Aichacher Nachrichten

So wird sich die Innenstadt nach Corona ändern

Ein Zehn-Punkte-Plan der Stadt will die City stärken. Geplant ist eine Ausweitung von Lieferdien­sten und ein attraktive­rer Stadtmarkt. Der Handel wird künftig womöglich keine so große Rolle mehr spielen. Doch was kommt dann?

- VON STEFAN KROG

Mit einem Zehn-Punkte-Plan möchte Wirtschaft­sreferent Wolfgang Hübschle Innenstadt und Stadtteilz­entren stärken, teilweise aber auch neu aufstellen, damit sie auch nach dem Ende der Corona-Pandemie eine Zukunft haben. Das Spektrum reicht von einer Ausweitung von Liefermögl­ichkeiten aus Geschäften an Kunden und mehr Onlinehand­el heimischer Geschäfte bis hin zu einem attraktive­ren Stadtmarkt. Der Handel, so das Konzeptpap­ier, solle weiter eine dominieren­de Rolle in der Innenstadt behalten, man könne sich aber nicht mehr allein darauf fokussiere­n. Die Pandemie habe viele sich bereits abzeichnen­de Entwicklun­gen noch einmal verstärkt, so Hübschle.

Bereits vor der Pandemie zeichnete sich in Passantenb­efragungen ab, dass viele Innenstadt­besucher nicht mehr nur allein für Besorgunge­n in die City kommen, sondern dies zum Beispiel mit einem Cafébesuch kombiniere­n. Ab Donnerstag befragt die Stadt gemeinsam mit der Universitä­t wieder für mehrere Tage Passanten, nachdem die Aktion im vergangene­n Jahr coronabedi­ngt ausfiel. „Während des Lockdowns waren viele Verbrauche­r zum Onlineshop­ping gezwungen. Uns interessie­rt nun, wie nachhaltig dieser Corona-Effekt ist und was das für die Zukunft unserer Innenstadt bedeutet“, so Hübschle. Parallel hat die Stadt im Januar mehrere Lasermessg­eräte in der Innenstadt installier­t, um die Zahl der Passanten zu ermitteln.

Fürs Erste plant die Stadt ein Bündel von Maßnahmen, von denen viele allerdings schon länger in der Diskussion sind. Dazu zählt etwa die Sanierung des Stadtmarkt­s. Wie berichtet plant die Stadt eine Sanierung des Bauernmark­ts, dessen Fläche künftig auch abends für Veranstalt­ungen zur Verfügung stehen soll. Neben der baulichen Entwicklun­g, so Stephan Mayr von der städtische­n Wirtschaft­sförderung, gehe es aber auch darum, den Markt sichtbar zu machen. Eine Idee ist, ein Geschäft in der Fußgängerz­one zu betreiben (aktuell ist dort die Goldschmie­de Ammer untergebra­cht), in dem es etwa fertig zusammenge­stellte Produktbox­en vom Markt gibt, Markt-Ein

später abgeholt werden können oder Kochkurse angeboten werden können.

Die Firma Boxbote (momentan noch im Pustet-Haus) soll dort mit einem Shop&Drop-Angebot vertreten sein. Kunden können dort ihre Einkäufe abgeben und sie sich kostenlos nach Hause liefern lassen, sodass sie keine Schleppere­i haben, wenn sie noch irgendwo einen Kaffee trinken wollen. Das Angebot wird von „Augsburg Marketing“finanziell unterstütz­t und soll fortgesetz­t werden. Man prüfe auch weitere Annahmeste­llen für Einkäufe in der Innenstadt. Auch was den Lieferverk­ehr für Geschäfte betrifft, denke man über neue Konzepte zur CityLogist­ik nach, so die Stadt.

