepte, die funktionieren“, sagt er und verweist auf den Verlauf des vergangenen Bergsommers. Im Hinblick auf die CoronaRegeln und -Einschränkungen waren die Hütten vergangene Saison wie Pensionen oder Hotels im Tal behandelt worden. „Wir gehen davon aus, dass das so bleiben wird“, sagt Matthias Hill von der Alpenvereins-Sektion Allgäu-Immenstadt.
Die Zahl der buchbaren Übernachtungen ist für jede Hütte pandemiebedingt stark verringert worden. „Außerdem steht natürlich alles unter einem gewissen Vorbehalt“, sagt Hill. Vieles spricht dafür, dass Hütten – wenn überhaupt – erst einmal mit dem Tagesbetrieb beginnen werden. Oder die Betreiber verkaufen ausschließlich Essen und Getränke „to go“. Trotzdem: Wer jetzt schon genau weiß, wann und wo er in den Bergen übernachten will, sollte buchen, bevor es zu spät ist. „Vergangenes Jahr haben viele keinen Übernachtungsplatz mehr bekommen, und die versuchen es jetzt bestimmt wieder“, glaubt Hüttenwirtin Lucia Kitzelmann.
Traditionell öffnen niedriger gelegene Hütten bereits zum 1. Mai., beispielsweise die Alpe Obere Kalle bei Immenstadt oder das Grüntenhaus oberhalb von Burgberg im Oberallgäu. Heuer wird es dort nur Speisen und Getränke zum Mitnehmen geben, wie beispielsweise in den vergangenen Wochen an verschiedenen Alpen im Ober- und Ostallgäu.
Petra Wagner bewirtschaftet mit ihrem Mann Gerhard die Alpe Sonthofer Hof oberhalb von Sonthofen.
Dort wollen sie ab dem Muttertagswochenende (7./8. Mai) wieder Speisen und Getränke „to go“anbieten. Ganz unproblematisch findet das Petra Wagner nicht. Denn es ist nicht erlaubt, für Gäste die Toiletten aufzuschließen. Das würde sie aber gerne machen. Damit die Wanderer nicht ihre Notdurft im nahe gelegenen Wald verrichten – oder auf den Wiesen, wo das Futter fürs Vieh wächst.
Wann eine normale Bewirtung wieder möglich sein wird, weiß im Moment niemand. Für die Wirtsleute keine leichte Situation: Normalerweise werden bereits im zeitigen Frühjahr die Verträge mit den Saisonkräften gemacht. Heuer ist das alles nur unter Vorbehalt möglich.