So wird sich die Innenstadt nach Corona ändern
Ein Zehn-Punkte-Plan der Stadt will die City stärken. Geplant ist eine Ausweitung von Lieferdiensten und ein attraktiverer Stadtmarkt. Der Handel wird künftig womöglich keine so große Rolle mehr spielen. Doch was kommt dann?
Mit einem Zehn-Punkte-Plan möchte Wirtschaftsreferent Wolfgang Hübschle Innenstadt und Stadtteilzentren stärken, teilweise aber auch neu aufstellen, damit sie auch nach dem Ende der Corona-Pandemie eine Zukunft haben. Das Spektrum reicht von einer Ausweitung von Liefermöglichkeiten aus Geschäften an Kunden und mehr Onlinehandel heimischer Geschäfte bis hin zu einem attraktiveren Stadtmarkt. Der Handel, so das Konzeptpapier, solle weiter eine dominierende Rolle in der Innenstadt behalten, man könne sich aber nicht mehr allein darauf fokussieren. Die Pandemie habe viele sich bereits abzeichnende Entwicklungen noch einmal verstärkt, so Hübschle.
Bereits vor der Pandemie zeichnete sich in Passantenbefragungen ab, dass viele Innenstadtbesucher nicht mehr nur allein für Besorgungen in die City kommen, sondern dies zum Beispiel mit einem Cafébesuch kombinieren. Ab Donnerstag befragt die Stadt gemeinsam mit der Universität wieder für mehrere Tage Passanten, nachdem die Aktion im vergangenen Jahr coronabedingt ausfiel. „Während des Lockdowns waren viele Verbraucher zum Onlineshopping gezwungen. Uns interessiert nun, wie nachhaltig dieser Corona-Effekt ist und was das für die Zukunft unserer Innenstadt bedeutet“, so Hübschle. Parallel hat die Stadt im Januar mehrere Lasermessgeräte in der Innenstadt installiert, um die Zahl der Passanten zu ermitteln.
Fürs Erste plant die Stadt ein Bündel von Maßnahmen, von denen viele allerdings schon länger in der Diskussion sind. Dazu zählt etwa die Sanierung des Stadtmarkts. Wie berichtet plant die Stadt eine Sanierung des Bauernmarkts, dessen Fläche künftig auch abends für Veranstaltungen zur Verfügung stehen soll. Neben der baulichen Entwicklung, so Stephan Mayr von der städtischen Wirtschaftsförderung, gehe es aber auch darum, den Markt sichtbar zu machen. Eine Idee ist, ein Geschäft in der Fußgängerzone zu betreiben (aktuell ist dort die Goldschmiede Ammer untergebracht), in dem es etwa fertig zusammengestellte Produktboxen vom Markt gibt, Markt-Ein
später abgeholt werden können oder Kochkurse angeboten werden können.
Die Firma Boxbote (momentan noch im Pustet-Haus) soll dort mit einem Shop&Drop-Angebot vertreten sein. Kunden können dort ihre Einkäufe abgeben und sie sich kostenlos nach Hause liefern lassen, sodass sie keine Schlepperei haben, wenn sie noch irgendwo einen Kaffee trinken wollen. Das Angebot wird von „Augsburg Marketing“finanziell unterstützt und soll fortgesetzt werden. Man prüfe auch weitere Annahmestellen für Einkäufe in der Innenstadt. Auch was den Lieferverkehr für Geschäfte betrifft, denke man über neue Konzepte zur CityLogistik nach, so die Stadt.
Generell geht man im Wirtschaftsreferat nicht mehr davon aus, dass in jeder Erdgeschoss-Lage in der Innenstadt ein Geschäft sein muss, auch wenn der Handel weiter dominieren werde. Gerade Filialisten mit einem Bedarf an großen Flächen ziehen sich zunehmend zurück, so eine Beobachtung. Nachfolger bieten sich nicht immer an. In der Folge seien auch in Augsburg die Mieten gesunken. Unter anderem sind Geschäftsräume, die sich über mehrere Stockwerke ziehen, nicht mehr so einfach zu vermieten. Wohnen oder Büros könnten in Obergeschossen künftig eine neue Nutzung sein. Auch in Randlagen sei es schon vor Corona zunehmend schwieriger geworden, Geschäfte vermietet zu bekommen. Von einem
Ladensterben will die Stadt aber nicht sprechen: Der Bedarf an kleinen Ladenlokalen in guter Lage sei durchaus da. Das sei eine positive Entwicklung, so Hübschle. Man plane, nach den Sommerferien mit Immobilieneigentümern in der Innenstadt ins Gespräch zu kommen.
Als neue Nutzungskonzepte sieht die Stadt Handwerk und Warenproduktion, die in ein städtisches Umfeld passt, ebenso wie Freizeit- und Kulturangebote, Bildungseinrichtungen oder neue Formen von Arbeit. „Eine entsprechende Nutzungsdurchmischung bietet die Chance, die Innenstadt und Stadtteilzentren auch nach Geschäftsschluss vital zu halten“, so Hübschle. Zudem sei ein breiter aufgestellter Nutkäufe zungsmix widerstandsfähiger, was künftige Krisen betrifft. Nötig, so die Stadt, sei auch eine Vereinfachung von Zwischennutzungen, schon weil es wegen kürzerer Mietverträge mehr Fluktuation gebe. Für Leerstände wurde in Zusammenarbeit mit Augsburger Künstlern und Fotografen ein Projekt gestaltet, mit dem die Schaufenster gestaltet werden.
Fortsetzen und ausbauen will die Stadt Aktionen wie den Stadtsommer oder Lichtinstallationen im Winterhalbjahr. Der Kulturbiergarten am Kö oder die Annabühne hätten sich bewährt. Künftig sei ein Schlemmerfestival in der Maximilianstraße denkbar, so die Stadt. Auch mehr Grün, mehr Sitzgelegenheiten und auch Spielmöglichkeiten für Kinder, die es bislang in der Innenstadt nicht gibt, werden geprüft.
Ein großes Thema ist die Frage, wie Händler künftig gegen OnlineKonkurrenz wie Amazon bestehen können. „Augsburg Marketing“berate Händler schon zur Frage, ob ein Instagram-Account reiche oder ein eigener Online-Shop nötig sei. Eine Möglichkeit sei neben dem Portal augsburg-city.de die Plattform von Boxbote, auf der Händler auch ihre Produkte verkaufen und per Fahrrad liefern lassen können.
Das Gewürz- und Delikatessengeschäft Violas in der Annastraße bietet so schon Waren an. „Wir hoffen, dass viele dabei mitmachen. Nur wenn es groß wird, funktioniert es wirklich gut“, so Mayr. Allerdings dürfe man die Schwellen nicht unterschätzen, etwa was den Aufwand für Produktbeschreibungen oder die Warenverwaltung betrifft.
Was die anstehende Sanierung der Karolinenstraße betrifft, hat der Freistaat jetzt auch offiziell 1,6 Millionen Euro an Fördermitteln eingeplant. Die Stadt geht von insgesamt 3,65 Millionen Euro Kosten aus. Noch ist unklar, wie der Eigenanteil gestemmt werden kann. Für Stadtteilzentren, so die Stadt, gebe es aktuell keine Programme, aus denen man sich Geld zusätzlich zum Städtebau erhoffen könne. Hier hatte die Stadt im vergangenen Herbst bei den Haushaltsberatungen einige Projekte wie die Bgm.-Aurnhammer-Straße in Göggingen aus Geldmangel nicht nach vorne gezogen.