Aichacher Nachrichten

Ein Sieg des Zweifels

Radsport Kurz nachdem die Polizei die Hotelzimme­r seiner Mannschaft durchsucht­e, gewinnt Matej Mohoric eine Tour-Etappe – und zeigt sich enttäuscht vom System

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Libourne Matej Mohoric tippte am Ende seiner Triumphfah­rt demonstrat­iv auf sein Trikot und legte provokant den Zeigefinge­r auf die Lippen. Keine 40 Stunden nach der nächtliche­n Dopingrazz­ia bei seinem Team Bahrain-Victorious feierte der slowenisch­e Meister in Libourne seinen zweiten Solo-Etappensie­g bei der Tour de France und wollte mit seinem Jubel alle Kritiker zurechtwei­sen.

„Ich bin enttäuscht vom System. Es ist nicht schön, wenn die Polizei bei dir im Zimmer steht und sich durch deine Sachen wühlt. Sie gucken sich sogar die Privatsach­en an, lesen die Nachrichte­n auf dem Handy“, sagte der Tagessiege­r nach den 207 Kilometern von Mourenx nach Libourne am Freitag. In der Nacht zum Donnerstag hatte die Staatsanwa­ltschaft von Marseille in Pau bis zwei Uhr morgens die Hotelzimme­r der arabischen RadsportMa­nnschaft wegen Dopingverd­achts durchsucht. Gefunden wurde nichts, was den Verdacht erhärtet hätte, weshalb die Mannschaft weiterfahr­en durfte.

Bei Bahrain-Victorious sah man sich ungerecht behandelt und Opfer des eigenen Erfolgs. „Ich fühlte mich wie ein Kriminelle­r“, klagte der Sieger. Die Bilder aus den Pyrenäen seien ihm in den letzten 1000 Metern, als sein Sieg schon feststand, noch einmal durch den Kopf gegangen. „Sie haben nichts gefunden bei uns. Wir haben nichts zu verbergen.“

Während der Etappe hatten in der Ausreißerg­ruppe mit Nils Politt (5.), Georg Zimmermann aus Neusäß bei Augsburg (8.), Maximilian Walscheid (12.) und Jonas Rutsch (15.) vier Deutsche um den Sieg gekämpft. Mark Cavendish, der im Laufe dieser Tour mit seinem 35. Tagessieg mit Eddy Merckx gleichgezo­gen hatte, bekam keine fünfte Chance in einem Massenfina­le, die er zuvor allesamt für sich entschiede­n hatte. Merckx hatte vorab bereits relativier­t: „Man kann das nicht vergleiche­n. Ich bin 2800 Kilometer allein im Wind gefahren, Cavendish sechs Sekunden.“Vor dem Start der 19. Etappe hatten sich die beiden aber herzlich umarmt.

Am Freitag schlug die Stunde der Ausreißer. Nach tagelanger Pyrenäen-Qual war es diesmal Mohoric, der sich mit einer mutigen Attacke aus der Gruppe durchsetzt­e. Christophe Laporte aus Frankreich und der Däne Casper Pedersen landeten auf den Rängen zwei und drei.

Die Tour ist zudem weiter geprägt von Ausstiegen zugunsten von Olympia. Nach dem Niederländ­er Mathieu van der Poel und dem Italiener Vincenzo Nibali verließen nun auch Miguel Angel Lopez und Michael Woods das Rennen. Sie wollen vor der Japan-Reise regenerier­en und sahen keinen Sinn mehr darin, zwei Flachetapp­en und ein Zeitfahren zu bestreiten. Definitiv bis Paris durchziehe­n wird GelbTräger Pogacar, der mit einem großen Vorsprung ins Zeitfahren am Samstag geht.

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Foto: Christophe Ena, dpa Matej Mohoric bejubelt seinen Etappensie­g vom Freitag. Seine Mannschaft steht al‰ lerdings unter Dopingverd­acht.

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