Wie unsere Redaktion ab sofort (sanft) gendert
In eigener Sache Um Texte geschlechtergerechter zu formulieren, haben wir uns auf neue Regeln geeinigt
Unsere Redaktion gendert nun – das heißt: Wir achten in unseren Texten auf eine geschlechtergerechte Sprache, damit auch andere Geschlechter als nur das männliche sprachlich sichtbarer und dadurch gleichbehandelt werden. Auf diese Regeln haben wir uns geeinigt:
Was verändert sich ab heute?
Die Redaktionen der Augsburger Allgemeinen und der Allgäuer Zeitung sowie ihrer Heimatausgaben versuchen, ihre Texte geschlechtergerechter zu schreiben und auf das generische Maskulinum zu verzichten. Das heißt: Eine geschlechtergemixte Gruppe von Menschen wird nicht mehr nur durch die maskuline Pluralform bezeichnet, sondern es wird ebenfalls die feminine Form oder einfach eine neutrale Bezeichnung genannt. Wenn es künftig in Texten etwa um Schulen geht, soll dann nicht mehr nur von Lehrern die Rede sein, sondern es werden Doppelnennungen wie „Lehrerinnen und Lehrer“verwendet oder neutrale Synonyme wie „Lehrkräfte“. Wenn der Platz knapp ist, etwa in Überschriften, bemühen sich die Journalistinnen und Journalisten um sprachliche Alternativen, schließen das generische Maskulinum aber nicht aus.
Wie ist das bei Aufzählungen?
Weil aneinandergereihte Doppelnennungen den Lesefluss stören würden, wechseln wir bei Aufzählungen von Berufen ab, zum Beispiel: Erzieherinnen, Kinderpfleger und Kindergärtnerinnen.
Gibt es künftig Genderzeichen?
Nein, die Journalistinnen und Journalisten unseres Medienunternehmens
verzichten in ihren Formulierungen auf Genderzeichen wie Politiker:innen, Lehrer*innen, ErzieherInnen und Polizist_innen.
Und wenn eine interviewte Person gendert, weil sie vor der weiblichen Endung eines Wortes eine Pause spricht, oder in einem Zitat in einer Pressemitteilung Genderzeichen vorkommen?
Wenn unsere Gesprächspartnerin oder unser Gesprächspartner gendert, übernehmen wir die Form, die sie oder er verwendet, wandeln aber gegebenenfalls das Genderzeichen in einen Doppelpunkt um (siehe: „Warum wird der Doppelpunkt als Genderzeichen in Zitaten eingeführt?“). Wir fragen aber nach, ob die Person darauf besteht, dass dies so auch schriftlich abgebildet wird. Besteht sie nicht darauf, passen wir die Zitate an den redaktionellen Standard an und verwenden eine Doppelnennung oder einen neutralen Begriff. Besteht der Gesprächspartner oder die Gesprächspartnerin auf das Genderzeichen, veröffentlichen wir am Ende des Textes den Hinweis: „In diesem Text finden Sie eine gegenderte Formulierung, weil dies der Gesprächspartnerin/dem Gesprächspartner bzw. der Leserbriefschreiberin/dem Leserbriefschreiber wichtig war.“
Warum wird der Doppelpunkt als Genderzeichen in gegenderten Zitaten eingeführt?
Um die gesprochene Pause vor einer weiblichen Endung darzustellen, sind als Sonderzeichen etwa ein Sternchen, ein Unterstrich, ein Binnen-I und ein Doppelpunkt möglich. Die Doppelpunkt-Konstruktion
ist jedoch die Einzige, die von Vorlese-Programmen verstanden wird, auf die besonders unsere blinden Leserinnen und Leser angewiesen sind. Daher haben wir uns für den Doppelpunkt entschieden. Durch ihn wird dann beispielsweise das Wort Politiker:innen mit einer kleinen Pause zwischen „Politiker“und „innen“vorgelesen. Diese Pause wird auch als Glottisschlag bezeichnet (benannt nach der Stimmritze „Glottis“).
Was geschieht, wenn ein Leserbriefschreiber oder eine Leserbriefschreiberin gendert?
Wir lassen die gegenderte Form im Text. Sollte aber ein Unterstrich, ein Sternchen oder ein Binnen-I verwendet worden sein, wandeln wir dieses Sonderzeichen in einen Doppelpunkt um, damit der Leserbrief
auch mit einem Vorlese-Programm gehört werden kann.
Wie gehen wir mit Gastbeiträgen um?
Wir bitten unsere Gäste vorab, unsere Standards zu übernehmen, oder informieren sie, dass wir ihre Texte auf diese Standards anpassen werden.
Was gilt für Agenturtexte, die die Redaktion zukauft und veröffentlicht?
Die deutschsprachigen Nachrichtenagenturen haben vereinbart, ihre Texte sprachlich behutsam anzupassen und geschlechtergerechter zu formulieren – sie haben sich auf ähnliche Regeln geeinigt wie unsere Redaktion. Die Deutsche PresseAgentur
verzichtet auf Gendersonderzeichen, nimmt diese in Zitaten und Interviews aber auf und versieht sie am Ende des Textes mit einem besonderen Hinweis.