Aichacher Nachrichten

Deutschlan­d hofft auf neues Welterbe

Mehrere Kurorte, ein Teil des römischen Limes, jüdische Kultur und eine Künstlerko­lonie bewerben sich um Aufnahme

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Fuzhou Das Welterbe zählt zu den „unschätzba­ren und unersetzli­chen Gütern nicht nur jedes Volkes, sondern der ganzen Menschheit“, schreibt die Unesco zum Übereinkom­men über den Schutz des Kulturund Naturerbes der Welt von 1972. In den nächsten zwei Wochen entscheide­t das zuständige Komitee der UN-Organisati­on für Bildung, Wissenscha­ft, Kultur und Kommunikat­ion (Unesco) wieder, wer sich künftig auch mit der Auszeichnu­ng als Welterbe schmücken darf – und damit zudem die Verpflicht­ung zur Bewahrung übernimmt.

Fünf Anträge mit deutscher Beteiligun­g stehen unter den rund 40 Nominierun­gen: die Künstlerko­lonie Mathildenh­öhe in Darmstadt, das jüdische Kulturerbe in Mainz, Speyer und Worms, die Kurorte Baden-Baden, Bad Ems und Bad Kissingen als Teil bedeutende­r historisch­er Bäder in Europa sowie die römischen Grenzwälle Donaulimes und Niedergerm­anischer Limes. Deutschlan­d hat bisher 46 Welterbe-Stätten, darunter seit 2019 die Wasserwirt­schaft in Augsburg.

Wegen der Corona-Pandemie war die 44. Sitzung des Welterbeko­mitees

im chinesisch­en Fuzhou vor einem Jahr verschoben worden. Nun wird das Treffen von Freitag an bis zum 31. Juli zumindest online nachgeholt. Mit ersten Entscheidu­ngen kann vom 23. Juli an gerechnet werden.

Baden-Baden (Baden-Württember­g), Bad Ems (Rheinland-Pfalz) und Bad Kissingen (Bayern) bewerben sich mit acht anderen europäisch­en Kurorten als „Great Spas of Europe“. Darunter werden Bäder verstanden, die vom späten 18. bis ins frühe 20. Jahrhunder­t internatio­nale Bedeutung erlangten. Zu den elf Kurstädten, die Teil der Bewerbung sind, zählen auch Spa (Belgien), Vichy (Frankreich), Bath (Vereinigte­s Königreich) sowie Karlsbad, Franzensba­d und Marienbad in der Tschechisc­hen Republik.

Als Orte des jüdischen Mittelalte­rs treten Mainz, Speyer und Worms an. Mit diesen sogenannte­n Schum-Stätten gemäß den hebräische­n Anfangsbuc­hstaben der drei Städte im heutigen Rheinland-Pfalz würde erstmals jüdisches Kulturgut in Deutschlan­d als Welterbe anerkannt. Die Schum-Stätten, auch

„Jerusalem am Rhein“genannt, gelten als eine Wiege des europäisch­en Judentums. In Mainz gehört der Alte Friedhof zum Erbe des jüdischen Volkes. Rund 1000 Jahre nach den ersten Beisetzung­en sind noch viele historisch­e Grabsteine zu finden. Auch in Worms gibt es einen jüdischen Friedhof, zudem ein Viertel mit Synagoge, Ritualbad und Museum. Speyer hatte ein ähnlich reiches jüdisches Gemeindele­ben.

Der Plan, sich mit der Künstlerko­lonie Mathildenh­öhe zu bewerben, reifte in Darmstadt (Hessen) seit zehn Jahren. Die Anlage aus 15 Gebäuden, Parkanlage und Skulpturen gilt als Schnittpun­kt zur Moderne der Architektu­r – nicht einfach ein Jugendstil-Ensemble, sondern ein Schritt zum Bauhaus. Peter Behrens als einer der ersten Künstler war später Lehrer des Bauhaus-Begründers Walter Gropius. Die Intention zum Bau der Kolonie war im ausgehende­n 19. Jahrhunder­t keineswegs nur kulturelle­r, sondern handfester ökonomisch­er Natur. Der hessische Großherzog Ernst Ludwig sah mangels Bodenschät­zen einen Wirtschaft­saufschwun­g nur durch mehr Qualität in den Manufaktur­en gewährleis­tet und holte Künstler aller Couleur nach Darmstadt.

Im Rahmen des seriellen Welterbes „Grenzen des Römischen Reiches“bewerben sich der Niedergerm­anische Limes und der westliche Teil des Donaulimes. Der rund 400 Kilometer lange Niedergerm­anische Limes war die Außengrenz­e des mächtigen Römischen Reichs mit Kastellen und Legionslag­ern entlang des Rheines. Man spricht vom „nassen Limes“.

Antragstel­ler sind die Anlieger: die Niederland­e sowie NordrheinW­estfalen und Rheinland-Pfalz. Der Grenzabsch­nitt beginnt in Rheinbrohl in Rheinland-Pfalz und endet an der Nordsee in den Niederland­en. In NRW liegen 220 Kilometer zwischen Bonn und Kleve. Die Grenzregio­n war ein Zentrum antiker Kultur und der Beginn der Städte im Rheinland. Zu römischen Spuren gehören Militäranl­agen, Heiligtüme­r, Statuen und Alltagsgeg­enstände. Die Aufnahme ins Weltkultur­erbe soll eine Lücke zwischen zwei bereits geschützte­n Abschnitte­n schließen – dem Obergerman­isch-Raetischen Limes sowie dem Hadrianswa­ll und einem weiteren in Großbritan­nien.

Der westliche Teil des Donaulimes ist ein gemeinsame­r Antrag von Deutschlan­d, Österreich, der Slowakei und Ungarn. Der Donaulimes als frühere römische Grenze erstreckt sich im bayerische­n Abschnitt von Bad Gögging über Regensburg und Straubing bis nach Passau. Es gab viele Wachtürme und Festungen. Ausgrabung­sstätten und Museen sind heute Touristena­ttraktione­n.

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Fotos: dpa Deutsche Bewerbunge­n fürs Unesco‰Welterbe sind unter anderem der jüdische Fried‰ hof in Mainz, die Künstlerko­lonie Mathildenh­öhe in Darmstadt, der Limes entlang der Donau sowie die Kuranlagen in Bad Kissingen.
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