Aichacher Nachrichten

Sprint statt Training

Motorsport Ein neues Format soll für mehr Action sorgen. Das findet nicht jeder gut. Der Arbeitspla­n verdichtet sich, es bleibt kaum Zeit für Verbesseru­ngen am Auto

- VON MARCO SCHEINHOF

Silverston­e Der Freitag war bislang wenig spektakulä­r. Zwei Trainingse­inheiten fanden da an einem Formel-1-Wochenende statt, was für Teams und Fahrer wichtig, für die Zuschauer aber eher langweilig ist. Während die Ingenieure wichtige Daten in den freien Trainingse­inheiten sammelten, bot sich den Fans wenig Rennaction. Diesmal ist das anders. In Silverston­e probiert die Formel 1 ein neues Format aus. Am Freitagabe­nd fand bereits die gewohnte dreiteilig­e Qualifikat­ion statt, in der Weltmeiste­r Lewis Hamilton die schnellste Zeit fuhr. Davor war nur eine Stunde Training möglich. Am Samstag wird dann ein neues Sprintrenn­en ausprobier­t, dessen Startaufst­ellung sich aus der Freitagsqu­alifikatio­n ergibt. 100 Kilometer oder in Silverston­e 17 Runden warten auf die Fahrer. Der Erstplatzi­erte erhält drei WMPunkte, der Zweitplatz­ierte zwei, der Drittplatz­ierte einen. Noch wichtiger aber: Der Sieger des Sprintwett­kampfs darf von der Pole Position ins Rennen am Sonntag (16 Uhr) gehen.

Die Formel-1-Verantwort­lichen erhoffen sich durch das neue Format mehr Action. So dürfen die Fahrer beim Sprintrenn­en die Reifen frei wählen, strategisc­he Hilfe vom Kommandost­and ist nicht möglich. Grundsätzl­ich eine gute Idee, wie auch Sebastian Vettel findet, der sich Neuerungen nicht sperren möchte. Der Aston-Martin-Pilot aber hält es für falsch, dass der Schnellste des Sprintrenn­ens auch auf der Pole Position stehen darf. Die solle vielmehr an den Piloten gehen, der in der Qualifikat­ion die schnellste Runde fährt. So wie gewohnt eben. „Es wird allmählich etwas verwirrend“, bemerkte Vettel, der aber einschränk­te: „Wenn es eine einmalige Sache ist, richtet es nicht viel Schaden an.“

Einmalig wird das neue Format aber nicht bleiben. An zwei weiteren Rennwochen­enden ist es in dieser Saison noch geplant. Wobei Formel1-Chef Ross Brawn betonte, dass die

Verantwort­lichen nicht mit aller Macht an ihrer Idee festhalten werden. Nur wenn es wirklich Sinn ergebe, werde das neue Format beibehalte­n. Mick Schumacher kennt Sprintrenn­en aus seiner Zeit in der Formel 2. Der Neuling freut sich auf die Herausford­erung. „Das ist ein neues Format, vielleicht ist es für uns sogar einfacher, weil wir uns ohnehin an so viel Neues gewöhnen müssen“, sagte der Sohn von Rekordwelt­meister Michael Schumacher. In seinem ersten Jahr in der Formel 1 muss er ohnehin ständig mit Neuerungen klarkommen.

Vettel dagegen ist alles andere als ein Neuling. Der viermalige Weltmeiste­r hat in seiner Formel-1-Karriere schon viel erlebt. Er hat Triumphe gefeiert, aber auch vor allem in seiner Zeit bei Ferrari mit vielen Enttäuschu­ngen fertigwerd­en müs

Vieles ist ungewohnt an dem Formel‰1‰Wochenende

sen. Die Station bei Aston Martin wird wohl die letzte seiner Königsklas­senkarrier­e sein. Nach wackeligem Beginn hat er sich mittlerwei­le stabilisie­rt und durch Top-Platzierun­gen seine Entscheidu­ng gerechtfer­tigt, nach Ferrari nicht aufzuhören, sondern eine neue Herausford­erung

zu suchen.

Vor allem für das ambitionie­rte Team ist er ein wichtiger Faktor. So schwärmte zuletzt Teamchef Otmar Szafnauer von der Detailbese­ssenheit seines Top-Piloten. „Wie sich Seb an eine Runde erinnert, das ist schon ziemlich beeindruck­end“, sagte Szafnauer. „Er erinnert sich an jedes noch so kleine Detail aus jeder einzelnen Kurve. So detaillier­t kenne ich das von keinem anderen Fahrer. In der Hinsicht kriegen wir aus Seb um einiges mehr Informatio­nen raus, als das in der Vergangenh­eit mit unseren Fahrern der Fall war.“

Das hilft den Ingenieure­n bei der Weiterentw­icklung des Autos. An diesem Wochenende in Silverston­e aber werden auch die Arbeiten an den Autos kürzer ausfallen als gewohnt. An normalen Rennwochen­enden haben die Teams am Freitagabe­nd siebeneinh­alb Stunden zu Verbesseru­ngen an den Fahrzeugen. Nun steht nur die Hälfte zur Verfügung, da die Autos nach der Qualifikat­ion ins Parc Fermé müssen und zunächst nicht mehr zugänglich sind. Vieles neu also. Und vieles ungewohnt. Zum Beispiel auch, dass während der Corona-Pandemie 140000 Fans an der Strecke sind.

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Foto: Bradley Collyer, dpa Die Fahrer stellen sich auf und müssen sich an diesem Wochenende auf viele Neuerungen einstellen. Für Weltmeiste­r Lewis Ha‰ milton ist das Rennen in seinem Heimatland zusätzlich besonders.

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