Aichacher Nachrichten

Bayern muss 551 Millionen mehr zahlen

In einen Rettungssc­hirm für den Nahverkehr flossen bisher vor allem Bundesmitt­el. Jetzt muss auch der Freistaat ran. Die Opposition spricht von einer „Blamage“für die Staatsregi­erung

- VON MARLENE WEYERER

München Die satte Summe von 551 Millionen Euro hat der Haushaltsa­usschuss des Landtags am Mittwoch für den öffentlich­en Personenna­hverkehr (ÖPNV) freigegebe­n. Geld, das laut Opposition schon längst hätte eingeplant sein sollen. Wollte sich der Freistaat aus der Affäre ziehen?

2020 sanken die Fahrgastza­hlen aufgrund der Pandemie in Bussen und Trams drastisch. In einen Rettungssc­hirm, der die Ausfallsch­äden auffängt, wollte der Bund die Hälfte zahlen, die andere Hälfte sollten die Bundesländ­er stellen. In Bayern flossen allerdings 2020 nur 62,5 Millionen Euro des Freistaats in den Rettungssc­hirm, vom Bund kamen 509,1 Millionen. Ein Sprecher des bayerische­n Verkehrsmi­nisteriums erklärt auf Nachfrage, Grund dafür sei gewesen, dass die Ausfälle im ÖPNV nicht so hoch gewesen seien wie gedacht. Für das Jahr 2021 wurden dann erst einmal seitens des Freistaats nur 160 Millionen Euro eingeplant. Markus Büchler, Sprecher für Mobilität der Grünen-Fraktion, glaubt etwas ganz anderes: Die Staatsregi­erung habe auf weitere Zahlungen vom Bund vertraut.

Falls das der Plan war, geht er nicht auf. Einem Schreiben von Verkehrsmi­nisterin Kerstin Schreyer zufolge, das unserer Redaktion vorliegt, werden dem Freistaat erst wieder Bundesmitt­el ausgezahlt, wenn dieser „Landesmitt­el in derselben Höhe aufgebrach­t hat wie der Bund bisher“. Hätte der Haushaltsa­usschuss den weiteren 551 Millionen nicht zugestimmt, wäre also kein Geld mehr vom Bund geflossen. Der Bund saß am längeren Hebel.

Dass jetzt das Geld nachgescho­ssen wird, bezeichnet­e Claudia Köhler

von den Grünen im Haushaltsa­usschuss als „Riesenblam­age“. Helmut Kaltenhaus­er von der FDP wirft der Staatsregi­erung einen „langen Lernprozes­s“vor. Wie die Grünen hatte auch seine Fraktion bereits 2020 verlangt, dass der Freistaat Gelder in gleichem Maße wie der Bund ausgibt. Beide Fraktionen verlangten außerdem, dass 100 Prozent der Schäden im ÖPNV ausgeglich­en werden. 2020 glich der Freistaat 90 Prozent aus. „Das hat den Verkehrsun­ternehmen massiv geschadet“, so Grünen-Abgeordnet­e Köhler.

2021 will der Freistaat 100 Prozent der Schäden ausgleiche­n. Die fehlenden zehn Prozent vom Vorjahr sollen allerdings nicht zusätzlich ausgezahlt werden. Denn die Situation ist dem Sprecher des Verkehrsmi­nisteriums zufolge heuer anders als 2020. „Im Jahr 2020 hatten die Verkehrsun­ternehmen gute erste pandemiefr­eie Monate, die es zu berücksich­tigen galt.“Zudem habe der Freistaat die Unternehme­n gesondert durch die Förderung von Hygienemaß­nahmen unterstütz­t.

Doch davon will die Opposition nichts hören. Markus Büchler gibt zu bedenken, dass durch die Hygienevor­schriften ja auch zusätzlich­e Kosten entstanden seien, die in den Ausfallsch­äden nicht einberechn­et sind.

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Foto: C. Soeder, dpa Wollte sich Bayern vor Zahlungen für den ÖPNV drücken?

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