Warum der Allenberger Dorfweiher verschwand
Vor 160 Jahren entstand aus einer Pfütze der Dorfweiher am östlichen Ortsrand in dem Schiltberger Ortsteil. Wie er ein Jahrhundert lang genutzt wurde, weshalb es ihn heute nicht mehr gibt und was jetzt auf dem Boden steht
Schiltberg Am östlichen Ortsrand Allenbergs im Gemeindegebiet Schiltberg liegt heute unter anderem der Spiel- und Bolzplatz des rund 280 Einwohner zählenden Dorfes. Wenn hier die Kinder und Heranwachsenden ihrem Freizeitvergnügen nachgehen, denken sie wohl kaum an die einstige Bedeutung dieses Platzes. Wo die Jugend jetzt festen Boden unter den Füßen hat, lag länger als ein Jahrhundert der Dorfweiher. Je nach Lebensalter stand für die einen die Erlebnisqualität des Gewässers, für die anderen sein wirtschaftlicher Wert im Vordergrund.
Die Geschichte des Allenberger Gemeindeweihers beginnt vor genau 160 Jahren. Ab 1861 entwickelte er sich von einer bescheidenen Pfütze zum sprudelnden Quell, aus dem jahrzehntelang die Gemeinde Pachtzins, der Pächter Fische, die Feuerwehr Löschwasser, der Wirt Kühleis und die Kinder Badevergnügen schöpften. Die erste Beurkundung vom 12. Mai 1861 im Gemeindeprotokollbuch lautet: „Unter dem heutigen [Datum] hat die Gemeindeverwaltung Allenberg das Fischwasser, respektive Pferdeschwemme, in der sich nur ein Wasser befindet, wenn anhaltender Regen erfolgt, wo dann das Wasser in dieser Grube zusammenfließt, versteigert, und es erhielt dasselbe Michl Neumair, welcher Fische in diese Grube einwarf, um den Steigerungspreis auf ein Jahr, um 4 Gulden.“
Michl Neumair wird ein Allenberger gewesen sein. Jedenfalls gab es von 1857 bis 1863 einen „Bevollmächtigten“, das heißt einen Gemeinderat im Ort, der Stephan Neumair hieß. Das Protokollbuch verwendet für den Familiennamen auch die Schreibweise „Naimeir“. Es tauchen auch weitere Neumair-Varianten auf, aber es dürfte sich stets um Mitglieder ein und derselben Familie gehandelt haben. Daneben war Rat Stephan Neumair ab dem 2. Februar 1861 Jagdpächter der Allenberger Gemeindejagd. Er löste in dieser Funktion Herzog Maximilian in Bayern ab, den Schlossherrn von Unterwittelsbach (1838–1888) und Vater von Sisi.
Die Pferdeschwemme taugte als Fischwasser wohl nur schlecht, denn ab 1863 konnte der Weiher beziehungsweise „die Grube“, vorübergehend nicht mehr an den Mann gebracht werden, „da sich niemand hervorthat, der Fische einwerfen wollte.“Ab 1869 tritt Johann Neumaier als Pächter auf. Er zahlte anfangs zwei, ab 1870 vier Gulden Jahrespacht. Michael Neumeier (1872) und Cyprian Neumaier (1873) folgten in kurzem Abstand. Bei Cyprian steht ab 1876 der Zusatz „Neumair von Gundertshausen“(jetzt 6,86 Mark Pachtgebühr).
Im November 1881 besiegelte die Gemeinde Allenberg einen ausführlichen Pachtvertrag mit dem „Bauerssohn Michael Neumair von Gundertshausen“(12 Mark). Zwei der vier Bestimmungen lauteten: „Es darf der Weiher durch Abgraben nicht verändert oder reduziert werden“sowie: „Die Gemeinde behält sich das Recht vor, wenn es in der Gemeinde notwendig werden sollte, das Wasser zu benützen, ohne daß der Pächter dadurch Schadenersatz beanspruchen kann.“Als solche Anlässe, bei denen Wasser aus dem Weiher entnommen werden durfte, wären große Trockenheit im Sommer und der Brand eines landwirtschaftlichen Gebäudes oder Wohnhauses denkbar.
