So viel Müll schwimmt in Augsburger Kanälen
Hochschule Studenten haben für eine Abschlussarbeit erforscht, wie viel Plastikabfall im Wasser zu finden ist und wo er herkommt. Dabei haben sie Erstaunliches entdeckt. Was das mit Bauarbeiten, einem Wohngebiet und Spielplätzen zu tun hat
Die Kanäle sind ein wichtiger Teil des UNESCO-Welterbes der Stadt Augsburg. Doch regelmäßig wird beklagt, dass Müll und Unrat in den Kanälen schwimmt. Vor allem Kraftwerksbetreiber drängen die Verantwortlichen der Stadt immer wieder, mehr für die Reinhaltung der Wasserläufe zu tun. Um eine Basis für künftige Maßnahmen zu schaffen, haben Studenten der Hochschule Augsburg jetzt für eine Abschlussarbeit untersucht, wie viel Plastikmüll jeden Tag in den Rechen der Kraftwerke hängen bleibt oder sogar in Richtung Meer weitertreibt.
„Eigentlich hatten wir es uns zur Aufgabe gemacht, sowohl Makroals auch Mikroplastik in einem ausgewählten Kanal zu untersuchen“, sagt der Student der Umwelt- und Verfahrenstechnik, Daniel Settele, der mit zwei Kommilitonen ein 1,8 Kilometer langes Teilstück des Hanreibaches untersucht hat. Doch angesichts der Mengen an großem Plastikabfall in dem Kanal habe man schnell beschlossen, sich für die Abschlussarbeit ausschließlich darauf zu konzentrieren.
Während Mikroplastik Partikel und Fasern umfasst, spricht man von Makroplastik, wenn es sich um größere Objekte aus Kunststoff handelt. Auf dem Weg durch die Kanäle wird aus Makroplastik wie etwa Verpackungsmaterial durch Zerfall und Abrieb allerdings schnell Mikroplastik, das dann ungehindert alle Siebe und Schleusen bis ins Schwarze Meer schwimmen kann. Dieses könnte das Thema einer Folgearbeit an der Hochschule sein, sagt der Betreuer der Arbeit, der Professor für Maschinenbau und Verfahrenstechnik Hubert Wittreck.
„Derzeit gibt es nur sehr wenige zuverlässige Daten zur Art, Menge und Zusammensetzung des Zivilisationsmülls in Kanälen und Bächen“, erklärt der Professor den Ausgangspunkt der Arbeit. „Ziel des Projektthemas war eine praktische Analyse und Bilanzierung des entnommenen Treibgutes vor einem Wasserkraftwerk am Hanreibach in Augsburg.“
Um eine statistische Beprobung vornehmen zu können, ließen die Studenten mehrfach an dem Kraftwerk jeweils eine Woche lang Treibgut anstauen, erklärt der Mitautor der Arbeit, Maschinenbaustudent Joshua Jünger. Das Schwemmgut wurde in natürliche Stoffe sowie Zivilisationsmüll getrennt und getrocknet. „Auf diese Weise konnten wir das genaue Gewicht des angeschwemmten Plastiks ermitteln“, erklärt der Student. Der Müll wurde dann in fünf Kategorien unterteilt. „Es gab Hygieneartikel, Lebensmittelverpackungen, Baustellenabfälle, Zigarettenfilter und sonstige Kunststoffe“, so Jünger. In dem Kanalabschnitt machten Baustellenabfälle den größten Teil des Treibguts aus, was an einer nahe gelegenen Baustelle am Martinipark liegen könnte und vom Kraftwerkbetreiber Karl Ketterle regelmäßig bei der Stadt beklagt wird. Doch auch Folien, Zigaretten und Hygieneartikel waren im Hanreibach in größerer Menge zu finden.
wird an dem Kraftwerk 250 Gramm Plastik am Tag angeschwemmt, haben die Studenten herausgefunden. „Das klingt erst mal wenig, aber wenn man bedurch denkt, dass nur ein 1,8 Kilometer langes Teilstück des Kanals beprobt wurde, kommt man bei einer Hochrechnung auf eine ganze Menge Plastik“, sagt dazu Professor WittDurchschnittlich reck. Insgesamt gebe es in Augsburg rund 40 Kraftwerke, in deren Rechen sich die Abfälle sammelten.
Die Studenten haben auch versucht, herauszufinden, wie der Müll ins Wasser kommt. „Sicher wird davon einiges mutwillig in die Kanäle geworfen“, glaubt Daniel Settele. Doch schon ein überfüllter Papierkorb nahe am Kanal reiche aus, um zu einer Verschmutzungsquelle zu werden. Neben den Bauarbeiten sind laut der Studie vor allem das nahe gelegene Wohngebiet und ein Fachmarktzentrum an der Lechhauser Straße für den Müll im Kanal verantwortlich.
„Das Wohngebiet bietet sechs Spielplätze für Kinder, bei Verwehungen kann hier Makroplastik in das Gewässer gelangen. Es führen ebenfalls viele kleine Brücken über den Kanal, auf denen graue und gelbe Mülltonnen abgestellt sind. Falls diese versehentlich oder durch Überfüllung geöffnet bleiben, gelangt Müll durch Verwehungen in das Wasser“, heißt es da. Entlang eines Gehwegs auf den Böschungen und Grünflächen des Fachmarktzentrums akkumuliert sich Makroplastik, so die Entdeckung der Studenten. Das erkläre auch die Einweg-Lebensmittelverpackungsabfälle, die in den Proben vorhanden sind.
Man habe mit der Studie zunächst einmal festgestellt, wie die Situation am Hanreibach ist, ordnet Professor Wittreck die Ergebnisse seiner Studenten ein. Ob diese auf andere Kanäle in Augsburg oder darüber hinaus übertragbar seien, müsse man noch sehen. „Das Ziel einer Projektarbeit ist in erster Linie, dass sich Studenten eigenständig mit einem realen Problem aus der Umwelttechnik beschäftigen“, so Wittreck. Er könne sich vorstellen, im nächsten Sommersemester eine weiterführende Arbeit dazu anzubieten.
Von Menge an großem Plastikabfall überrascht