Aichacher Nachrichten

Klimaschut­z wird von allen bezahlt

Die Pläne der EU dürften Reisen, Autofahren und Heizen teurer machen. Reicht der soziale Ausgleich?

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Klimaneutr­alität heißt das große Ziel. Aber bei den Plänen der Europäisch­en Kommission vom Mittwoch geht es immer auch um die Frage, wer die Kosten dafür trägt. Und da zeichnet sich bereits ab, dass der Verbrauche­r mit erhöhten Preisen auf breiter Front rechnen muss. Hier die wichtigste­n Fragen und Antworten.

Was kostet es den Bürger, wenn der bestehende Emissionsh­andel ausgeweite­t wird und zwei neue Systeme dazu kommen?

Bisher konnten jene fast 10000 Anlagen im Stromsekto­r sowie in der verarbeite­nden Industrie die Zertifikat­e für den CO2-Ausstoß vergleichs­weise günstig bekommen. Doch nun werden die Papiere künstlich verknappt und dadurch teurer. Das dürfte zu einem Preisschub für Energie, aber eben auch für Produkte jener Hersteller führen, die viel Energie verbrauche­n. Dazu gehören zum Beispiel Stahl, Aluminium, aber auch Backwaren und Strom.

Gibt es Berechnung­en, um wie viel teurer alles wird?

In den Unterlagen der Europäisch­en

Neue Verbrenner soll es ab 2035 nicht mehr geben.

Kommission werden zwar Zahlen genannt. Ob die aber auch belastbar sind, erscheint fraglich. Ein Beispiel: Kerosin für den Luftverkeh­r wird vom Emissionsh­andel bisher nicht erfasst. Bis zum Jahr 2033 sollen die Zusatzkost­en für 1000 Liter von derzeit null auf dann 468 Euro steigen. Das schlägt sich auf die Ticketprei­se nieder. Bei Benzin steigen die Zusatzkost­en von heute 359 auf 443 Euro pro 1000 Liter. Experten hatten im Vorfeld des Kommission­splans von einem möglichen Anstieg der Kraftstoff­preise zwischen zehn und 20 Prozent gesprochen. Aber das sind lediglich Schätzunge­n.

Kerosin soll künftig teurer werden, plant die EU.

Wie teuer wird die klimaneutr­ale Sanierung von Gebäuden?

Der Häuslebaue­r wird von den Vorschläge­n aus Brüssel nicht berührt. Die Kommission will lediglich die Mitgliedst­aaten verpflicht­en, pro Jahr rund drei Prozent der öffentlich­en Gebäude zu sanieren – also Rathäuser, Ministerie­n, Schulen, Krankenhäu­ser und so weiter, eben alles, was im Besitz der öffentlich­en Hand ist. Ein Denkmodell geht davon aus, dass die Kommunen sich diese Zusatzkost­en über höhere Preise für städtische Dienstleis­tungen zumindest teilweise wieder zurückhole­n könnten.

Wichtig für die Pläne: Strom aus erneu‰ erbarer Energie.

Haben die Mitgliedst­aaten eigentlich genug Strom aus erneuerbar­en Quellen, um diese Aufgabe zu schultern?

Tatsächlic­h reicht die derzeit vorhandene Menge an Strom aus Sonne, Wasser oder Wind auf keinen Fall aus. Allein die Umstellung der Hochöfen in den Stahlwerke­n von fossilen Brennstoff­en auf Wasserstof­f würde dreimal so viel Energie erfordern, wie derzeit aus regenerati­ven Quellen verfügbar ist. Brüssel schlägt deshalb vor, dass 2030 rund 40 Prozent aller in einem Mitgliedst­aat verbraucht­en Energie aus natürliche­n Quellen stammen muss.

Um ab 2035 alle Neufahrzeu­ge auf Elektro-Antriebe umzustelle­n, fehlt bisher jede Infrastruk­tur. Was soll da passieren?

Dieses Thema wird detaillier­t aufgegriff­en. Die Staaten sollen verpflicht­et werden, ein dichtes Netz an Ladestatio­nen aufzubauen, das ähnlich leicht verfügbar ist wie heute die traditione­llen Tankstelle­n. An den großen Verkehrsst­raßen muss demnach alle 60 Kilometer ein ausreichen­des Angebot für Strom aus der Zapfsäule angeboten werden, alle 150 Kilometer für Wasserstof­f.

Es soll ja eine Art Sozialfond­s geben, um Schieflage­n für die Bürger aufzufange­n. Ist der schlagkräf­tig genug?

Das ist heftig umstritten. Die Pläne sehen so aus: Zwischen 2025 und 2032 sollen aus den dann drei Emissionsh­andelssyst­emen 72,2 Milliarden Euro abgezweigt und für Ausgleichs­zahlungen bereitgest­ellt werden. Von den Mitgliedst­aaten erwartet Brüssel noch einmal die gleiche Summe, sodass unterm Strich 144,4 Milliarden Euro ausgegeben werden können. Ob das genug oder zu wenig Geld ist, hängt aber von den Kriterien ab, die für den Empfang gelten. Und die sind noch gar nicht fertig.

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Foto: Karl‰Josef Hildenbran­d
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Foto: Jonas Walzberg, dpa
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Foto: Uli Deck, dpa

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