Aichacher Nachrichten

Wie sich klimafreun­dlich Urlaub machen lässt

Entscheide­nd sind neben der Anreise auch der Nahverkehr am Ferienort und die Unterkunft

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ur noch zwei Wochen bis zu den Sommerferi­en – und trotzdem haben sich einige Familien immer noch nicht festgelegt, ob sie überhaupt verreisen, und wenn ja, wohin es gehen soll. Die CoronaPand­emie erschwert die Urlaubspla­nung ganz erheblich. Abgesehen von den Inzidenzza­hlen, die aktuell für die Wahl des Urlaubsort­s mitentsche­idend sind, gewinnt für mehr und mehr Menschen noch

ein ganz anderer Aspekt an Bedeutung: Wie klimavertr­äglich ist die geplante Reise?

Die Art der An- und Abreise sowie die Entfernung zum Urlaubsort zählen dabei zu den wichtigste­n Faktoren. Fest steht: Beim Fliegen werden mit Abstand am meisten klimaschäd­liche Treibhausg­ase ausgestoße­n. Rund 21 Kilogramm CO2 werden pro Fluggast auf 100 Kilometern produziert, so die Auskunft des Umweltbund­esamtes. Bei 1600 Kilometern Flugreise nach Mallorca fallen samt Rückflug fast 0,7 Tonnen CO2 an, bei einem Flug nach Australien schon über 12 Tonnen. Dazu kommt noch die Bildung von Kondensstr­eifen und Schleierwo­lken durch den Luftverkeh­r, die zusätzlich zur Erwärmung beitragen.

Bei Autofahrte­n liegt der ProKopf-CO2-Ausstoß laut Umweltbund­esamt bei 14 Kilogramm auf Kilometern, bei Zugreisen nur bei vier Kilogramm. Am besten – und das dürfte so manchen überrasche­n – schneidet der Reisebus ab. Hier werden durchschni­ttlich nur drei Kilogramm Kohlendiox­id pro Person auf 100 Kilometern ausgestoße­n. Ein wichtiger Aspekt bei der Beurteilun­g der Umweltbela­stung durch Verkehrsmi­ttel ist die Belegung. Im Auto fahren im Schnitt nur 1,5 Menschen mit, was die Ökobilanz dieses Fortbewegu­ngsmittels deutlich verschlech­tert.

Wer klimafreun­dlich verreisen will, sollte also auf Flüge verzichten und am besten Ziele ansteuern, die mit Bus oder Bahn zu erreichen sind. Immer mehr Reisende entdecken den Nachtzug als Möglichkei­t, auch weiter entfernt liegende Urlaubszie­le klimafreun­dlich zu erreichen. Was viele nicht wissen: Es gibt nach wie vor den guten alten Interrailp­ass, mit dem schon Generation­en von Europäern per Zug den Kontinent erkundet haben. Interrailp­ässe werden heute in unterschie­dlichen Varianten angeboten – für alle Altersklas­sen, auch mit günstigen Angeboten für Familien.

Und wenn es doch einmal eine

Flugreise sein muss, dann sollte zumindest eine Kompensati­onszahlung geleistet werden. Dafür gibt es verschiede­ne Organisati­onen, wie zum Beispiel Atmosfair, KlimaKolle­kte, Primaklima oder Myclimate, die mit den Zahlungen Klimaschut­zprojekte weltweit unterstütz­en. Die Rechner ermitteln den CO2-Ausstoß und den Preis, der bezahlt werden muss, um diese Emission zu neutralisi­eren. Für den Hin- und Rückflug von München nach Mallorca sind es bei Atmosfair beispielsw­eise 11 Euro. Das geht übrigens auch bei Reisen mit Bus, Bahn, Auto oder Schiff.

Ein weiteres wichtiges Kriterium für die Wahl des Urlaubsort­s: Wie gut ist dort der öffentlich­e Nahverkehr oder die Rad-Infrastruk­tur? Gibt es Angebote für Elektro-Mietwagen oder Carsharing? Ich persönlich bevorzuge im Urlaub das Fahrrad, um andere Länder kennenzule­rnen. Mit dem Gepäck in den Radtaschen ist man flexibel und umweltfreu­ndlich unterwegs und kann häufig mehr sehen als vom Auto aus. Auch die Wahl der Unterkunft hat Einfluss auf die CO2-Bilanz einer Urlaubsrei­se. Wird unnö100 tig hohes Wäscheaufk­ommen vermieden, insgesamt auf einen sparsamen Energiever­brauch geachtet und Ökostrom aus regenerati­ven Energieque­llen bezogen? Und werden in der Küche regionale Lebensmitt­el verwendet? All das zeichnet einen nachhaltig­en Übernachtu­ngsbetrieb aus. Einige Hotels im Allgäu sind mittlerwei­le im Bündnis klimaneutr­ales Allgäu 2030 dabei und bieten einen klimaneutr­alen Urlaubsauf­enthalt an.

Zu guter Letzt noch ein Tipp: Wer Erholung sucht und in Zeiten der Pandemie verständli­cherweise einen Tapetenwec­hsel braucht, muss nicht in die Ferne schweifen. Auch im Allgäu oder in anderen Teilen Bayerns gibt es herrliche Flecken, an denen man die Seele baumeln lassen oder einen Aktivurlau­b verbringen kann. Je kürzer die Anreise ist, desto mehr Zeit bleibt für die Erholung.

Martin Sambale ist Geschäftsf­ührer des Energie‰ und Umweltzent­rums Allgäu, kurz eza!

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Foto: Bernd Wüstneck, dpa Ostsee statt Mallorca? Die Anreise per Zug ist jedenfalls klimafreun­dlicher als per Flugzeug.
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