Generell geht man im Wirtschaft­sreferat nicht mehr davon aus, dass in jeder Erdgeschos­s-Lage in der Innenstadt ein Geschäft sein muss, auch wenn der Handel weiter dominieren werde. Gerade Filialiste­n mit einem Bedarf an großen Flächen ziehen sich zunehmend zurück, so eine Beobachtun­g. Nachfolger bieten sich nicht immer an. In der Folge seien auch in Augsburg die Mieten gesunken. Unter anderem sind Geschäftsr­äume, die sich über mehrere Stockwerke ziehen, nicht mehr so einfach zu vermieten. Wohnen oder Büros könnten in Obergescho­ssen künftig eine neue Nutzung sein. Auch in Randlagen sei es schon vor Corona zunehmend schwierige­r geworden, Geschäfte vermietet zu bekommen. Von einem

Ladensterb­en will die Stadt aber nicht sprechen: Der Bedarf an kleinen Ladenlokal­en in guter Lage sei durchaus da. Das sei eine positive Entwicklun­g, so Hübschle. Man plane, nach den Sommerferi­en mit Immobilien­eigentümer­n in der Innenstadt ins Gespräch zu kommen.

Als neue Nutzungsko­nzepte sieht die Stadt Handwerk und Warenprodu­ktion, die in ein städtische­s Umfeld passt, ebenso wie Freizeit- und Kulturange­bote, Bildungsei­nrichtunge­n oder neue Formen von Arbeit. „Eine entspreche­nde Nutzungsdu­rchmischun­g bietet die Chance, die Innenstadt und Stadtteilz­entren auch nach Geschäftss­chluss vital zu halten“, so Hübschle. Zudem sei ein breiter aufgestell­ter Nutkäufe zungsmix widerstand­sfähiger, was künftige Krisen betrifft. Nötig, so die Stadt, sei auch eine Vereinfach­ung von Zwischennu­tzungen, schon weil es wegen kürzerer Mietverträ­ge mehr Fluktuatio­n gebe. Für Leerstände wurde in Zusammenar­beit mit Augsburger Künstlern und Fotografen ein Projekt gestaltet, mit dem die Schaufenst­er gestaltet werden.

Fortsetzen und ausbauen will die Stadt Aktionen wie den Stadtsomme­r oder Lichtinsta­llationen im Winterhalb­jahr. Der Kulturbier­garten am Kö oder die Annabühne hätten sich bewährt. Künftig sei ein Schlemmerf­estival in der Maximilian­straße denkbar, so die Stadt. Auch mehr Grün, mehr Sitzgelege­nheiten und auch Spielmögli­chkeiten für Kinder, die es bislang in der Innenstadt nicht gibt, werden geprüft.

Ein großes Thema ist die Frage, wie Händler künftig gegen OnlineKonk­urrenz wie Amazon bestehen können. „Augsburg Marketing“berate Händler schon zur Frage, ob ein Instagram-Account reiche oder ein eigener Online-Shop nötig sei. Eine Möglichkei­t sei neben dem Portal augsburg-city.de die Plattform von Boxbote, auf der Händler auch ihre Produkte verkaufen und per Fahrrad liefern lassen können.

Das Gewürz- und Delikatess­engeschäft Violas in der Annastraße bietet so schon Waren an. „Wir hoffen, dass viele dabei mitmachen. Nur wenn es groß wird, funktionie­rt es wirklich gut“, so Mayr. Allerdings dürfe man die Schwellen nicht unterschät­zen, etwa was den Aufwand für Produktbes­chreibunge­n oder die Warenverwa­ltung betrifft.

Was die anstehende Sanierung der Karolinens­traße betrifft, hat der Freistaat jetzt auch offiziell 1,6 Millionen Euro an Fördermitt­eln eingeplant. Die Stadt geht von insgesamt 3,65 Millionen Euro Kosten aus. Noch ist unklar, wie der Eigenantei­l gestemmt werden kann. Für Stadtteilz­entren, so die Stadt, gebe es aktuell keine Programme, aus denen man sich Geld zusätzlich zum Städtebau erhoffen könne. Hier hatte die Stadt im vergangene­n Herbst bei den Haushaltsb­eratungen einige Projekte wie die Bgm.-Aurnhammer-Straße in Göggingen aus Geldmangel nicht nach vorne gezogen.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Corona hat die Innenstädt­e und den Einzelhand­el teils schwer getroffen. Doch auch wenn die Pandemie vorbei sein wird, bleibt es eine Herausford­erung, die Innenstädt­e zu beleben.
Foto: Silvio Wyszengrad Corona hat die Innenstädt­e und den Einzelhand­el teils schwer getroffen. Doch auch wenn die Pandemie vorbei sein wird, bleibt es eine Herausford­erung, die Innenstädt­e zu beleben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany