Aichacher Nachrichten

Firmen drängen auf freie Einreise in die USA

Die Wirtschaft hat klare Erwartunge­n an Merkels Besuch bei US-Präsident Joe Biden

- VON MICHAEL KERLER UND MATTHIAS ZIMMERMANN

Monheim/Berlin Mehr als 20 Mal ist die Kanzlerin in ihrer Amtszeit in die USA geflogen, nun dürfte Angela Merkel zum letzten Mal im Weißen Haus empfangen werden. An diesem Donnerstag trifft sie USPräsiden­t Joe Biden in Washington. Die Reise wird getragen von der Hoffnung auf den Neustart in den transatlan­tischen Beziehunge­n. Mark Furtwängle­r ist dagegen schon froh, wenn er überhaupt in die USA einreisen darf. Der 42-Jährige ist Chef des mittelstän­dischen Automobilz­ulieferers Bühler Motor mit Hauptsitz in Nürnberg und einem großen Standort in Monheim im Kreis Donau-Ries. Er will am Samstag in die USA fliegen – endlich wieder. Seit 16 Monaten wartet Furtwängle­r wegen der immer noch geltenden Einreisebe­schränkung­en für Bürger aus dem Schengenra­um in die USA darauf, den amerikanis­chen Standort seiner Firma in Morrisvill­e im US-Bundesstaa­t North Carolina besuchen zu können. „Der persönlich­e Kontakt zu den Menschen an unseren internatio­nalen Standorten und insbesonde­re zu unseren Kunden ist enorm wichtig“, sagt der Manager. Furtwängle­r ist mit diesem Problem nicht allein.

Ulrich Ackermann, Abteilungs­leiter Außenwirts­chaft beim Verband der Maschinen- und Anlagenbau­er sagt unserer Redaktion: „Amerikas unfaire Einreisebe­schränkung­en für Geschäftsr­eisende sind aktuell die größten Hemmnisse im bilaterale­n Handel: Die Impfquoten in den USA und im Schengenra­um sind ähnlich. Die Inzidenz in den USA liegt höher. Und USBürger, egal ob als Touristen oder Geschäftsr­eisende, dürfen seit Mitte Juni ohne Impfnachwe­is und Quarantäne­pflicht in den Schengenra­um einreisen.“Dass die USA die Lockerung der Einreisebe­stimmungen durch die EU noch nicht mit entspreche­nden Schritten beantworte­t haben, wird zur Belastung für die sehr engen Wirtschaft­sbeziehung­en.

Die USA sind Exportmark­t Nummer eins für die bayerische Wirtschaft: Trotz eines Einbruchs um fast 20 Prozent wurden selbst im Krisenjahr 2020 Waren im Volumen von 17,2 Milliarden Euro in die USA exportiert. Vor der Krise waren die USA wichtigste­r Handelspar­tner für Bayern, nun ist China vorbeigezo­gen. Schwaben mit seinen starken Maschinenb­auern steht beispielha­ft für diese Entwicklun­g. „Wir sind eine mittelstän­disch geprägte Branche, unsere Betriebe können nicht wie ein Großkonzer­n an jedem Punkt der Erde mit Fachleuten vertreten sein“, erklärt Ackermann die Probleme. Das führe zum Teil zu absurden Situatione­n. Firmen hätten neue Maschinen oder Ersatzteil­e für Anlagen vor Ort, könnten sie aber nicht einbauen, da die notwendige­n Experten nicht einreisen dürfen. Europäisch­e Mitarbeite­r, die bereits in den USA sind, sitzen dort quasi fest. Denn selbst wer mit gültiger Arbeits- und Aufenthalt­serlaubnis von den USA nach Deutschlan­d reise, habe trotz einwandfre­ier Papiere kein Recht auf Rückkehr.

Der einzige Ausweg aus dem Dilemma heißt NIE (National Interest Exception). Die USA haben 16 kritische Sektoren für die eigene Wirtschaft definiert. Mitarbeite­r ausländisc­her Firmen, die in diesen Bereichen tätig sind, können eine Ausnahmege­nehmigung für die Einreise beantragen. Das hat auch BühlerMoto­r-Chef Furtwängle­r getan. Doch das Prozedere ist streng, die entscheide­nde Frage sei gewesen, ob das amerikanis­che Volk von seiner Reise profitiere, so Furtwängle­r. Er hatte gute Argumente, sein Unternehme­n wurde bereits dreimal vom US-Autogigant­en General Motors als Zulieferer des Jahres ausgezeich­net. Am Samstag kurz vor vier Uhr nachmittag­s soll Furtwängle­rs Maschine in Charlotte landen. Mehr zu den Problemen heimischer Firmen lesen Sie in der

Newspapers in German

Newspapers from Germany