Nachts kommen die Bilder und Geräusche wieder
Eine Familie steht nach dem verheerenden Brand in Mering vor dem Nichts
Mering Die schlimmen Stunden der vergangenen Tage sind ihnen anzusehen. Was hinter dem Ehepaar aus Mering und der 17-jährigen Tochter liegt, ist kaum vorstellbar. Am Samstagmorgen brannte ihr Haus, ihre ganze Existenz vollkommen nieder. „Wir haben nichts mehr“, sagt die 51-Jährige. Doch es sind nicht die materiellen Dinge, die ihnen fehlen. „Ich habe meine Mutter und meinen Bruder verloren“, sagt die Frau. Sie schluchzt und wischt mit einem Taschentuch ihre Tränen weg.
„Es gibt Dinge, die kann man einfach nicht mit Geld ersetzen“, meint auch ihr Mann. Aus Rücksicht auf die Opfer werden ihre Namen in diesem Bericht nicht veröffentlicht. Die Fotos von den fünf Kindern und den Enkelkindern. Die kleinen Bastelarbeiten für den Christbaum, die die Kinder für den Opa und die Oma angefertigt haben. Oder ganz normale Dinge, ohne die der Alltag aber nicht funktioniert, wie die Schlüssel für das Auto, das Moped und den Motorroller. „Sie sind alle in den Flammen verloren gegangen“, schildert der 54-Jährige.
35 Jahre ist das Paar verheiratet. Die 51-Jährige ist in Mering geboren und aufgewachsen. „Ich habe meine Heimat verloren“, sagt sie und weint. Das Ehepaar ist mit der Tochter bei der zweitältesten Tochter in Augsburg untergekommen. Die Wohnung ihrer Tochter können sie vermutlich ab August übernehmen, weil die 32-Jährige mit ihrer Familie in ein Haus ziehen möchte.
„Wir haben Glück im Unglück, dass unsere vier erwachsenen Kinder und meine Geschwister mich so unterstützen“, sagt die Frau. Weil sie nichts als Nachtwäsche oder eine Jogginghose am Leib hatten, kauften die Kinder für ihre Eltern Kleidung und Hygieneartikel. „Ich kann zum Beispiel kaum ein Dokument lesen oder unterschreiben, weil meine Brille ebenfalls beim Brand verloren gegangen ist“, erzählt die Frau. Vier Tage nach dem verheerenden Feuer gibt es viel für sie und ihren Mann zu organisieren. „Wir müssen Anträge ausfüllen, haben uns mit der Kriminalpolizei in Verbindung gesetzt, und schließlich müssen wir auch die Beerdigung meiner Mutter und meines Bruders regeln.“Hierbei bekommt sie Unterstützung von ihrer Schwester.
„Tagsüber ist so viel zu tun, da geht alles irgendwie“, schildert die Meringerin. Schlimm sei es in der Nacht. „Da kommen alle Geräusche wieder, der Geruch, die Hitze – und das hört einfach nicht auf.“Ihr Mann nimmt sie in den Arm. Das Reden fällt beiden schwer. „Ich will aber das erzählen und ich will vor allem eins – mich bei allen bedanken, für die unglaubliche Unterstützung“, betont sie.
Gefasst spricht sie über den Samstagmorgen. „Ich bin kurz vor 4 Uhr noch einmal aufgewacht. Alles war zu diesem Zeitpunkt noch vollkommen normal.“Ihr 66-jähriger Bruder und die 89-jährige Mutter waren beide auf Pflege angewiesen. Diese Aufgabe hatte sie, unterstützt von ihrem Mann, übernommen. Um 4 Uhr bemerkte sie Brandgeruch. „Ich sah den Rauch, spürte die Hitze und habe sofort meinen Mann geweckt und bin ins Zimmer meiner Tochter gegangen.“Die 17-Jährige lief ins Freie, verständigte über ihr Handy die Feuerwehr. Ihre Eltern versuchten noch, im Erdgeschoss zu den beiden Bewohnern zu gelangen. „Ich kam aber nur bis zum Esszimmer.“Die nächsten Worte fallen ihr schwer: „Als ich gemerkt habe, dass ich nicht weiterkomme, bin ich irgendwie ins Freie gelangt.“
Ihre Angehörigen nicht retten zu können, war für sie das Schlimmste. Die Stunden im Krankenhaus, wo sie und ihr Mann wegen einer möglichen Rauchgasvergiftung behandelt wurden, kann sie nicht beschreiben. „Es ist alles wie im Nebel.“Die Sorge um die Mutter und den Bruder und schließlich die traurige Gewissheit, dass sie es nicht überlebt haben. „Wenn ich mir nur vorstelle, meine Frau wäre wenige Minuten später aufgewacht, dann hätten auch wir es nicht mehr geschafft“, die Stimme des 54-Jährigen bricht. Er kann es kaum fassen, dass sie den Flammen entkommen sind. „Wir waren noch nicht an der Brandstelle, ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es dort aussieht“, sagt die 51-Jährige.
Überwältigt sind die Brandopfer von der großen Hilfsbereitschaft. „Wir werden das niemals zurückgeben können, aber wir hoffen, dass alle unser Danke annehmen.“Bereits nach wenigen Stunden liefen ersten Hilfsangebote ein. Auch die Kartei der Not, unser Leserhilfswerk, unterstützt die Familie mit einer Soforthilfe.
Bürgermeister Florian Mayer will die Familie bei der Suche nach einer neuen Bleibe in Mering unterstützen. Wer eine Immobilie für das Paar, ihre Tochter, den Hund und die Katze hat, kann sich gerne an die Gemeindeverwaltung wenden. Sachspenden sind derzeit nicht notwendig, weil die Familie momentan keinen Platz hat.
ⓘ
Hier kann man spenden Haus der Stifter – Stiftergemeinschaft der Stadt sparkasse Augsburg, IBAN: DE03 7205 0000 0000 0781 21, Verwendungs zweck: Spende Stiftung für Mering/Hilfe für Brandopfer. Wer eine Spendenbe scheinigung wünscht, sollte seine voll ständige Adresse im Verwendungs zweck angeben.