Wie bei Columbo: Der Fall beginnt beim Mord
„Die 7. Zeugin“ist der erste Teil einer neuen Reihe um Anwalt Rocco Eberhardt und Mediziner Justus Jarmer
AichachFriedberg Nikolas Nölting schießt. Und keiner weiß, warum der durchschnittlichste aller Durchschnittsmenschen, der kleine Beamte aus dem Bauamt der Stadt Nauen in Brandenburg, auf einmal in einer Berliner Bäckerei mit einer Waffe scheinbar wahllos um sich schießt.
„Die 7. Zeugin“ist ein Krimi von Michael Tsokos und Florian Schwiecker, und das Besondere an beiden ist, dass sie quasi vom Fach sind. Schwiecker hat lange Zeit als Strafverteidiger in Berlin gearbeitet, Tsokos ist Rechtsmediziner und leitet das Institut bei der Berliner Charité. Ganz wie in den alten Columbo-Filmen beginnt die Handlung mit der Tat. In einer Berliner Bäckerei erlebt der Leser, wie Nöltig dort mit seinem Fahrrad ankommt, sich erst mal nach allen Seiten umsieht. Und dann geht es los.
Nölting schießt nämlich für seine behinderte Tochter, für deren Versorgung er viel Geld braucht. Weshalb er sich mit dem Clan um Kamil Gazal eingelassen hat. Als er nicht mehr mitmachen will, wird er von den Gangstern erpresst. Das finden sein Anwalt Rocco Eberhardt und
Privatdetektiv Tobias Baumann nach und nach heraus. Zuerst erscheint der Fall aussichtslos, es steht nie infrage, dass Nölting gemordet hat. Allerdings hat er in der Bäckerei nur einen Mord begangen und zwei andere Personen absichtlich nur verletzt. Und das Mordopfer bringt Detektiv und Anwalt zu den Hintergründen der Tat.
In dem Buch taucht der Leser in die Perspektiven unterschiedlicher Personen ein. Wird als Polizist Andreas Schäfer niedergeschlagen und begegnet als Strafverteidiger dem arroganten Staatsanwalt Bäumler.
Am Anfang jeden Abschnitts wird außerdem geschrieben, wo und vor allem wann man sich befindet.
Der Leser beginnt nicht bei der Tat, um dann die Festnahme und den ersten, zweiten, dritten Verhandlungstag zu erleben. Er springt beispielsweise vom Tattag zum ersten Verhandlungstag. So erkennt man die vielen zeitgleich ablaufenden Handlungsstränge, obwohl das Buch nicht chronologisch durcherzählt scheint.
Auch andere Stellen im Buch erscheinen etwas zu inszeniert, es werden Details genannt, die es vielleicht nicht gebraucht hätte. Interessant ist auch, dass die Ermittler eigentlich Eberhardt und Jarmer sind, nicht Eberhardt und Baumann. Denn Dr. Justus Jarmer ist der Rechtsmediziner, der sich die Opfer von Nölting angeschaut hat. Seine Einschätzungen sind im Buch zwar wichtig, er erscheint nur eher wie eine Nebenfigur.
Wohingegen man von Eberhardt quasi alles erfährt: zu wem er in welcher Beziehung steht, was für Moralvorstellungen er hat, dass er immer gewinnen will. Seiner Moral zum Trotz lässt er sich aber trotzdem auch auf einen zwielichtigen
Zeugen ein. Es gibt zu Eberhardt und Jarmer einen Steckbrief im Einband des Buches, der Rechtsmediziner bleibt aber immer ein wenig im Schatten.
Manche Dinge wirken im Buch aber auch fraglich: Zum Beispiel, dass Nöltings Nachfolger im Bauamt einfach Informationen an Detektiv Baumann und ein Clan-Mitglied herausgibt. Zugute kann man den Autoren da halten, dass der Mann unter Druck gesetzt wird. Letztendlich ist das Buch trotzdem ein guter Krimi: Spannend und unterhaltsam wird der Mörder verurteilt.
Am Ende bleibt aber, neben dem Cliffhanger für die kommenden Erlebnisse von Eberhard und Jarmer, auch eine Frage: Kann ein Mord vertretbar sein? Denn mit einer solchen Argumentation gewinnt Eberhardt den Prozess. Der Mörder bekommt keine lebenslange Haftstrafe.
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„Die 7. Zeugin“ist der erste Teil einer ganzen JustizKrimiReihe um den Ver teidiger Eberhardt und den Rechtsmedizi ner Jarmer. Das Buch ist im Droemer KnaurVerlag erschienen und kostet 12,99 Euro.
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