Aiwanger will mehr Freiheiten
Der Freie-Wähler-Chef warnt in der Impfdebatte vor einer Zweiklassengesellschaft und fühlt sich zugleich missverstanden
München Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger hat in der koalitionsinternen Diskussion über politischen Druck auf Menschen, die sich bisher nicht gegen das Coronavirus haben impfen lassen, nachgelegt. Er sehe Gesprächsbedarf mit Ministerpräsident Markus Söder (CSU), sagte Aiwanger am Donnerstag.
Söder hatte unter anderem gesagt, er könne sich vorstellen, Corona-Tests
künftig nicht mehr kostenlos anzubieten. Zusätzlich schlug Söder mehr Freiheiten für Geimpfte vor. Dazu gehört etwa der Wegfall von Quarantäne-Vorschriften für zweifach Geimpfte und „ab Herbst auf jeden Fall die Öffnung von Clubs und Nachtgastronomie“. Aiwanger erklärte, Impfen sei ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Corona, aber nicht der einzige. Es müsse auch das Thema Testen weiter verfolgt werden. „Also auch ein negativ Getesteter muss in die Disco dürfen“, betonte Aiwanger. Wenn man nur Geimpfte in eine Disco lasse, dann werde es zum Vorwurf der Zweiklassengesellschaft kommen.
Aiwanger hatte zuvor in diesem Zusammenhang vor einer „Apartheidsdiskussion“gewarnt, fühlt sich aber bei der Kritik an seiner Wortwahl missverstanden. „Ich habe davor gewarnt, dass wir durch eine unüberlegte Vorgehensweise in der
Impfpolitik den Impfgegnern Munition liefern und in eine Apartheidsdiskussion geraten.“Er habe damit nicht sagen wollen, dass Unterschiede zwischen Geimpften und Nichtgeimpften mit der Apartheid verglichen werden könnten. Dennoch kritisiert Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU): „Schräge Vergleiche“seien nicht der richtige Weg, die Bevölkerung werde nur verunsichert. Holetschek fügte hinzu: „Klar ist, dass wir weiter gegen eine allgemeine Impfpflicht sind.“Die Staatsregierung setze auf Überzeugung und Freiwilligkeit.
Die Apartheidspolitik war ein international weitgehend geächtetes Vorgehen der weißen Bevölkerungsminderheit vor allem gegen die schwarze Mehrheit in Südafrika, aber auch gegen andere Ethnien. Teils wurde körperliche Gewalt angewendet. Es wurde in den 1990er Jahren offiziell abgeschafft.