Am 20. November 1887 kamen die Vertragspartner überein, „daß an Stelle des bisherigen Pächters Michael dessen Bruder Cyprian als Pächter zugelassen“wird (10 Mark). Dreizehn Jahre später wollte die Familie Neumaier, die einst aus einem Wasserloch einen rentablen Fischteich gemacht hatte, nach 39-jähriger Vertragserfüllung nicht länger Fischzucht betreiben.
Im November 1900 übernahm bis 1927 der „Schmid und Gütler Georg Hofberger von hier“die Allenberger Fischgründe. Ab 1907 war Hofberger auch Thuringia-Versicherungsagent. Durch Einheirat brachte dessen Schwiegersohn Georg Hanser 1939 den noch heute gültigen Familiennamen in das Anwesen. Georg Hofbergers Nachfolger war Thomas Schillinger aus Unterbernbach. Als nächste Pächternamen nennt uns das Protokollbuch der Gemeinde den Andreas Schäfer aus Aichach (1931) und Mathias Schalk aus Schiltberg (1933).
Während des Zweiten Weltkrieges und in den ersten Nachkriegsjahren wurde das Gewässer in Allenberg vermutlich nicht als Fischteich genutzt, jedenfalls nicht gegen Pachtzins. Belege sind keine vorhanden. Von 1953 bis 1960 waren dann die beiden Allenberger Franz Menges († 2017) und Paul Stempfel († 1985) gemeinsame und letzte Pächter des Fischwassers. Sie entrichteten anfangs 20 Mark Jahrespacht an die Gemeinde, später erhöhte sich der Betrag dann.
Franz Menges erzählte rückblickend (1995) mit Begeisterung vom Fischreichtum dieses Teiches: „Sogar aus Aichach kamen die Leute und kauften Karpfen und Setzlinge.“Bis 1955 hatte der Weiher auch als Eislieferant für den Bierkeller des Wirtes gedient. Menges über das „Eisen“, den Abbau und Heimtransport der Eisschollen: „Es war eine schwere Arbeit, aber es war auch schön, ein Feiertag.“Denn nach getaner Arbeit tischte Gastwirt Josef Rupp seinen Helfern einen üppigen Schweinebraten und Freibier auf. Als aber der Dorfweiher mit Beginn der 1960er-Jahre zunehmend von Gänseschwärmen in Beschlag genommen und später noch in anderer Weise zweckentfremdet wurde, verlor er seine Attraktivität gänzlich.
Heute sucht man den Allenberger Weiher vergeblich an der östlichen Ortszufahrt, für dessen korrekte Verpachtung so viele Kanzleibögen und Siegelpapier beschrieben wurden. Der Anschluss des Dorfes an die zentrale Wasserversorgung machte ihn im Jahr 1979 als Löschweiher überflüssig. Man füllte ihn ein und legte auf der großen Fläche einen Kinderspielplatz an.
Junge Eltern und andere engagierte Einwohner schufen hier von Oktober 1981 bis September 1982 in unentgeltlichen Arbeitsstunden die neue Freizeitanlage. Alle Kosten für Material und Spielgeräte, rund 15.000 D-Mark, übernahm die inzwischen zuständige Gemeinde Schiltberg. Anno 2008 wurde der Spielplatz in einer konzertierten Aktion von Dorfjugend und Gartenbauverein generalsaniert und um eine Stockschützenbahn erweitert. Dorfgemeinschaft, Gemeinde und ein paar Firmen trugen ihr Scherflein zum Gelingen bei.
Die letzte große Veränderung erfuhr das Gelände vor einem Jahrzehnt. In direkter Nachbarschaft zum Freizeitbereich wurde von der Freiwilligen Feuerwehr Allenberg das neue Gerätehaus erbaut und im Mai 2011 eingeweiht. So schließt sich der Kreis: Moderne Löschtechnik des 21. Jahrhunderts trifft an der ursprünglichen Uferlinie auf den „versunkenen“Lösch- und Fischteich vergangener Zeiten.